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Der letzte Schattenschnitzer

Der letzte Schattenschnitzer

Titel: Der letzte Schattenschnitzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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Henker entging seine Regung nicht.
    »Der Rat brachte die Alchimia schließlich nach Montserrat, wo ich sie seitdem vor dem Licht und den Augen der Welt verberge. Nach London, Saint Murebod und Bomarzo ist dies, mein Junge, die vierte Schattenstätte. Der Hort des vierten Siegels.«
    »Aber wenn der Fremde dieses Siegel bricht …«
    »Dann werden seine Buchstaben splittern, und all sein Wissen wird für immer verloren sein …«
    Jonas vernahm ein tiefes Bedauern im Dunkel des Henkers, verursacht durch die Ahnung, dass er dieses Siegel auch mit seiner Hilfe nicht würde schützen können. Der Junge wollte ihm etwas entgegnen, ihm klarmachen, dass sie es zu zweit womöglich schaffen konnten. In diesem Moment aber hörte er, wie über dem Kloster ein Gewitter aufzog. Ein dunkles Gewitter, ähnlich dem Sturm über Bomarzo. Donner rollte über den Himmel, hallte von den Bergen wider, und Jonas spürte, wie die Luft über der Bibliothek sich verfinsterte. Langsam zog er den dunklen Schemen der Klinge und hob das flammende Schattenschwert.
    Sie wussten, dass ihnen nicht die Zeit blieb, einen Plan zu schmieden. Und tatsächlich: Im nächsten Augenblick bebten die Dachbalken. Ein schwarzer Blitz schlug durch das Dach, ließ die Schindeln splittern und hinterließ ein kindskopfgroßes Loch mit schwarzglänzenden Rändern. Und dann richtete sich vor ihnen der fremde Schatten auf, der gekommen war, um das vierte Siegel zu brechen.
    »Überlass ihn mir …«, knurrte der Henker.
    Alles ging zu schnell, als dass der Junge überhaupt hätte einschreiten können. Während der Henker dem Eindringling entgegenstürmen, zog Jonas hastig die Hadeskappe wieder über.
    Aus ihrem Schutz heraus sah er de Bourges und den Fremden aufeinandertreffen. Im schummrigen Licht des Dachbodens wurde er Zeuge einer lautlosen Explosion aus vollkommener Finsternis.
    Für den Bruchteil eines Augenblicks füllte das Dunkel den Dachboden komplett aus. Inmitten der Finsternis spürte Jonas Mandelbrodt die Wut des Henkers und die Entschlossenheit des Eindringlings, und dieser kurze Augenblick vollkommener Schwärze gab ihm eine Ahnung von der künftigen Herrschaft durch die Schatten. Als das Dunkel sich im nächsten Moment wieder zusammenzog, waren es nicht länger zwei Schatten. Die Finsternis des Fremden hatte, wie es schien, den Schatten des Henkers komplett verschlungen.
    Jonas schauderte. Dann aber nahm er plötzlich etwas wahr: Als nun der Schatten des Eindringlings auf das Podest zuschritt, begann er sich zu verändern . Zunächst straffte er sich, dann beulte er sich aus, als ob eine unbändige Kraft aus seinem Inneren nach außen drängte. De Bourges! Der Henker war noch nicht besiegt und wehrte sich. Plötzlich brach aus dem Schatten des Eindringlings ein Arm heraus, kurz darauf noch ein weiterer.
    Der grotesk wabernde Schatten taumelte und verformte sich weiter. Dann aber, von einem Moment auf den anderen, verdichtete sich ein Teil von ihm und schoss als eine Faust aus Schatten in das Dunkel des Dachbodens hinein.
    Mit einem schauderhaft knirschenden Geräusch krachte sie in den tönernen Körper des Golems. Auf der Brust der Figur breitete sich ein dünnes Muster aus Rissen aus, und dann schlossen sich die Finger der Schattenfaust um den kleinen Zettel und rissen ihn heraus. Vor den Augen Jonas Mandelbrodts zerbrach der Golem. Und noch bevor die tönernen Scherben auf den Dielen zur Ruhe kamen, erstarb die Gegenwehr des Henkers im Inneren seines Gegners.
    Jonas schloss seine Faust fester um das Schwert. Er machte sich bereit, einzugreifen, sein eigenes Dunkel dem des Fremden entgegenzustellen. Dieses Mal würde es anders ausgehen als in Bomarzo. Denn nun war er vorbereitet.
    Langsam erhob der Eindringling sich in seiner vollen Schwärze vor dem Pult. Er streckte seine Schattenhand nach der Alchimia aus, bereit, das Siegel zu brechen, als Jonas ihn – noch immer unsichtbar – von hinten packte, herumriss und mit der freien Schattenhand zurück auf den Boden schmetterte. Der Junge umklammerte das Flammenschwert, bereit, das Dunkel des Fremden mit dem Feuer der Seraphim zu verheeren und diesen Moment auszukosten. Er hob die Klinge hoch über seinen Kopf und setzte seinen Fuß auf den Schatten, um ihn kraft seines Willens am Boden zu halten.
    In diesem Moment jedoch öffnete der Unbekannte sich ihm. Ohne dass der Junge sich dagegen wehren konnte, mischte sich plötzlich das Dunkel des Fremden mit dem seinen. Und Jonas Mandelbrodt erschrak.
    Das

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