Der letzte Grieche
und Manolis Florinos waren die Trauzeugen. Wie vereinbart gab es ein Mittagessen im Stadthotel, wo der Doktor ein Zimmer für die frisch Vermählten reserviert hatte. Das Gespräch kreiste um das Problem, der Braut den Trauring über den von der Schwangerschaft geschwollenen Finger zu streifen. Das Paar wurde erst gegen halb acht mit dem Bus in Tollarp zurückerwartet, wo nach dem Reglement, das für Flusskrebsessen in Frau Granqvists Garten galt, gefeiert werden sollte.
Sechs Stunden nach dem Mittagessen schrie Theo, der an der Bushaltestelle Ausschau gehalten hatte: »Sie kommen!« und rauschte durchs Gartentor. Berit trug gerade eine Schüssel mit dampfenden Kartoffeln auf, Lily rückte die Papierservietten auf dem Tisch unter der Eiche gerade. Greta Granqvist saß mit einem Drink in der einen Hand und der anderen auf dem Kinderwagen, in dem das jüngste Kind der Familie Florinos schlief, in der Laube. Sie war beseelt vom Ernst der Stunde und dem Geld, das Jannis ihr aufgedrängt hatte. Und vom Alkohol. Die beschlagene Brille wies den Fingerabdruck eines Zweijährigen auf, und ihr schien nicht bewusst zu sein, dass an ihrer Bluse ein Knopf aufgegangen war, was jedem, der wollte, erlaubte, einen Blick auf die weiße Spitze ihres BHs zu erhaschen. Aus der Küche schallte Lachen. Dort versuchten Doris und Branka die Krebse zu bändigen, die Ingemar Nyberg auf den Fußboden gekippt hatte. Auf dem Herd kochte Wasser in riesigen Töpfen, die sie sich in der Fabrik geliehen hatten. Diverse Freunde und Angetraute – alle in sauberen Hemden und mit schmalen Gürteln – versuchten sich vergeblich nützlich zu machen. Als Nyberg auf die Küchentreppe trat, sich eine Zigarette ansteckte und sagte: »Jungs, wo ist der Schnaps?«, entspannten sie sich endlich. Er nickte zu dem Tisch unter den Bäumen hin. Hinter Blumen und Flaschen saßen Sture und Märit Thunell, letztere in einem chemisch gereinigten Kleid, und trauten ihren Augen nicht. Jemand hatte bunte Glühbirnen aufgehängt, die spastisch blinkten. Jemand anderes – möglicherweise ein Gastarbeiter – hatte Lametta in die Zweige gehängt. »Das geht zu weit«, meinte Märit und versuchte das Lametta herunterzuholen. Balslövs Elektriker knuffte Tollarps Metzger den Ellbogen in die Seite. Beide grinsten.
Zwei Minuten später hielt Anton das Tor auf, damit das Brautpaar eintreten konnte. Jannis trug den dunkelblauen Anzug, in dem er den Volkspark besucht hatte, während Agneta diesmal festlichere Kleidung gewählt hatte. Von der Rede, die Doktor Florinos kurz darauf hielt – neben Märit Thunell stehend, die ihre körnige Mascara fortzwinkerte –, sollte unserem Helden in späteren Jahren nichts in Erinnerung bleiben. Und von dem restlichen Tag nur:
(1) was Agneta, auf dem Hotelbett liegend, die Hände unter den Bauch gelegt, mit den Augen nach seinen Augen tastend, zu ihm gesagt hatte. »Sieh mich an. Versprichst du mir, dass ein Kind nicht eins zu viel sein wird?«;
(2) das schöne Keramikgefäß aus Piräus, das die Familie Florinos dem Paar zur Hochzeit schenkte;
(3) die leeren Plätze, auf denen Kostas und Efi hätten sitzen sollen;
(4) wie seine Ehefrau verzweifelt nach dem Ohrring suchte, den sie hatte ins Gras fallen lassen und nie wiederfinden würde (ein schnell verlorenes Geschenk der Freunde in Bromölla);
(5) wie Berit aus vollem Hals sang, während sie zur Musik des Plattenspielers auf der Fensterbank tanzte (»Trommelommeln! Trommelommeln!«);
(6) die beiden Küsse, die Märit ihm gab, als er sich verabschiedete und sie ihn zunächst anstarrte, ihm dann aber lachend in die Wange kniff und seinen Gruß erwiderte; sowie
(7) Sture Thunell, der kurz bevor er ging, den Arm um den Bräutigam legte. »Du kannst auch meine Perle haben. Sie wird dich was kosten, aber du kannst sie haben.« Als er das verblüffte Gesicht seines Schwiegersohnes sah, ergänzte er: »Nein, verdammt. Ich meine den Saab.«
Die Hochzeitsfeier gestaltete sich nicht, wie Jannis sie sich vorgestellt hatte. Als er endlich im Bett lag, versuchte er zu hören, ob seine Frau schlief. Vielleicht stimmte es, dass kein Mensch darunter litt, nicht alles und jedes zu wissen. Möglicherweise wurde man nur durch gesundes Unwissen glücklich. Er war nicht der Richtige, das zu beurteilen. Für den Fall, dass es stimmte, hatte er nicht die Absicht, seine Frau zu wecken und ihr mitzuteilen, dass dieser Augustsamstag für seinen Geschmack doch ein bisschen viel Freitag enthalten hatte. So
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