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Der letzte Karpatenwolf

Der letzte Karpatenwolf

Titel: Der letzte Karpatenwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ist dieser Popa?
    »Ja!« sagte er fest. »Ich war mit Vera bei Tripadus …«
    »O Gott! O mein Gott! Ich danke dir!« sagte Popa laut. Er hielt sein Messer wie ein Kreuz empor in den flimmernden, heißen Sommerhimmel. Sein Gesicht glänzte. Fanatismus, Irrsinn, maßlose Wut leuchteten fast durch die Haut. »Du bist es! Endlich! Endlich! Und bei Sonja treffe ich dich! Das ist ein zweifacher Tod … ich verfluche die Natur, daß es nur einen Tod zu sterben gibt!«
    »Popa, höre mich an«, versuchte Michael ein letztes Mal. »Warum sollen wir uns töten? Du warst Legionär, ich weiß es. Du und ich … wir werden beide gesucht! Wir sollten Freunde sein …«
    »Freunde!« schrie Popa grell. »Mein Freund ist dein letzter Atemzug. Mein Freund ist dein brechendes Auge! Die Welt wäre unvollkommen, wenn du weiterlebtest.«
    Er schnellte vor, das Messer schwingend und zustoßend.
    »Wassile!« schrie Sonja auf.
    Michael sprang zur Seite. Der gewaltige Stoß ging ins Leere. Popa stolperte an ihm vorbei. Jetzt konnte er stoßen, es war so einfach … der Rücken war groß und breit neben ihm. Aber Michael wartete. Er stach keinen in den Rücken.
    Popa wirbelte herum. Eine Sekunde lang stand Verblüffung in seinen irrenden Augen. Dann verzog sich sein Gesicht wieder. Haß schrie aus ihm. Unbändiger Haß.
    Er stieß den Arm mit dem Messer wieder vor und sprang von neuem. Tigerhaft, blitzschnell, das Ausweichen des Gegners im Schwünge einbeziehend. Voll traf er auf Michael. Die Körper prallten zusammen.
    Im gleichen Augenblick stieß er zu. Aber er stieß ins Leere. Michael hatte die Schulter weggedrückt, den Arm Popas zur Seite geschlagen und schleuderte ihn jetzt, als hinge der Körper des Wutbrüllenden an einem Hebel, auf die Erde, in den zertretenen Mais.
    Wieder zögerte er einen Augenblick. Er starrte hinüber zu Sonja, die beide Fäuste gegen den Mund gepreßt hatte. Es gab kein Erbarmen, er wußte es. Und es gab auch kein Entrinnen mehr … nicht vor den Sowjets, nicht vor der Zeit, nicht vor der bis heute vorgegaukelten Hoffnung, einmal als freier Mensch mit Sonja zurück nach Deutschland zu kommen.
    Es gab nur noch eins : Überleben!
    Der Stärkere sein!
    Der Schnellere!
    Der Mörder …
    Wassile Popa war von dem Sturz auf die Erde etwas benommen. Noch lag er im Maisfeld, halb auf der Seite. Die winzige Sekunde des Zögerns, in der Michael das Ergebnis seines Lebens zog … eine Sekunde reichte, wofür er zehn Jahre lang gelitten, unter dem Dach wie eine Ratte gelebt hatte und nur des Nachts den Himmel sah, die Luft frei atmen konnte und den immer gekrümmten Körper recken durfte … diese eine Sekunde zwischen gestern und morgen vertat er, indem er brüllte: »Du Hund! Du Hund! O du Hund!«
    Dann war Michael über ihm, wie ein Stein fiel er auf den sich aufrichtenden Popa. Mit geschlossenen Augen stieß er sein Messer in den zuckenden Körper unter sich, hörte noch das Brüllen Wassiles, und in dieses Brüllen hinein dachte er: Das werde ich nie vergessen. Das nie! Das nie! Mit meinen Händen … mit meinen eigenen Händen …
    Sonja riß ihn zurück. Er spürte nur, wie ihn jemand zur Seite drückte. Wassile Popa lag im Maisfeld, langgestreckt, still, das wilde, verzerrte Gesicht der Sonne zugedreht, als habe er sie um Hilfe anschreien wollen.
    »Wir müssen ihn wegbringen«, hörte Michael die Stimme Sonjas neben seinem Kopf. Er nickte, aber er rührte sich nicht vom Fleck. Er sah an Popa vorbei hinüber zu den Bergen.
    »Ist er –«, fragte er leise. Er konnte es nicht aussprechen. Sonja beugte sich zu Popa hinab.
    »Er rührt sich nicht mehr …«
    »Atmet er?«
    »Ich weiß nicht.« Sie kniete neben Popa nieder und legte ihren Zeigefinger ängstlich auf die geöffneten Lippen. Sie waren kalt … ihr Finger zuckte zurück. »Nein –«
    Michael wandte sich ab. Eine ungeheure Erschütterung durchlief ihn. Er schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte plötzlich.
    »Ich habe einen Menschen umgebracht …«, stammelte er. »Sonja … ich habe mit meinen Händen einen Menschen … Ich … ich … O Sonja …«
    »Er wollte dich töten! Du hast dich nur gewehrt.«
    »Aber er hatte recht. Was habe ich in eurem Land zu suchen? Warum bin ich hier?«
    »Du suchtest mich, Mihai …« Sie umfaßte seine Schulter und legte ihren Kopf gegen seinen Nacken. So standen sie eine ganze Zeit, stumm, sich mit dem Gefühl, daß der andere ihn umfaßt hielt, tröstend … und sie fanden doch keinen Trost und keinen Weg

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