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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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zur dritten und dann vierten Ebene hoch, als sie auf ein undurchdringliches Dornendickicht stießen. Laurania blieb dicht hinter Pribylla und leuchtete ihr den Weg. Vandover wurde mehrmals langsamer und gab vor zu straucheln, um sie aufzuhalten und den Soldaten Gelegenheit zu geben, zu ihnen aufzuschließen. Dreimal schob ihn Xavius, der den Abschluss bildete, mit nicht sehr sanftem Nachdruck nach vorn, und beim vierten Mal zischte er: »Das reicht jetzt. Noch einmal, und Sie landen dort unten bei den Verschlingern, das garantiere ich Ihnen!«
    Vandover knurrte etwas, das wie »Regentenmörder!« klang, aber offenbar wollte er es nicht darauf ankommen lassen, denn nach dieser Warnung versuchte er, ebenso schnell zu sein wie Pribylla und Laurania.
    Im Wald hinter ihnen wurde es lauter. Ein Rauschen ging dort durch die Finsternis, wie von einem heftigen Wind, der selbst die untersten Ebenen erreichte, ein Knistern und Rascheln, in dem sich das Summen der elektromagnetischen Manovratoren verlor. Gelegentlich heulten Strahlwaffen, und kleinere Explosionen schickten ihr Donnern durch den Wald.
    »Können sie uns orten?«, fragte Xavius, als sie sich durch ein Geflecht von Zweigen hangelten und einen breiten Ast in der dritten Ebene erreichten. »Mit Infrarotsensoren?«
    »Vielleicht konnten sie uns orten«, erwiderte Pribylla. »Nachdem der Herr Konsul sie auf uns aufmerksam gemacht hat. Aber jetzt sind sie bestimmt nicht mehr dazu imstande. In ihrer Nähe wimmelt es von Lebensformen, und derzeit dürften sie kaum Zeit für eine Biosignatur-Filterung erübrigen können.«
    »Vielleicht haben sie automatische Lokalisatoren eingesetzt, die nach uns suchen«, sagte Laurania.
    »Ein Grund mehr, keine Zeit zu verlieren.«
    Sie liefen durch die Dunkelheit, so schnell es die Baumpfade erlaubten. Mehrmals mussten sie die Ebenen wechseln, weil vor ihnen Hindernisse auftauchten, die ebenso undurchdringlich waren wie zuvor das Dornendickicht. Einer dieser Umwege führte sie bis zur fünften Ebene, wo das schwächer gewordene Licht der Lampe über leichenhaft blasse Blüten am Ende von schwarzen Stacheln strich, die auch hier aus den Stämmen der Baumriesen ragten. In den Blütenkelchen bewegte sich etwas, und Pribylla rief: »Dass mir niemand die Blumen anrührt! Sie stecken voller Feuermilben, deren Nervengift uns innerhalb weniger Sekunden töten würde.«
    Xavius stellte sich vor, was mit den Soldaten hinter ihnen geschah, die all diese Gefahren des Waldes nicht kannten oder ohne Rücksicht darauf vorrückten. Konnten sie im dichten Wald individuelle Schirmfelder benutzen, die einen gewissen Platz benötigten, um sich ganz zu entfalten? Und wie lange würden sie der Belastung ständiger Angriffe standhalten? Wenn sie ausfielen, oder wenn sich Strukturlücken bildeten … Es genügte die Berührung einer solchen Blume, um ihnen den Tod zu bringen.
    Kurz darauf bekamen sie es mit einem weiteren Hindernis zu tun, diesmal einem mobilen. Insektoide Geschöpfe so groß wie eine Hand und ausgestattet mit Scheren wie Krebse krabbelten geschwind über den Baumpfad, auf dem sie unterwegs waren, und Pribylla wies sie an, zwischen die Stacheln des nächsten Baumstamms zu klettern und sich an ihnen festzuhalten.
    »Das sind Scorpi«, sagte Laurania. »Eine ganze Kolonie. Der Wald mobilisiert weitere Kräfte zur Abwehr der Eindringlinge. Wie weit noch, Priby?«
    »Etwa einen Kilometer. Übrigens, inzwischen sind wir schon seit zweieinhalb Stunden unterwegs. Welch eine Ironie! Ohne die Soldaten des Enduriums hätten wir es wahrscheinlich gar nicht bis hierher geschafft.«
    Xavius vernahm ein dumpfes Rauschen. »Kann es sein, dass man den Fluss von hier hört?«
    »Das Rauschen stammt nicht vom Midon, sondern vom Wald«, erwiderte Pribylla. »Er gerät auch hier in Bewegung.«
    Xavius beobachtete, wie die Scorpi kaum einen Meter entfernt über den breiten Ast des Baumwegs krabbelten, zu viert nebeneinander, eine dunkle Flut, die kein Ende nehmen wollte. Immer wieder blieben einzelne Geschöpfe stehen, richteten sich halb auf und streckten ihre Fühler nach oben. Andere kletterten über sie hinweg.
    »Sie beginnen uns wahrzunehmen«, sagte Laurania.
    »Ich weiß. Weiter nach oben. Leuchte für mich, Laura.«
    Die Stacheln gaben ihnen genug Halt, aber sie wuchsen immer dichter beieinander, ließen nur wenig Platz, und außerdem galt es, den weißen Kelchen auszuweichen. Xavius’ schweißnasses Hemd riss an mehreren Stellen auf, als er die

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