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Der letzte Schattenschnitzer

Der letzte Schattenschnitzer

Titel: Der letzte Schattenschnitzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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er nicht als Tourist in die Stadt gekommen war. Weder hatte er einen Fotoapparat noch eine Karte der Stadt, geschweige denn Kleidung zum Wechseln dabei. Und noch etwas anderes fiel auf, ein Umstand, der diesen Mann geradezu unheimlich machte: Sein Schatten passte nicht zu seinem Körper …
    Ohne sich weiter umzusehen, verließ der Mann festen Schrittes den Bahnhof und begab sich zu den Taxis hinüber. Er gab sich keine Mühe, eines auszuwählen oder um den Preis zu feilschen. Er hatte anderes im Sinn.
    Der Wagen, der sich letztendlich vor die anderen drängelte, war ein mattschwarzer Volvo mit einem improvisierten Taxischild auf dem Dach. Die umstehenden Kollegen beschimpften den Fahrer, Mittelfinger und ein paar Fäuste wurden emporgereckt. Die Beulen im Kotflügel des Wagens ließen erahnen, dass Drängeln eine Spezialität des Fahrers war. Ein gedrungener kräftiger Mann mit Halbglatze, der zu viel Goldschmuck trug, lächelte den Mann an und hob in schlechtem Englisch an:
    »Haben sich besten Fahrer gesucht. Bin ich Stanislav. Sie mich können Stani nennen.«
    Im Blick seines Gegenübers änderte sich nichts. Stani scherte ihn nicht mehr als der Rest dieser Stadt. Den Fahrer ignorierend, nahm er den Rucksack von der Schulter und ließ sich auf die Rückbank fallen.
    Stanislav stieg wieder ein.
    »Wo soll ich bringen? Bier trinken? Oder schöne Frau? Liebe für wenige Kronen? Weiß schönste Frauen von Stadt. Sie mir sagen, was Sie wollen. Ich Sie kann überall hinfahren.« Er grinste. Doch die versteinerte Miene seines bebrillten Fahrgasts ließ den Fahrer bereits ahnen, dass er heute wohl von keinem Bordell der näheren Umgebung die üblichen Prozente einstreichen würde. »Gern auch Beinhaus. Eigentlich noch geschlossen im März. Aber hab Kontakte. Kenne eine Menge Leute in der Gegend, wenn …« Dem Fahrer von hinten eine 2000-Kronen-Note reichend sprach sein Fahrgast in einem Ton, welcher der Kälte seines Blickes in nichts nachstand:
    »Das Alchemiemuseum. Der direkte Weg.«
    Stanislav steckte das Geld ein und startete schweigend den Wagen.
    Der Volvo schob sich vom Parkplatz. Von hinten fiel durch die dürren, blattlosen Äste das grelle Licht der Mittagssonne in den Wagen. Nachdenklich beobachtete der schweigsame Fahrgast den Schatten seines eigenen Kopfes, der sich auf der Rückseite des Beifahrersitzes abzeichnete. Er wusste, dass der Schatten ihn beobachtete. Auch wenn dieser sich Mühe gegeben hatte, dem Mann ähnlich zu sehen, hätte ein aufmerksamer Beobachter doch gemerkt, dass sie nicht zueinander gehörten.
    Sein Schatten versuchte, sich dem Sonneneinfall entsprechend zu verhalten, schien aber doch immer wieder für einen kurzen Moment ganz eigenen Gesetzen zu folgen, so dass man ahnte, dass er keine Sonne brauchte, um seine Richtung zu finden …
    Der Mann betrachtete den Schatten mit Respekt. Er wusste nicht, wer oder wessen Schatten es war, dem er in diesem Moment diente. Aber er wusste, dass einer der letzten Meister der magischen Künste etwas Bedeutsames plante. Womöglich war sein Herr sogar Teil des Schattenrates, einer der Fünf – der Hohepriester, der Siegelbewahrer –, die über die Geschicke der Schatten und Menschen wachten. Der Mann hatte lediglich von ihnen gelesen. So vieles, so Widersprüchliches hatte er in den Schriften gefunden, die den Uneingeweihten zugänglich waren. Aber auch, wenn sein neuer Herr nicht Mitglied des Rates war, die Person hinter jenem Schatten war mächtig . Und da diese Person bei dem, was sie vorhatte, nicht persönlich in Erscheinung treten wollte, brauchte sie einen Verbündeten. Ein Gesicht, das der Magier zeigen konnte. Einen Körper, der bereit war, ihm rückhaltlos zu dienen.
    Als der Fahrer den Mann durch den Rückspiegel mit ausdruckslosem Blick auf die Rückseite des Beifahrersitzes starren sah, wusste er, dass es besser war, zu schweigen …
    Der Fremde unterdessen spürte, wie sein Schatten zurückstarrte und zwei schemenhafte Augen in schattigen Höhlen ihn musterten. Für einen Moment stellte er sich die Frage, ob sein neuer Herr ihn am Ende betrügen würde. Letztendlich aber spielte es keine Rolle. Sie hatten einen Handel geschlossen. Er war bereit gewesen, seine Seele zu verkaufen, und die einzige Frage, die sich nun noch stellte, war, was er dafür bekommen würde … Wenn es ihm gelang, seinen Herrn zufriedenzustellen, erwarteten ihn womöglich die Mysterien der Schatten.
     
    Bevor sein Flugzeug an diesem Morgen gestartet war, war der

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