Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
die nicht tödlich getroffen, sondern nur verletzt waren, am Blutverlust sterben würden, und verliehen den Geschossen eine schreckliche Aufprallwucht. Keiner der herbeieilenden Sachsen kam näher als ein paar Mannslängen an die Franken heran, und als der erste Ansturm vorüber war, rannten Remi und Roland nach draußen, Pfeile auf den Sehnen, und erschossen die Nachzügler.
Dann hasteten sie wieder zurück, rafften ihre Schwerter auf und eilten Turpin zu Hilfe. Die Sachsen ergaben sich nicht. Blutbespritzt und schweratmend sahen sich die drei Männer an, als der letzte Feind endlich auf dem Boden lag. Sie hatten zu dritt über zwanzig Gegner besiegt, wie Roland voller Unglauben erkannte.
»Bevor ihr zwei Jungspunde triumphiert – wenn Scurfa hier gewesen wäre, wären wir so tot wie die Burschen da. Sie hatten keinen Anführer, das hat uns gerettet«, stieß Turpin hervor. »Schnell jetzt! Ich mache Ganelon los, ihr holt die Gefangenen raus!«
Roland nickte keuchend. Ihm war seltsam leicht im Kopf, aber zugleich waren seine Beine schwer. Er ahnte, dass er sich würde übergeben müssen, wenn er sich nicht zusammenriss. Sein linker Unterarm war von der Bogensehne aufgeschunden und brannte, seine Schultern schmerzten, in die Finger seiner Rechten hatte sich die Bogensehne so tief eingeschnitten, dass das Blut hervorquoll. Er stolperte hinter Remi her zum Palas hinüber, doch dann fiel ihm endlich ein, wer er war und wofür er stand, und er überholte Remi und war noch vor ihm am Eingang zum Saalbau.
Dass Remi dicht hinter ihm und wie immer auf der Hut war, rettete ihm das Leben. Er hatte kaum das Portal aufgerissen, als ihn schon eine Hand packte und nach drinnen zog, jemand ihm einen Fuß stellte, und als er bäuchlings auf den Boden prallte, hörte er dicht über seinem Nacken das Klirren eines Schwerthiebs, der im letzten Moment von einer anderen Klinge abgeblockt wurde. Er warf sich herum.
Das Erste, was er sah, war ein zähnebleckender Einäugiger, dem das lange Haar wirr ins Gesicht fiel und der den Hieb geführt hatte; daneben Remi auf den Knien, der hereingeschlittert war und den Hieb mit ausgestreckter Spatha abgefangen hatte; das dritte – und davon konnte er die Augen nicht mehr abwenden – war eine schöne junge Frau, die ihn mit weit aufgerissenen Augen ansah und einen Knüppel zum Schlag bereit über dem Kopf hielt. Der Knüppel zitterte.
»Gut Freund«, keuchte Remi auf fränkisch.
»Wer seid ihr?«, grollte der Einäugige.
»Wir sind gekommen, um euch zu retten«, sagte Roland, aber er sah dabei nur die junge Frau an. »Also seid so gut und lasst uns am Leben.«
Von draußen ertönte ein Pfiff. Remi, der immer noch das Schwert hielt, das Roland das Leben gerettet hatte, starrte dem Einäugigen ins Gesicht. Der Maure lächelte ihm zu und hob seine Klinge, auch Remi ließ seine Spatha sinken. Der Pfiff ertönte erneut.
»Sieh mal nach«, sagte Roland zu Remi.
Der Einäugige hielt Roland die Hand hin und zog ihn auf die Beine. Die junge Frau sah ihn neugierig an. Erst jetzt bemerkte Roland, dass sich die anderen Gefangenen an die Wand beidseits der Tür gedrückt hatten. Ein Maure und ein Franke waren mit je einem Sax bewaffnet, die anderen standen kampfbereit mit bloßen Händen da. Wären Sachsen hereingekommen, hätten sie keine große Chance gehabt. Zwei reglose Gestalten lagen in der Mitte der Halle.
Remi kam hereingestürzt. Hinter ihm sah Roland den Bischof von Reims, der sich den stöhnenden Ganelon über die Schulter geworfen hatte und zu den Pferden wankte. Turpin steckte zwei Finger in den Mund und pfiff zum dritten Mal.
»Scurfa kommt zurück!«, rief Remi. »Und er hat noch eine Handvoll Krieger draußen aufgelesen.«
Arima hielt sich in der Mitte der Gruppe. Neben ihr her stolperte der junge Sachsenkrieger, den Afdza als Ersten überwältigt hatte. Seine Nase war gebrochen, sein Gesicht blutverschmiert, und er war noch halb betäubt. Afdza hatte verhindert, dass man ihm die Kehle durchschnitt. Wir können vielleicht eine Geisel gebrauchen, hatte er gegrollt, doch Arima hatte den Verdacht, dass es ihm gegen den Strich gegangen war, einen bewusstlosen Gegner zu schlachten wie ein Schwein.
Die Lage hatte sich so schnell geändert, dass sie Mühe hatte, der Entwicklung zu folgen. Ihre Gedanken waren in den letzten Minuten im Kreis gelaufen und immer wieder darauf zurückgekommen, wie mühelos Afdza die drei Sachsen unschädlich gemacht hatte. Seine unbarmherzige
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