Der letzte Winter
Djanali.
»Das haben wir doch längst alles erzählt«, antwortete Linnea Barkner. »Den Namen haben wir schon mal gehört, mehr nicht.«
»Es ist sehr ernst«, sagte Aneta Djanali. »Das kleinste Detail kann wichtig sein. Etwas, das scheinbar nichts zu bedeuten hat, kann sehr viel bedeuten. Wenn Sie also etwas wissen, sagen Sie es bitte.«
Das Paar tauschte zum dritten Mal einen Blick.
»Wir … wollen keinen Klatsch verbreiten oder wie man das nennen soll.«
»Wenn Sie Informationen haben, sind Sie verpflichtet, sie uns zu geben«, sagte Fredrik Halders.
»Es ist nur Klatsch«, sagte Stig Barkner. »Der reinste Klatsch, sonst nichts.«
»Was also?«, fragte Halders etwas lauter.
»Gerüchte, Klatsch.«
»Worüber, verdammt noch mal?«
Das Paar Barkner zuckte zusammen, als hätte Halders sie wieder gestochen.
»Über Peder Holst. Es ging darum, dass er … angeblich hat er vor vielen Jahren mal etwas mit einem Jungen gemacht. Aber das ist nur üble Nachrede. Wirklich furchtbar.«
»Was gemacht?«, fragte Halders.
»Nichts, da war nichts.«
»Was gemacht?!«
Stig Barkner zuckte wieder zusammen.
»Sie brauchen doch nicht so zu schreien«, sagte er.
»Es war dieser Junge, Lentner«, sagte seine Frau. »Aber das ist schon lange her. Daran kann sich keiner mehr genau erinnern. Den Leuten ist es egal.«
»Ist nie erwogen worden, Anzeige zu erstatten?«
»Peder Holst hat etwas mit Erik Lentner gemacht?«, fragte Aneta Djanali.
»Nein. Das war gelogen.«
»Wer hat es dann behauptet? Was ist passiert?«
»Wir wissen es nicht. Fragen Sie Peder. Es muss schrecklich für ihn gewesen sein. Damals. Es gibt keinen Grund, alles wieder aufzurühren. Ich verstehe nicht, warum das wieder ausgegraben werden muss. Haben die Eltern des Jungen etwas gesagt?«
»Nicht dass ich wüsste«, sagte Halders.
»Damals haben sie wohl miteinander verkehrt«, sagte Linnea Barkner. »Das muss ja so gewesen sein. Wir haben hinterher nicht weiter gefragt. Natürlich haben wir nicht darüber geredet.«
»Verkehrt? Haben die Familien Holst und Lentner gesellschaftlich miteinander verkehrt?«
»Ja … vielleicht einige Male, aber dann war es vorbei. Nach … dieser Sache.«
Winter traf Halders und Aneta Djanali auf halber Strecke am Frölunda torg, der Weg war für alle gleich weit, und Winter musste noch Weihnachtsgeschenke besorgen, bevor es zu spät war. In den Einkaufszentren wimmelte es von Menschen, aber es herrschte nicht so ein Wahnsinnsgedränge wie in der Innenstadt.
Sie fanden einen leeren Tisch bei McDonald’s.
»Vor Weihnachten soll man frugal essen«, sagte Halders.
»Ich möchte nichts essen«, sagte Aneta Djanali.
»Niemand möchte etwas essen«, sagte Winter. »Ich hole uns Kaffee.«
»Bring mir einen Big Mac mit«, sagte Halders.
Winter ging schweigend davon. Er musste lange anstehen und wurde ungeduldig. Endlich war er an der Reihe und gab seine Bestellung auf. Halders sah erstaunt aus, als er mit dem Hamburger an den Tisch kam.
»Sag nicht, dass du bloß einen Witz gemacht hast, Fredrik.«
»Nein, nein, du bist ein barmherziger Mensch, Erik.«
Winter setzte sich und nahm einen Schluck Kaffee, der genauso wie im Polizeipräsidium schmeckte. Direkt neben sich hörte er jemanden auflachen. Es war Fredrik. Nein, es war jemand anders.
»So eine Scheißlokalität«, sagte Halders.
»Die sind doch alle gleich«, sagte Winter.
»Ich meine nicht McDonald’s. Ich meine Askim.«
»Was ist mit Askim?«
»Es war fast unwirklich.«
»Wie meinst du das?«
»Ich weiß nicht, was ich meine. Ich habe es nur mit Lunden verglichen. Und Redbergslid. Dort ist das richtige Göteborg, wenn du mich fragst.«
»Niemand fragt dich, Fredrik«, sagte Aneta Djanali.
»Ich habe versucht, das Ehepaar Lentner nach Peder Holst auszufragen.« Winter stellte den Kaffeebecher ab. Den Giftbecher.
Sie hatten sich am Telefon kurz über die Verhöre unterhalten und dann beschlossen, sich auf halbem Wege zu treffen.
»Hast du mehr rausgekriegt als wir?«, fragte Halders. »Ich meine, hast du überhaupt was rausgekriegt?«
»Eigentlich nicht.«
»Warum sind wir dann hier?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Winter. »Sie haben immerhin von sich aus damit angefangen.«
»Wir mussten Barkner förmlich dazu zwingen«, sagte Halders.
»Jedenfalls haben beide geredet«, sagte Aneta Djanali.
»Hat es etwas zu bedeuten?«, fragte Halders.
»Es ist offenbar nie zu einer Anzeige gekommen«, sagte Winter. »So viel habe ich aus
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