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Der Letzte Tag Der Schoepfung

Der Letzte Tag Der Schoepfung

Titel: Der Letzte Tag Der Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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taumelnden Schritten zum Fluss hinab, brach in die Knie, als er am schlammigen Ufer ausglitt. Er tauchte den Rüssel ins Wasser und bespritzte sich, bevor er mit tiefen Zügen zu trinken begann. Das Wasser rötete sich. Erst als der Bulle seinen Durst gestillt und die Wache wieder übernommen hatte, wagte der Rest der Herde sich an die Tränke.
    »Grauenhaft, was sie hier angerichtet haben«, flüsterte Jerome.
    »Ich fürchte, das ist erst ein Anfang«, sagte Steve bitter. »Wo auch immer der Mensch hinkommt, dominiert er rücksichtslos auf Kosten seiner Umwelt.«
    Sie warteten, bis die Herde ihren Durst gelöscht hatte und sich vom Ufer zurückzog, aßen unterdessen die restlichen Sandwiches auf und tranken den Rest des Tees aus den Thermosflaschen. Sie beobachteten, wie die Mastodonten durch den ziehenden Nebel davonstapften, sich gegenseitig mit liebevoller Geduld wieder auf die Beine halfen, wenn eins von ihnen ausglitt, im Schlamm stecken zu bleiben drohte und ängstlich schnaubend um Hilfe flehte. Sie waren allesamt vom Strahlentod gezeichnet.
    Steve übernahm nun das Steuer und Jerome setzte sich neben ihn, die entsicherte Maschinenpistole auf dem Schoß. Nach dem Durchqueren der Furt wurde die Landschaft wieder savannenartiger. Es wuchsen weniger Bäume, das Buschwerk wurde lichter. Sie fuhren nun fast genau nach Nordosten und kamen gut voran. Allmählich stieg das Gelände an; zaghaft und blässlich wie der Mond drang dann und wann die Sonne durch. Die Katze kletterte, und plötzlich, als tauchten sie aus einem Gewässer empor, lag das Nebelmeer unter ihnen, dehnte sich bis zum Horizont. Im Süden erhoben sich die Kegelstümpfe, die einst in ferner Zukunft die Inseln von La Galite bilden würden, dahinter, wie eine dunkle Mole, gegen die das Weiß der erstarrten Nebeldünung anbrandete, der Saum der afrikanischen Küste. Von dort aus waren sie beschossen worden. Jerome hob das Fernglas an die Augen und musterte die bewaldeten Höhenzüge. Es waren keine Einzelheiten auszumachen, keine Mündungsfeuer blitzten auf.
    Unter ihnen ragten da und dort die gefiederten Wipfel von Palmen durch die Wolkendecke wie seltsame, überdimensionale Wasserpflanzen, überspült von Rauch. Jerome deutete nach Norden, wo ein wild zerklüftetes Hochplateau aufstieg, das in einigen Millionen Jahren die Insel Sardinien bilden würde. »Dort müssen wir hin«, sagte er. »Aber ich hätte große Lust, ein Stück zurückzufahren und im Schutz des Nebels den späten Nachmittag abzuwarten, bevor wir mit dem Aufstieg beginnen.«
    Steve dachte schaudernd an den abgeschlagenen Kopf des Piloten, der ihnen den Weg gewiesen hatte. Den Weg wohin? »Ich bin dagegen«, sagte er. »Wir kennen die Reichweite ihrer Geschütze nicht. Aber je weiter wir nach Norden kommen, desto sicherer sind wir vor ihnen.«
    Jerome musterte die steilen Abstürze Sardiniens. »Wer weiß«, sagte er achselzuckend.
    »Das Landegebiet ist radioaktiv verseucht«, gab Steve zu bedenken. »Es ist möglich, dass wir schon heiß sind wie die Sonnen. Wir sollten sehen, dass wir bald Hilfe finden, ehe es zu spät ist.« Er glaubte bereits, auf den ungeschützten Partien seiner Haut einen unerträglichen Juckreiz zu verspüren, das sicherste Kennzeichen einer übermäßigen Strahlendosis. »Sie werden uns nicht im Stich lassen«, fügte er hoffnungsvoll hinzu. »Sie haben versprochen uns rauszuholen.«
    »Wenn sie dazu in der Lage sind. Sonst holt uns der Teufel«, meinte Jerome, und nach einer Weile setzte er sarkastisch hinzu: »Sofern er um diese Zeit schon Dienst tut. Aber daran hege ich nicht den geringsten Zweifel.«
     
    Es war früher Nachmittag, als Jerome wieder das Steuer übernahm. Sie waren inzwischen hoch über dem Nebelmeer, aber das sardinische Plateau schien nur unmerklich näher gerückt. Der Baumbestand veränderte sich allmählich, zwischen Palmen und Euphorbien tauchten da und dort Schirmakazien und Pinien auf, vereinzelt sogar Ginkgos.
    Kurze Zeit später stießen sie auf das ausgebrannte Wrack eines Jeeps. Es war eine Vierergruppe, die hier umgekommen war. Die Skelette trugen noch Uniformreste. Einer der Männer schien nicht gleich tot gewesen zu sein. Er hatte sich noch etwa sechzig Meter weit geschleppt, bevor er zusammengebrochen war und die Geier sich über ihn hergemacht hatten. Den Einschüssen nach zu urteilen, war es ein Luftangriff mit Raketengeschossen gewesen. Also hatten die Gegner auch die Luftüberlegenheit. Steve suchte mit unbehaglichem

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