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Der letzte Karpatenwolf

Der letzte Karpatenwolf

Titel: Der letzte Karpatenwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bei der Traktorenstation. Ich soll hier wohnen.«
    »Vater wird dagegen sein.«
    »Damit rechnen wir. Aber es ist ein Befehl.«
    »Dann bist du ein Kommunist?«
    »Tja …«, sagte Popa gedehnt. Es fiel ihm schwer, in die großen, schwarzen, forschenden Augen Sonjas hineinzulügen. Es war ihm, als zöge dieser Blick ihn seelisch aus, als entblöße er sein Herz, und sie könne alles lesen, was er verborgen vor allen Menschen in der Brust trug: die Rache an den Sowjets, die Rache an dem deutschen Soldaten, der Traum des freien Rumänien.
    »Man nennt es so … es ist modern … Man ist es eben …«
    Sonja zeigte auf einen Schemel neben der Tür. »Setz dich dorthin und warte. Sie müssen wohl gleich von dem Begräbnis zurückkommen.«
    Gehorsam setzte sich Popa auf den Schemel. Mit plötzlich klopfendem Herzen beobachtete er Sonja, wie sie kochte, das Gemüse für die Suppe zerschnitt und begann, Kartoffeln zu schälen.
    »Kann ich dir helfen?« fragte er.
    »Kochen ist Frauensache.«
    »Ich schäle dir die Kartoffeln.« Popa erhob sich von seinem Schemel und kam auf Sonja zu. »Ich schäle gern Kartoffeln. Bestimmt. Man kann dabei so schön und ruhig denken.«
    »Du denkst?« fragte Sonja erstaunt.
    »Du nicht?«
    »Ab und zu …«
    »Man sollte viel mehr denken«, sagte Popa und nahm das Messer aus Sonjas Fingern, holte eine Kartoffel aus dem Korb, der auf dem Tisch stand, und begann zu schälen. Er schälte sie rund, mit einer langen, ununterbrochenen Schale. Es war schön anzusehen, als bastele er aus der Kartoffel ein gelbweißes Kunstwerk. »Es wäre vielleicht manches anders auf der Welt, wenn man besser denken könnte.«
    »Du sprichst wie ein Lehrer.«
    Sonja lachte, Lehrer und Pope … das waren für sie die Inbegriffe des Wissens und der angewandten Klugheit. Wassile Popa lachte zurück.
    So traf sie Mihai Patrascu an, als er vom Begräbnis kam, das zusammengerollte Transparent, das er getragen, unter den Arm geklemmt. Er war wütend. Major Sumjow hatte zu ihm gesagt: »Genosse Patrascu … Sie tragen so schön die Spruchbänder, als hätten Sie darin eine Prüfung abgelegt. Ich werde Sie immer nehmen, wenn es gilt, Sprüche herumzutragen.«
    Das war mehr, als Mihai ertragen konnte. Aber er war klug genug, nicht zu platzen … er schluckte seine Wut hinunter und kam wie ein hungriger Bär in das Haus gestürzt.
    Der Anblick des kartoffelschälenden Popa neben seiner Sonja war der Funken, der ins Pulverfaß fällt. Er schleuderte das Transparent in die Ecke der Stube und brüllte.
    »Wer ist das?! Wer schält in meinem Haus Kartoffeln, ohne mich zu fragen?«
    Popa warf die Kartoffel, die er gerade in der Hand hielt, auf den Tisch und sprang auf. Ehe er etwas sagen konnte, antwortete schon Sonja, und sie sagte etwas, was Popa nicht widerrufen konnte, sosehr es ihn reute.
    »Es ist ein Kommunist von den Traktoren. Er hat das Zimmer von Mormeth bekommen!«
    »Ein Genosse!« Mihai schnaubte durch die Nase. Anna, die hinter ihm eintrat, ahnte nichts Gutes und zupfte ihn am Ärmel der Jacke. Mihai schüttelte sie ab wie eine Laus.
    »So einfach daher kommt er, der Junge!« schrie er. »Sagt: Hier schlafe ich! Und ich, ich habe nichts zu sagen, was? Ich bin ein Bett, in das sich jeder Landstreicher legen kann?!«
    »Ich bin Wassile Popa und kein Landstreicher!«
    »Wie du heißt, interessiert mich einen Dreck! Raus aus meinem Haus!«
    »Ich habe einen Befehl.«
    »Ach, den hast du auch?« Mihai starrte den jungen Bauernburschen an. Wenn er an den toten Zigeuner dachte und an die Dienste, die er den Patrascus den Russen gegenüber getan hatte, war es gar nicht übel, einen neuen, jungen und starken Mann im Hause zu haben. Zudem noch einen guten Kommunisten. Die Zeiten waren so, daß man ohne Aushängeschild nicht auskam.
    »Hier befehle ich!« sagte Mihai, um keine Blöße zu zeigen. »Du suchst dir eine neue Schlafstelle. Morgen noch. Für heute kannst du hier schlafen. Ich jage keinen auf die Straße. Man ist schließlich ein Christenmensch.« Er sah Popa mißtrauisch an. »Oder darf man das auch nicht mehr sagen, was?«
    »Bei mir kannst du alles sagen, Patrascu.« Popa schielte zu Sonja hinüber. Sie schüttete das Gemüse in das kochende Wasser und die Kartoffeln hinterher. Im gleichen Augenblick roch es kräftig nach Kohl im Raum. Es schien Mihai versöhnlicher zu machen.
    »Ich werde es mir überlegen«, brummte er. Dann ging er in die Ecke zu der Bank, setzte sich, stopfte seine Pfeife und beachtete Popa

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