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Der letzte Karpatenwolf

Der letzte Karpatenwolf

Titel: Der letzte Karpatenwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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– mit Mädchen. Vor allem die letzte Ware brachte ihm Einlaß in manches Offizierskasino und manche guteingerichtete Zahlmeisterbehausung. Dort lernte er dann auch die paar deutschen Sprachbrocken, die er jetzt verzweifelt zusammensuchte.
    Er dachte an den dicken Zahlmeister bei Ploesti. Was hatte er gesagt? Damals kam die kleine, schwarzhaarige und dralle Katinka mit, und der Zahlmeister legte dem Mormeth 100 Lei auf den Tisch. »Komm her, Puppe«, hatte er dann zu der sich in den Hüften drehenden Katinka gesagt.
    Mormeth fuhr zu Kleinhans herum.
    »Wo ist Puppe?!« schrie er.
    »Im Puppenwagen«, sagte Kleinhans.
    »Wo?!«
    Haindl machte die Bewegung des Puppenwagenschiebens.
    »Eia popeia«, sagte er dabei.
    Mormeth und der Unteroffizier wandten sich ab.
    »Seien wir still davon«, flüsterte der Unteroffizier. »Wenn nichts weiter geschieht, wird's keiner merken. Vielleicht sind sie geflüchtet … dann sind sie in einem anderen Bezirk. Gott sei Dank, daß die anderen sich dann mit ihnen herumärgern müssen. Für uns ist's genug, daß wir die drei da haben. Gehen wir.«
    Nun marschierten sie also in das Dorf Tanescu ein.
    Vorweg Mormeth, der Sieger. Dann zehn Milizsoldaten, martialisch aussehend mit ihren um den Hals gehängten Maschinenpistolen. Dann kamen die drei Deutschen, flankiert von dem Unteroffizier. Sie rauchten und waren guter Laune. Den Schluß bildete die ganze Streitmacht der Streife. Es war ein Stiefelknirschen im Schnee, wie lange nicht in Tanescu.
    Auch der Arzt Georghe Brinse stand vor seinem Haus und sah zu dem Zug hinüber. Er erkannte die drei Soldaten sofort wieder. Das waren sie, dachte er. Nun ist ihr Herumirren zu Ende. Sie werden nach dem Krieg entlassen werden. Warum sind sie eigentlich wie die Wölfe herumgestreunt? Was ist das für eine merkwürdige Kraft … dieser Drang nach Freiheit und der Heimat? Leben kann man doch überall! Überall ist Luft zum Atmen … überall ist die Sonne, die bräunt und belebt.
    Das dachte der alte Mann, dessen Sehnsucht immer die Ferne gewesen war und der nie über Bacau und die Ölfelder von Ploesti hinausgekommen war. Doch – ein einziges Mal –, in das Hochland von Siebenbürgen. Aber das war nicht genug, um zu sagen: Ich kenne die Welt. Und das wollte er einmal sagen.
    Aber wo ist der Junge mit den offenen Füßen, dachte er und suchte in dem Milizzug nach Michael Peters. Er sah so jung aus, so unfertig, so schrecklich kindlich, daß die Uniform gar nicht zu seinen traurigen Kinderaugen paßte. Ob er gestorben war? An einer Blutvergiftung? An einer Tetanie? Am Wundbrand? Oder ob sie ihn einfach liegen ließen, als er nicht mehr mit ihnen weiterziehen konnte. Der Krieg vernichtet nicht nur das Leben, er versteinert auch die überlebenden Herzen.
    Auch Sonja erinnerte sich an den jungen deutschen Soldaten. Damals lag er im Gras, und der Doktor verband ihn. Nur flüchtig hatte sie ihn gesehen … sie wußte nur, daß er ein weiches Gesicht hatte, so weich, daß man darüberstreicheln mochte und sich nicht wundern würde, daß es wie Samt war.
    Sie hatte den Eimer auf den Brunnenrand gelegt und die nassen Hände in die Taschen der Pelzjacke gesteckt. Mormeth grüßte im Vorbeimarschieren zu ihr herüber … da warf sie die langen, schwarzen Haare in den Nacken, so wie ein junges Pferd die Mähne schüttelt, und sah von dem Zigeuner weg auf die drei deutschen Soldaten.
    Da – der hatte sie um die Hüften gefaßt … und der da, der hatte sie auf die Stirn geküßt … wie verhungert waren sie damals, wie durstig, wie verwildert …
    Am Fenster stand auch der alte Mihai Patrascu. Anna, seine Frau, stand hinter ihm und knetete an der Schürze herum.
    »Hoffentlich sagen sie nicht, daß Sonja ihnen zu essen und zu trinken brachte«, flüsterte sie Mihai in den Nacken. Der Alte schüttelte die Stimme ab, als seien es kalte Wassertropfen.
    »Es ist nicht wahr!« sagte Patrascu rauh. »Sonja war um diese Zeit gar nicht im Dorf.«
    »Und Georghe Brinse …«
    »Kümmere dich um die Suppe!« rief Mihai grob. »Überlaß das den Männern! Wenn du nur still bist –«
    Mit dem Aufmarsch der Miliz zog auch für einige Stunden die Angst durch Tanescu. Die Bauern, die Vera Mocanu jede zweite Nacht den Sack füllten, standen vor den Häusern, hatten die Hände über dem Bauch gefaltet und beteten im Inneren inbrünstig. Maria, Mutter Christi – laß sie schweigen. Laß alles gutgehen … wir haben eine Zeit, in der Menschlichkeit mit Unmenschlichkeit bestraft

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