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Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Polizist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Winters
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säße sie neben mir und schaute aus dem Fenster auf die schneebereiften Hartriegelsträucher und schwarzen Tupelobäume.
    »Aber …« Littlejohn räuspert sich abrupt, blickt ostentativ auf mein blaues Buch und den Kuli, die ich hervorgeholt habe und auf dem Schoß balanciere. »Sie sind hier, um über Peter zu sprechen.«
    »Ja, Sir.«
    Bevor ich eine bestimmte Frage stellen kann, legt Littlejohn auch schon los. Im selben Tonfall, schnell und beherrscht, erzählt er mir, seine Frau und ihr Bruder seien hier aufgewachsen, in West Concord, nicht weit von dort, wo wir jetzt sitzen. Die Mutter der beiden sei vor zwölf Jahren an Krebs gestorben, der Vater lebe im PleasantView-Seniorenheim und habe einen Haufen körperlicher Probleme, dazu Demenz im Frühstadium – sehr traurig, sehr traurig, aber Gottes Pläne könne nur Gott selbst begreifen.
    Peter und Sophia, erklärt er, hätten sich nie besonders nahegestanden, nicht einmal als Kinder. Sie sei ein extrovertierter Wildfang gewesen, er hingegen nervös, introvertiert und schüchtern. Jetzt, wo sie beide ihren Beruf hätten und Sophia ihre Familie, träfen sie sich nur noch selten.
    »Wir haben ihn natürlich ein- oder zweimal zu erreichen versucht, als das alles losging, aber ohne großen Erfolg. Er war in ziemlich schlechter Verfassung.«
    Ich schaue auf und hebe einen Finger, um Littlejohns dahinbrausendem Erzählstrom Einhalt zu gebieten.
    »Was meinen Sie mit ›in ziemlich schlechter Verfassung‹?«
    Er holt tief Luft, als wöge er ab, ob es fair wäre, das zu sagen, was er sagen will, und ich beuge mich vor, den Kuli über meinem Buch.
    »Also, ich muss schon sagen, dass er extrem durcheinander war.«
    Ich lege den Kopf schräg. »War er deprimiert oder durcheinander?«
    »Was habe ich gesagt?«
    »Durcheinander.«
    »Ich meinte deprimiert«, sagt Littlejohn. »Würden Sie mich kurz entschuldigen?«
    Er steht auf, bevor ich antworten kann, und geht zur anderen Seite des Raumes hinüber, sodass ich einen Blick in eine helle und offenbar gern genutzte Küche werfen kann: eine Reihe hängender Töpfe, ein glänzender, mit Alphabet-Magneten, Zeugnissen und Schulfotos geschmüc kter Kühlschrank.
    Littlejohn ist am Fuß der Treppe und nimmt einen marineblauen Rucksack sowie ein paar Eishockeystiefel in Kindergröße an sich, die über dem Geländer hängen. »Putzen wir uns da oben schon die Zähne, Kyle?«, ruft er. »Wir sind bei T minus neun Minuten.«
    Ein lautes »Okay, Dad« hallt die Stufen herab, gefolgt von klappernden Schritten, ein Wasserhahn wird aufgedreht, eine Tür aufgestoßen. Das gerahmte Foto auf Zells Kommode, der unbeholfen lächelnde Junge. Im Bezirk von Concord sind die Schulen offen geblieben, wie ich weiß. Im Monitor stand ein Artikel: die engagierten Lehrer, Lernen um des Lernens willen. Selbst auf den Zeitungsfotos sah man, dass die Klassenzimmer nur halb voll waren. Oder noch leerer.
    Littlejohn nimmt wieder Platz und fährt sich mit einer Hand durch die Haare. Er hat die Rollschuhe auf dem Schoß. »Der Junge kann spielen. Er ist zehn Jahre alt und fährt wie Messier, ganz im Ernst. Eines Tages wird er in der National Hockey League spielen und mich zum Millionär machen.« Er lächelt sanft. »Alternatives Universum. Wo waren wir?«
    »Sie hatten gerade etwas über die innere Verfassung Ihres Schwagers gesagt.«
    »Stimmt, ja. Ich muss an unser kleines Sommerfest denken. Wir hatten eine Grillparty, wissen Sie, Hotdogs, Bier. Alles, was dazugehört. Und Peter … er war nie besonders umgänglich, besonders kontaktfreudig, aber es sah ganz so aus, als würde er in eine Depression verfallen. Anwesend und abwesend zugleich, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Littlejohn holt tief Luft und schaut sich im Zimmer um, als hätte er Angst vor Peter Zells Geist, der alles mit anhört. »Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, danach waren wir nicht mehr so wild darauf, ihn in Kyles Nähe zu haben. Das alles ist schon schwer genug … für den Jungen …« Seine Stimme bricht, er räuspert sich. »Entschuldigen Sie.«
    Ich nicke, schreibe, meine Gedanken fliegen.
    Also, was haben wir? Wir haben einen Mann, der auf der Arbeit völlig unbeteiligt wirkt, still, mit gesenktem Kopf, und keine Reaktion auf das nahende Unheil zeigt, abgesehen von jenem einen schockierenden Ausbruch an Halloween. Dann stellt sich heraus, dass er einen riesigen, allumfassenden Schatz an Informationen über den Asteroiden gehortet hat, dass er insgeheim von dem besessen ist,

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