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Der letzte Karpatenwolf

Der letzte Karpatenwolf

Titel: Der letzte Karpatenwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Zigeuner sangen?
    »Ich habe eine Spionin laufenlassen«, sagte Mormeth langsam. »Sie war hier im Dorf und holte in einem großen Sack Verpflegung für deutsche Soldaten oder Partisanen der ›Grünhemden‹. Ich habe sie laufenlassen … und nun stößt man mich aus! Auch ihr habt der Partisanin zu essen gegeben, nicht wahr?«
    »Nein!« Der alte Patrascu dachte plötzlich wieder an die Soldaten, die Sonja gesehen hatte. »Hier war niemand. Wir sind gute Kommunisten. Das weiß man!«
    »Gut, gut, man weiß es, Genosse. Gewiß.« Mormeth sah zu Sonja hinüber. Sie hatte aus der sauren Milch einen Topf vollgeschöpft, ein Stück Brot abgebrochen und kam jetzt auf ihn zu. »Man sucht eben überall, nicht wahr, Genosse?« Er nahm den Milchtopf und die Milch, sah Sonja aus seinen glühenden schwarzen Augen dankbar und flammend an und biß dann in das Brot. Er hatte Hunger, brennenden Hunger. »Jetzt muß ich mich rehabilitieren«, sagte Mormeth kauend. »Ich muß die Spur wiederfinden … sonst geht es mir schlecht in Bacau.«
    »Was werden sie mit dir tun?« fragte Sonja.
    »Sie werden mich einsperren, in eine dunkle Zelle. Oder sie werden mich in einen Steinbruch stecken.«
    »Dann lernst du wenigstens arbeiten!« Der alte Patrascu erhob sich schwer. »Du hast getrunken, du hast ein Stück Brot. Was willst du noch hier?«
    Mormeth trank schnell die saure Milch aus. Er sah noch einmal Sonja an und verbeugte sich tief. »Danke – kleiner Falke«, sagte er in singendem Tonfall. Es klang schön, aber Anna Patrascu verstimmte den Klang, indem sie mißbilligend dazwischen brummte.
    Dann ging Mormeth. Draußen war es schon dunkel geworden. Von den Bergen kam die Kälte ins Tal und ins Dorf. Der Schnee knirschte unter den Stiefeln. Der Himmel war grau und schwer von neuem Schnee. Er hing wie ein Sack über den hohen Wäldern.
    Langsam ging Mormeth die Straße hinab. Er hatte Angst vor dem Kapitän in Bacau. Er kannte kein Mitleid, das wußte er. Er kam aus Moskau, von der Parteischule. Es war ein schweres Los, Zigeuner und Kommunist zu sein.
    In der Hütte der Patrascus humpelte Anna zum Tisch zurück. »Warum hast du dem Braunen zu trinken und zu essen gegeben?« fragte sie mißbilligend. »Er ist keiner von uns.«
    »Er hatte so traurige Augen«, sagte Sonja leise. »So traurige wie der deutsche Soldat.«
    »Du wirst an deiner Güte noch zugrunde gehen«, brummte Anna Patrascu und setzte sich neben Mihai. »Es sind harte Zeiten, in denen es gefährlich ist, weich zu sein.«
    Vom Glück gestreift wurde in dieser Nacht Stepan Mormeth.
    Er stand außerhalb des Dorfes Tanescu und suchte Worte zusammen, mit denen er sich vor dem Kapitän in Bacau verteidigen wollte, als er einen Schatten aus dem Dorf weghuschen sah. Ein Schatten, der durch den Schnee glitt, den Bergen und Wäldern zu.
    Durch Mormeth zog es wie eine heiße Welle, die sein Herz zum Kochen brachte. Er tastete nach seinem Revolver … aber dann schoß er doch nicht, sondern folgte als Schatten dem Schatten … er tappte in den Fußspuren … in einem weiten Abstand, aber nahe genug, um die Umrisse der Gestalt vor sich herschwanken zu sehen. Eine Gestalt mit einem Sack auf dem Rücken!
    Zwei Stunden lang verfolgte Mormeth den Schatten. Dann stand er vor der Schlucht, in der sich auf halber Höhe die Höhle der deutschen Soldaten befand. Er sah schwachen Feuerschein, duckte sich hinter einen Stamm und beobachtete, wie der Schatten den Hang hinaufkletterte und plötzlich da, wo der schwache Feuerschein den Schnee rötete, verschwand.
    Stepan Mormeth wußte genug. Er sprang zurück und rannte, jagte, hetzte nach Tanescu zurück. Er fiel fast in die Wachstube hinein, wo der Unteroffizier und die anderen Milizsoldaten trübsinnig Karten spielten.
    »Ich habe sie!« schrie Mormeth atemlos und fiel auf einen Stuhl. »Ich habe sie entdeckt! Ganz nahe bei uns! In einer Höhle. Ich war vor dieser Höhle!«
    »Genosse!« Der Unteroffizier warf die Karten hin, daß sie auseinanderspritzten und über den Boden flatterten. »Ist das wahr? Oder willst du uns verkaufen, du Hund?!«
    »Bei der Ehre meiner Mutter!« schrie Mormeth. »Ich habe sie entdeckt!«
    »Genosse!« Der Unteroffizier legte die Hand auf Mormeths vom Lauf bebende Schulter. »Wenn's wahr ist, bist du wieder unser Kamerad! Ist's nicht wahr – zernagen dich morgen die Wölfe! So wahr ich Wassili Stanciu heiße! – So, und jetzt rufe ich Bacau an, daß sie uns Verstärkung schicken. Morgen räumen wir sie aus,

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