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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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Instinkt zu achten, ließ selten in seiner Eile nach und hielt niemals an, um mit sich zu Rate zu gehen. Ein schneller Blick im Vorübergehen auf das Moos an den Bäumen, auf die niedergehende Sonne, auf den Lauf der zahlreichen Gewässer reichte hin, ihm Gewissheit zu geben, dass er auf dem rechten Wege sei, ohne ihm irgendeinen Zweifel darüber zu lassen. Mittlerweile begann der Wald seine Farbe zu wechseln, und das lebhafte Grün, das seine Laubgewölbe verschönert hatte, verlor sich in das dunklere Licht, welches den Einbruch der Nacht zu verkünden pflegt.
    Während die Augen der Schwestern zwischen den Bäumen hindurch in die goldene Strahlenflut blickten, die einen glänzenden Hof um die Sonne bildete und eine längs den Hügeln im Westen aufgetürmte Wolkenmasse bald hier und dort mit Purpurstreifen durchzog, bald mit einem schmalen Saume des glänzendsten Goldgelb begrenzte, wandte sich Falkenauge plötzlich und sprach, indem er auf den prachtvollen Himmel wies:
    »Dies ist das Zeichen für den Menschen, die Nahrung und Ruhe zu suchen, deren er bedarf. Besser und weiser wäre es, wenn er auf diese Zeichen der Natur merken und sich von den Vögeln in der Luft und den Tieren auf dem Felde eine Lehre nehmen wollte. Unsere Nachtruhe wird jedoch bald vorüber sein: Mit dem Monde müssen wir wieder aufbrechen und weiterziehen. Ich erinnere mich noch, hier mit den Maguas gekämpft zu haben, in dem ersten Kriege, in dem ich Menschenblut vergoss. Wir errichteten ein Blockhaus, um dieses Rabengezüchte von unseren Skalps fernzuhalten. Wenn meine Merkzeichen mich nicht täuschen, so finden wir’s ein paar Ruten weiter zur Linken.«
    Ohne eine zustimmende Äußerung oder auch nur eine Antwort abzuwarten, trat der rüstige Kundschafter unbedenklich in ein dichtes Gehölz von jungen Kastanienbäumen, indem er die Zweige der üppigen, von dem Boden emporwuchernden Schösslinge beiseite schob, als erwarte er mit jedem Schritte eines früher bekannten Gegenstandes wieder ansichtig zu werden. Seine Erinnerungen täuschten ihn nicht. Nachdem er sich einige hundert Schritte weit durch das mit Brombeersträuchern verwachsene Unterholz durchgearbeitet hatte, gelangte er auf eine offene Stelle, die ein niedriger, kleiner Rasenhügel umgab, auf welchem das verfallene Blockhaus stand. Dieses rohe, vernachlässigte Gebäude war eines jener verlassenen Werke, zu augenblicklichem Gebrauche aufgebaut, und, wenn die Gefahr verschwunden war, wieder aufgegeben; es lag jetzt in der Einsamkeit des Waldes, verfallen, vernachlässigt und beinahe vergessen, wie die Umstände, die seine Errichtung herbeigeführt hatten. Solche Denkmale früherer Kämpfe findet man noch häufig auf der breiten Grenze der Wildnis, welche einst die feindlichen Provinzen trennte: Sie bilden eine Art Ruinen, die mit den Erinnerungen der Kolonialgeschichte im engsten Verbande stehen und dem düsteren Charakter der umgebenden Schauplätze vollkommen entsprechen. Das Rindendach war längst zerfallen und hatte sich mit dem Erdreich vermischt; die mächtigen Fichtenblöcke aber, die eilig übereinander geschoben wurden, ruhten noch an ihrer Stelle; doch war eine Ecke des Gebäudes gewichen und drohte den baldigen Einsturz des Ganzen. Während Heyward und seine Begleiter zögerten, das zerfallene Gebäude zu betreten, beschritten Falkenauge und die Indianer nicht allein ohne Furcht, sondern selbst mit sichtbarem Interesse die niederen Wände. Währenddem der erstere die Ruinen innen und außen mit der Neugierde eines Mannes, dessen Erinnerungen mit jedem Augenblicke wieder lebendiger werden, betrachtete, erzählte Chingachgook seinem Sohne in delawarischer Sprache und mit dem Stolze des Siegers die kurze Geschichte des Scharmützels, das in seiner Jugend auf diesem abgeschiedenen Punkte stattgefunden hatte. Ein Zug der Schwermut mischte sich jedoch in seinen Triumph und gab seiner Stimme, wie so oft, etwas eigentümlich Sanftes und Musikalisches.
    Mittlerweile waren die Schwestern munter vom Pferde gestiegen und schickten sich an, in der Abendkühle an einem Orte, dessen Sicherheit, wie sie glaubten, nur durch die Tiere des Waldes gestört werden konnte, auszuruhen.
    »Wäre es nicht besser gewesen, mein würdiger Freund«, sagte der wachsame Duncan, als er sah, dass der Kundschafter seine kurze Untersuchung beendigt hatte, »wenn wir unseren Ruheplatz an einem weniger bekannten und seltener besuchten Orte genommen hätten?«
    »Wenige sind am Leben, welche von der

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