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Der letzte Grieche

Der letzte Grieche

Titel: Der letzte Grieche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aris Fioretos
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nachdenklichen Lächeln zu, dass es nicht geheuchelt sein konnte. Erst Stunden später machte er verlegen Anstalten zu bezahlen. Wenn er sich nicht beeile, werde er den Bus verpassen. Als sie sich trennten, versprach Eleni ihm, sich um das Schreiben zu kümmern. »Das ist das mindeste, was ich tun kann, nachdem sie sich meinen Wasserfall angehört haben.«
    Einige Wochen verstrichen, einige weitere gingen ins Land. Aber trotz eines imaginären Besens wollte es ihr einfach nicht gelingen, den Mann aus ihrem Gehirn zu fegen. Seltsamerweise hatte sie das Gefühl, zwei leere Räume müssten einander füllen können. Schließlich nahm sie all ihren Mut zusammen, lächelte heiter verzweifelt über ihr Vorhaben und erklärte ihrem Spiegelbild: »Irgendwann muss Schluss sein.«
    Mittlerweile waren zwei Monate seit dem Besuch des Briefträgers vergangen. Eleni verstaute das unzustellbare Schreiben in ihrer Handtasche, schützte Kopfschmerzen vor und verließ das Büro. Doch statt heimzukehren, löste sie eine Busfahrkarte und fuhr nach Neochóri. Am Vortag hatte sie einen alten Rock kürzer gemacht. Sie wollte sich einreden, dass dies notwendig gewesen wäre, gestand sich auf der Fahrt jedoch den wahren Grund ein. Kurz bevor der Bus in das Dorf bog, suchte sie einen Lippenstift heraus, den sie seit fünf Jahren nicht mehr benutzt hatte. Sie spürte die trockenen Körnchen auf den Lippen und versuchte sie weg zu spucken, ohne dass die Zähne sich rot verfärbten. Nach einem Glas Wein in einer Taverne schob sie die Pforte zum Postamt auf. Sie hörte die Tür nicht mehr hinter sich zuschlagen, denn am Schalter stand Kezdoglou.
    Wenn Eleni später von ihren Enkelkindern gefragt wurde, was sie veranlasst hatte, die Enzyklopädie zu beginnen, antwortete sie stets mit einer abwehrenden Gebärde. Auch wenn sie zufällig die Autorin des ersten Bands war, bildete eine gemeinsame Leidenschaft die Grundlage des Werks. Mit einem Blick auf den Briefträger, der gerade das Sonntagsessen verteilte, ergänzte sie, wenn überhaupt jemand Anspruch auf die ursprüngliche Idee erheben könne, so sei dies eine Person, die anonym bleiben müsse. »Lasst sie mich Clio nennen. Das ist nur ein Name, aber so ist es am besten. Meine Freundinnen und ich betrachten uns nur als ihre Gehilfinnen.« Konstantinos fühlte sich bei dem Thema sichtlich unwohl und versuchte jedesmal abzulenken, sobald es zur Sprache kam – was im Laufe der Zeit immer seltener der Fall war.
    Mit seinem Unwohlsein verhielt es sich so. An jenem Abend, an dem Eleni im Dorf eintraf – ein Engel in einem schiefen Rock –, verkündete der Mann, dessen Leere sie als ihre eigene erkannt hatte, er wolle ein Geständnis ablegen. Es treffe zu, dass er versucht habe, den Brief abzuliefern, aber er habe darüber hinaus noch etwas anderes getan. Wenn es ihr ernst damit sei, den Adressaten zu finden, müsse er ihr erzählen, was er getan habe. Unübersehbar beschämt erklärte er, während der vierzig Tage nach dem Tod seiner Frau alles getan zu haben, was die Kirche verlangen könne. Eleni dürfe nichts anderes glauben. Allerdings habe er einen Fehler begangen, bevor seine Frau verstorben sei. In finsteren Momenten glaube er sogar, sie sei deshalb von ihm gegangen. Wenn er nicht bei seiner Frau wachte, musste er ihre Bettwäsche mit Lauge und Bimsstein schrubben, wenn er nicht seine Kinder betreute, kümmerte er sich um Heim und Herd. Dazwischen trug er die Post aus. Als er mit seiner alten Posttasche auf dem Rücken zum zweiten Mal nach Áno Potamiá hinaufgewandert war, hatte er jedoch seinen Fehler begangen. In einer Schlucht stand ein umgebauter Scania-Vabis, der ausschließlich von den Männern der Gegend besucht wurde, wenn Eleni verstand, was er meinte. Eleni verstand, was er meinte. Seltsam war nur, dass man behauptete, dort wohne die Adressatin des Briefes. Was jedoch nicht stimmte. Die Frau, mit der er sprach, beteuerte im Gegenteil, bereits beim ersten Mal die Wahrheit gesagt zu haben: In dem Bus gebe es niemanden dieses Namens. Dann hatte sie die Arme unter ihrem nylonbekleideten Busen verschränkt und den Briefträger mit sanften, aber bodenlosen Augen betrachtet. Wollte er ihr vielleicht sonst noch etwas zeigen? Kezdoglou drehte seine Tasche auf den Kopf und schüttelte. »Nein.« »Tss … Ich meinte etwas anderes. Ich weiß schon, was du mir zeigen willst.« Die Frau hatte die Hand ausgestreckt. Er, der jetzt sein ganzes Leben seiner kranken Frau widmete, fühlte sich

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