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Der letzte Tag der Unschuld

Der letzte Tag der Unschuld

Titel: Der letzte Tag der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edney Silvestre
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Stufen raufrennt, hinter der Blonden her, die als Priester verkleidet ist, weißt du noch? Und wie fandest du die Szene, wo der Journalist in der Kirche nach ihr greift, und sie ist immer noch als Priester verkleidet, hm, Eduardo? Er wollte sie küssen, oder? Hat dir die gefallen?«
    »Ja, die hat mir gefallen. Aber es gab auch ein paar ziemlich langweilige Szenen.«
    »Ja, das stimmt. Die gab es auch. Die mit dem weißen Kätzchen, das der Blondine auf dem Kopf sitzt, und sie geht einfach weiter. Die war langweilig. Da passiert überhaupt nichts, sie läuft einfach nur auf der Straße hin und her. Und die mit diesem komischen japanischen Tanz in der Cocktailbar, ganz am Anfang, weißt du noch? Bevor diese dünne Brünette auftaucht, die sogar nachts eine Sonnenbrille aufhat? Die fand ich auch doof.«
    »Der Journalist trägt auch nachts eine Sonnenbrille.«
    »Und die Szene mit dem Typen, der Orgel spielt und dabei die ganze Zeit redet und redet, in der Kirche? Die war am langweiligsten.«
    »Ich habe nicht verstanden, warum dieser Mann sich umgebracht hat.«
    Er sah zu Ubiratan hinüber, doch der schwieg.
    »Er hatte eine schöne Frau …« Eduardo versuchte, die Figur in das Wertesystem einzuordnen, das er kannte. »Er hatte Kinder, Freunde … In seinem Leben lief nichts schief. Oder doch?«
    Wieder sah er zu Ubiratan hinüber, erhielt jedoch keine Antwort.
    »Er hatte doch keinen Grund, sich umzubringen, oder?«
    Die Frage war an niemand Bestimmten gerichtet. Paulo überhörte sie, in Gedanken noch ganz bei den schwindelerregenden Bildern von Anita Ekberg und der Begeisterung über seine erste Erektion. Ubiratan, der verstand, dass die Idee eines selbst gewählten Todes für einen zur Melancholie neigenden Jungen etwas Bedrohliches hatte, sagte nur ernst:
    »Man darf nie, niemals, den Glauben daran verlieren, dass man weitermachen kann. Immer, Eduardo. Immer.«
    Sie waren ganz oben am Hang angelangt und standen nun vor der Städtischen Schule Maria Beatriz Marques Torres.
    »Ich fand es toll, wie der Journalist gelebt hat«, fuhr Paulo begeistert fort. »Ein Cabrio, ein Haufen Freundinnen, Partys ohne Ende, nur arbeiten, wenn man Lust dazu hat, Reisen, wohin man will … Ich glaube, ich werde Journalist.«
    »Und die Medizin?«, unterbrach ihn Eduardo. »Willst du die Medizin einfach so sausen lassen? Hast du die unheilbaren Krankheiten schon vergessen?«
    »Medizin!« Paulo verdrehte die Augen. »Oh Gott!«
    »Was ist?«
    »Die Naturkundearbeit, Eduardo! Die ist morgen!«
    »Ich weiß.«
    »Und ich hab kein bisschen dafür gelernt!«
    Eduardo ging zu Paulo hinüber, zuckte mit den Schultern, wie er es sich bei Ubiratan abgeschaut hatte, und sagte: »Das kriegen wir schon hin.«
    Alle drei lachten. Eduardo war überrascht und dankbar, dass er die anderen zum Lachen gebracht hatte; er hatte nicht gewusst, dass er Sinn für Humor besaß. Als sie ausgelacht hatten, verabschiedete er sich und machte sich auf den Weg nach Hause. Ubiratan und Paulo gingen noch gemeinsam bis zum Stadtgefängnis.
    »Hier muss ich abbiegen.«
    »Mhm«, machte Ubiratan zustimmend.
    »Sehen wir uns morgen?«
    »Mhm.«
    »Und unsere Ermittlungen? Gehen die weiter?«
    »Mhm.«
    »Er hat sich nicht umgebracht, oder?«
    »Morgen reden wir über alles, was heute passiert ist. Geh jetzt nach Hause, Paulo. Es ist schon spät.«
    »In den letzten Tagen haben Sie das um diese Uhrzeit nicht gesagt.«
    »Heute war kein Tag wie die anderen.«
    »Warum reden Sie nie wie alle anderen?«
    »Hm?«
    »Warum antworten Sie nicht auf Fragen wie andere Leute?«
    »Und wie antworten die?«
    »Warum sagen Sie nicht einfach ja oder nein wie alle anderen?«
    »Nicht jede Frage kann mit ja oder nein beantwortet werden, Paulo.«
    »Immer wenn ich was zu Ihnen sage, machen Sie, dass ich an was anderes denke, das weiter vorne liegt.«
    »Das ist gut.«
    »Wieso ist das gut? Mein Kopf steckt dann bloß voller Fragen.«
    »Das ist besser, als wenn er voller Antworten steckt. Gute Nacht, Paulo.«
    »Gute Nacht«, entgegnete er und sah dem weißhaarigen Mann nach, wie er mit langsamen Schritten davonging. Dann warf er einen letzten Blick auf das baufällige Polizeirevier und machte sich auf den Heimweg. Zunächst murrte er noch über die unbezwingbare Welt der Erwachsenen, aber dann kamen ihm die verführerischen Bilder des Films wieder in den Sinn, und eine unerklärliche Freude erfüllte ihn.
    »Was für Titten«, seufzte er in die Nacht hinein.

10
    Josef und

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