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Der letzte Karpatenwolf

Der letzte Karpatenwolf

Titel: Der letzte Karpatenwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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etwas in der Stolowaja, aber nur alte Weiblein und Greise hörten ihr zu, und rotznasige Kinder, die grinsten und lachten, wenn die Schalmeien lärmten … es war eine große Pleite, der erste kommunistische Dorfkongreß, wie Genosse Lupescu die Versammlung hochtrabend genannt hatte.
    Aber die Soldaten kamen.
    Eine ganze Kompanie, erdbraune Infanterie, schwer bewaffnet, durstig wie Kamele nach einem Wüstenzug und hungrig auf Weiber wie überwinternde Landstreicher.
    Sie zogen in Tanescu ein, im Gleichschritt, singend, den Kopf geradeaus, aber aus den Augenwinkeln auf die Mädchen schielend, die in den Gärten standen oder am Brunnen Wasser schöpften.
    Stepan Mormeth ahnte, was da ins Dorf kam. Mit verkniffenem Mund sah er den ›Roten Brüdern‹ entgegen.
    »Wenn das gut geht«, sagte er zu seinem Feldwebel. »Wie sie die Mädchen ansehen!«
    »Brüderlich«, meinte der Feldwebel sarkastisch.
    »Ich werde mich um das Haus der Patrascus kümmern.« Mormeth schnallte sein Koppel um und nahm seine Maschinenpistole vom Wandhaken. »Wenn ein Russe Sonja angreift, gibt es keine Brüder mehr!«
    »Mach keinen Unsinn, Stepan!« Der Feldwebel sah der Kompanie zu, wie sie vor der Stolowaja aufmarschierte und zackig hielt. Der junge Leutnant, der sie befehligte, trug drei Orden auf der Brust. Er schrie mit heller Stimme seine Kommandos. »Ein scharfer Hund!« stellte der Feldwebel fest. »Und gut sieht er aus!«
    »Auch ihn bringe ich um, wenn er Sonja nimmt!« Mormeth atmete erregt. »Genosse – weise mich bei den Patrascus ein!«
    »Du bist verrückt, Zigeuner!«
    »Ich werde verrückt, wenn sie ohne Schutz ist. Ich muß bei ihr sein! Ich … ich …« Mormeths Kopf war hochrot. Seine schwarzen Augen funkelten wild. Der Feldwebel wich einen Schritt zurück. »Ich schlafe wie ein Hund vor der Tür, wenn du mir keinen Quartierschein gibst! Ich desertiere. Was das für dich als Kommandanten bedeutet, weißt du!«
    »O diese Weiber!« Der Feldwebel griff sich an den Kopf. »Geh zu den Patrascus, du Idiot! Sie werden dich hinauswerfen! Warum hat man dich bloß nicht in die Steinbrüche gejagt?!«
    Die russische Kompanie war weggetreten. In der Stolowaja hatte man Feldbetten aufgestellt. Die ›Kaserne‹, ein Stallgebäude des geflüchteten Großgrundbesitzers Stefan Cerna, war noch nicht fertig. Maler pinselten noch Sprüche an die Wände.
    Die kommende Nacht war es still. Der junge Leutnant hatte ein Ausgehverbot erlassen. Dafür klang der Gesang der Sowjets aus der Stolowaja über die Dorfstraße. Es waren schwermütige oder wilde Lieder. Ein Bauer, der an der Tür geschnuppert hatte, wußte zu berichten:
    »Die saufen Wodka, Brüderchen. Ganze Flaschen Wodka! Im Saal riecht es wie in einer Brennerei.«
    Es gibt kein Entrinnen, dachte Michael.
    Er hockte am kleinen Fensterschlitz und sah hinaus auf die Felder. Auf einem freien Platz zwischen Dorf und Felder exerzierte die russische Kompanie. Es war wie bei der deutschen Wehrmacht … in Gruppen hüpften die erdbraunen Gestalten herum, krochen über den Boden, gingen in straffer Haltung, übten Gewehrgriffe, rannten von einem Ende des Platzes zum anderen oder marschierten und schwenkten rund um den Platz. Zu allem brüllten die Gruppenführer, sich gegenseitig überschreiend.
    Grundausbildung nennt man das, dachte Michael. Die habe ich in Emmerich gehabt, am schönen Rhein. Er schüttelte den Gedanken an die Vergangenheit ab.
    Russen im Dorf! Sonja hatte sie sofort gemeldet, atemlos, verzweifelt. Dann hatten sie sich geküßt, als hieße es schon, Abschied zu nehmen. In der ersten Nacht hatte sie dann wieder bei ihm geschlafen, aus Angst, die Russen könnten die Häuser nach Frauen durchsuchen. Zitternd, nach unten lauschend, lag sie in seinen Armen, eng an ihn gepreßt.
    Sie hörten aus dem großen Raum Stimmengewirr. Aber niemand durchsuchte das Haus. Sie hörte die Eltern in die Schlafkammer gehen. Da erst wurde sie ruhig, küßte Michael noch einmal und schlief in seinen Armen ein.
    Auch Stepan Mormeth schlief.
    Er hatte seinen Plan wahr gemacht. Bei Einbruch der Dunkelheit war er bei den Patrascus erschienen. In der Hand trug er einen Rucksack mit allen seinen Sachen.
    »Was willst denn du?« fragte Mihai Patrascu, als Mormeth in das Zimmer gestampft kam. Er sah auf den Rucksack und ahnte nichts Gutes.
    »Mir ist Quartier bei dir angewiesen worden.«
    »Bei mir? Wer hat hier etwas einzuweisen?!«
    »Die Miliz des Königs von Rumänien«, sagte Mormeth stolz.
    »Der

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