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Der letzte Karpatenwolf

Der letzte Karpatenwolf

Titel: Der letzte Karpatenwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hart. »Ich liebe ihn nicht. Aber er hat mir das Leben gerettet.«
    »Und was soll er hier bei uns? Dankbarkeit hört da auf, wo sie eine Gefahr wird!«
    »Laß ihn bei euch den Winter abwarten. Im nächsten Frühling wird er dann weiterziehen. Vielleicht ist der Krieg dann vorbei – dann sieht er sein Deutschland wieder.«
    »Und wenn der Krieg andauert? Für uns dauert er an!«
    »Laß ihn auf den Frühling warten … Ich bitte dich …«
    Wortlos wandte sich Tripadus ab und ging zu seinen Offizieren. Er war plötzlich in einem Zwiespalt zwischen der Pflicht und dem Widerstreben, Vera eine Bitte abschlagen zu müssen.
    »Sorg dafür, daß sie zu essen und einen warmen Platz bekommen«, sagte er zu einem der jungen Offiziere. »Wir werden demnächst darüber entscheiden, was wir mit ihnen machen können. Schließlich kämpfen wir ja für die Menschlichkeit.«
    Die Offiziere nickten und schwiegen. Aber sie sahen Major Neculae Tripadus an, als verständen sie ihn nicht mehr.
    Vier Tage nach der Aufnahme in das Lager der ›Legionäre‹ beschlossen die Offiziere, Michael Peters als Lockvogel gegen die Sowjets einzusetzen.
    Sie besprachen es an einem Abend, als Michael außerhalb des Feuers stand und seine Umgebung beobachtete. Ihm kamen diese wilden Männer unheimlich vor. Er witterte Ungutes, wo er auch hinsah oder hinkam. Überall war man hilfsbereit und freundlich … aber es war eine Hilfe und eine Freundlichkeit, die von einer spürbaren Kälte begleitet waren. Es war ein befohlenes Wohlwollen.
    Vera Mocanu saß am Lagerfeuer. Ein junger Offizier harte den Arm um ihre Schulter gelegt und erzählte Witze aus seiner bessarabischen Heimat. Sie waren derb und deftig, und die anderen Legionäre lachten schallend, bis Tripadus aus seiner holzverkleideten Höhle kam und den Offizier wegschickte.
    Durch die hintere Schlucht kamen einige Grünhemden von der Jagd zurück. Sie hatten einen jungen Bären erlegt … auf einem Stamm trugen sie ihn zum Lager hinein. Der Bär hing, an den Läufen zusammengebunden, an der Stange, die zwei große, kräftige Männer trugen. Sein dicker Kopf an dem kurzen Hals pendelte bei jedem Schritt hin und her. Es sah aus, als lebte er noch. Michaels Blicke wechselten von Vera zu dem toten Bären hinüber.
    Welche Männer, dachte er. In solchen Hirnen spukt die Freiheit Rumäniens. Sie jagen Bären und träumen von einem neuen großen Reich … und draußen, nur wenige hundert Meter weiter, verändert sich die Welt.
    Und sie sehen es nicht … sie sitzen um ein Feuer und glauben, daß sie bald in den weißen Regierungspalast von Bukarest einziehen werden.
    Michael sah auf den Bären. Die Männer hatten ihn seitlich des Feuers niedergelegt. Die Köche der Truppe begutachteten ihn. Er hörte ihre Stimmen. Sicherlich stritten sie sich, was man braten konnte. Michael mochte kein Bärenfleisch. Er hatte es einmal gegessen, und es hatte ihm bitter und zu wild geschmeckt.
    Er zuckte zusammen, als jemand seine Schulter berührte. Vera Mocanu stand hinter ihm; ihre Augen waren traurig und ängstlich zugleich.
    »Komm mit!« sagte sie leise. »Komm schnell mit!«
    »Wohin?«
    »Frage nicht. Komm! Ich gehe voraus … folge mir!«
    Sie wandte sich ab und ging aus dem Lichtkreis des Feuers hinaus in die Felsen. Michael folgte ihr. Erst als er das Feuer nicht mehr sah, lief er schneller. An einem Felsvorsprung sah er Vera stehen. Sie faßte ihn an der Hand und zog ihn zu sich heran. Eng an das gefrorene Felsgestein gepreßt, standen sie nebeneinander.
    »Kannst du laufen?« fragte sie mit fliegendem Atem.
    »Laufen? Der Sanitäter hat mich verbunden. Es geht besser als vorher.«
    »Dann wirst du heute nacht weggehen, Michael …«
    »Weg? Wohin?« Er ahnte die Gefahr, die auf ihn zukam, und er sah, daß Vera sie wußte und kannte.
    »Irgendwohin. Nur weg aus dem Lager! Ich erzähle es dir später … Ich habe etwas gehört, was Tripadus befohlen hat. Du darfst nicht mehr länger bleiben … Einmal hast du mein Leben gerettet … jetzt« – sie schluckte und sprach es dann tapfer aus –, »jetzt rette ich deines. Damit ist unsere Rechnung klar.«
    »Und du?«
    »Ich bleibe.«
    »Wegen Tripadus? Wirklich seinetwegen?«
    Vera Mocanu schwieg. Dieses Schweigen war eine klare Antwort.
    Die Nacht war länger als sonstige Nächte. Sie dehnte sich endlos, und die Minuten flossen zäh wie dicker Sirup.
    Michael Peters lag in einer dicken Decke außerhalb der Schlafhöhlen und Blockhütten im Wärmeschatten des

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