Der letzte Liebesdienst
Vor allem meinetwegen. Aber langsam hat sie meinen Tod verkraftet.«
»Das gefällt dir nicht, hm?« Anke grinste sie frech an.
»Gefällt es dir, dass Fiona an Lara denkt?«, fragte Maja zurück.
Anke wiegte den Kopf. »Ich muss damit leben. Und es ist gut so. Die beiden haben noch viele Jahre vor sich. Es wäre unfair, da von ihnen zu verlangen, die mit Toten zu verbringen.«
»Ja.« Maja holte tief Luft. »Sie müssen sie mit den Lebenden verbringen. Die Zeit heilt alle Wunden, sagt man.« Sie sah traurig aus.
»Sie werden uns nicht vergessen«, sagte Anke. »Wie oft haben wir jetzt schon darüber gesprochen? Andere Frauen vielleicht, diese beiden nicht. Glaub es doch endlich. Gerade, wenn sie zusammen sind, wird das gemeinsame Schicksal, uns verloren zu haben, sie verbinden und die Erinnerung an uns wachhalten. Aber nur die Erinnerung, verstehst du?« Sie berührte Maja sanft am Arm. »Lara und Fiona sollen so glücklich miteinander werden, wie wir es mit ihnen waren. Das haben sie verdient.«
»Ja, haben sie.« Maja schaute Anke an. »Hoffentlich müssen wir dafür nicht noch das ganze Krankenhaus auseinandernehmen. Das würde ich ungern tun.«
»Och . . .« Anke grinste spitzbübisch. »Ich hätte nichts dagegen.«
Lara saß auf dem Gang und fühlte sich nun wirklich sehr unpassend gekleidet in ihrem Abendkleid. Am liebsten wäre sie nach Hause gefahren und hätte sich Jeans und ein Sweatshirt angezogen, aber das ging nicht. Sie musste warten, was die Untersuchungen ergaben. Die Ärztin in der Aufnahme hatte eine gebrochene Rippe vermutet, und so etwas konnte gefährlich werden, wenn sie sich in die Lunge bohrte.
Hoffentlich war nichts außer der gebrochenen Rippe. Lara atmete tief durch. War Fiona verrückt geworden? Mit ihrem Wagen in Elisabeths hineinzurasen wie in einem Road Movie? War sie so eifersüchtig auf Elisabeth? Nie hätte Lara das für möglich gehalten.
Sie hätte überhaupt niemals gedacht, dass es so schlimm werden könnte. Es war alles so gut gelaufen in letzter Zeit. Sie hatte zwar noch gezögert, Elisabeths Antrag anzunehmen, aber sie hatte sich schon hin und wieder mit dem Gedanken beschäftigt. Es war nicht das Schlechteste, mit einer erfolgreichen Anwältin verheiratet zu sein. Es gab sicher viele Frauen, die sich das wünschten.
»Ist hier eine Frau Maur?« Eine Schwester trat aus den Ambulanzräumen heraus und schaute sich suchend um.
»Ich . . .«, Lara stand auf, »bin Lara Maur.«
Die Schwester blickte etwas überrascht auf ihr Abendkleid. In dieser sterilen Atmosphäre des Krankenhauses wirkte es wie ein unerklärlicher Fremdkörper aus einer anderen Welt. »Kommen Sie bitte mit«, sagte die Schwester und drehte sich um.
Lara folgte ihr schnell hinein. Sie musste das Kleid mit den Händen hochhalten, damit sie nicht darüber stolperte. Sie kam sich vor wie eine Prinzessin, die plötzlich im falschen Film gelandet war.
»Lara . . .« Fiona lag blass in einem Bett. Ihr Oberkörper war nackt und mit einem Verband umwickelt, der ihn fast ganz bedeckte.
»Wenn du schon in uns reinfährst, hättest du besser aufpassen sollen«, bemerkte Lara missbilligend, was aber nur ihre Sorge verbergen sollte. »Hast du dir tatsächlich eine Rippe gebrochen?«
Fiona nickte. »Zwei«, sagte sie. »Der Aufprall war ziemlich heftig. Und ich habe keinen Volvo.« Sie begann trotz ihres mitgenommenen Zustandes schwach zu lächeln. »Du siehst berauschend aus. Als du eben hier hereinkamst, dachte ich, ich träume und wäre ins Märchenland versetzt.«
Lara hob skeptisch die Augenbrauen. »Möglicherweise ist so ein Kleid im Märchenland nicht unpraktisch. Hier ist es das. Ich möchte mich möglichst schnell umziehen.«
»Und trotzdem bist du noch hier«, sagte Fiona.
»Ich wollte wissen, wie es dir geht.« Lara musterte Fionas hilflos daliegende Gestalt. »Was passiert jetzt?«
Fiona wollte automatisch die Achseln zuckten, aber sofort verzog sie schmerzlich das Gesicht. »Ich muss hierbleiben«, sagte sie. »Sie wollen mich ein paar Tage im Krankenhaus behalten, bis die Gefahr gebannt ist, dass sich ein Teil der Rippe in die Lunge bohrt.«
»Gut.« Lara nickte zufrieden. Die Auskunft beruhigte sie. »Brauchst du irgendwas? Eine Zahnbürste oder so?«
Fiona schüttelte vorsichtig den Kopf. »Ist schon gut. Es ist ja nur für ein paar Tage. Ich will dir keine Umstände machen.«
»Ich bringe dir was«, sagte Lara. Sie lächelte vage. »Und jetzt muss ich mir wirklich was
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