Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
zusammen, doch dann schob Vivianne ihrem Bruder lächelnd einen Stuhl hin.
Wie immer staunte Erling darüber, wie ähnlich sie sich sahen. Beide waren blond und hatten blaue Augen und eine geschwungene Oberlippe. Doch während Vivianne energisch und extrovertiert war – Erling fand ihre Ausstrahlung geradezu magnetisch –, wirkte ihr Bruder eher verschlossen und still. Ein typischer Kassenprüfer, hatte er bei seiner ersten Begegnung mit Anders im Ljuset gedacht. Für ihn war das nichts Negatives. Wenn so viel Geld wie hier auf dem Spiel stand, war es beruhigend zu wissen, dass sich ein trockener Zahlenfuchs um die Finanzen kümmerte.
»Hat Mats sich bei dir gemeldet? Erling hat gesagt, er habe ein paar Fragen gehabt.« Vivianne wandte sich an Anders.
»Ja, er ist am Freitagnachmittag kurz vorbeigekommen. Wieso?«
Erling räusperte sich. »Nun, Ende voriger Woche sprach er davon, dass er sich über einige Dinge wundere.«
Anders nickte.
»Er war bei mir, wie gesagt, und wir konnten einige offene Fragen klären.«
»Na dann. Schön, wenn alles seine Ordnung hat«, sagte Erling zufrieden.
V or dem Eingang stand ein älteres Paar und umarmte sich fest. Patrik nahm an, dass es sich um die Eltern des Toten handelte. Sie hatten die Leiche entdeckt und die Polizei benachrichtigt. Er und Paula stiegen aus dem Auto und gingen zu den beiden hinüber.
»Patrik Hedström, Polizei Tanum. Haben Sie bei uns angerufen?«, fragte er, obwohl er die Antwort bereits wusste.
»Ja, wir waren das.« Die Wangen des Mannes waren tränenfeucht.
Seine Frau drückte das Gesicht immer noch an seine Brust.
»Er war unser Sohn.« Sie blickte nicht auf. »Er … da oben …«
»Wir gehen hinauf und sehen uns an, was passiert ist.«
Der Mann machte Anstalten, ihm zu folgen, aber Patrik hielt ihn zurück.
»Ich glaube, es ist am besten, wenn Sie hier warten. Es kommt gleich ein Arzt, der sich um Sie kümmert. Paula bleibt solange bei Ihnen.«
Patrik gab Paula ein Zeichen, die daraufhin das Paar behutsam beiseite führte. Dann ging er durch die Eingangstür und in den ersten Stock, wo eine Tür offen stand. Er brauchte die Wohnung nicht zu betreten, um festzustellen, dass der Mann, der bäuchlings im Flur lag, tot war. In seinem Hinterkopf klaffte ein großes Loch. Längst getrocknetes Blut und Hirnmasse waren auf Boden und Wände gespritzt. Dies war der Schauplatz eines Mords. Es hatte keinen Sinn, irgendetwas zu tun, bevor Torbjörn Ruud und seine Kriminaltechniker die Wohnung untersucht hatten. Er konnte genauso gut hinuntergehen und mit den Eltern des Verstorbenen reden.
Als er wieder unten war, eilte Patrik zu Paula und dem Paar, das mit den inzwischen eingetroffenen Rettungskräften sprach. Die Frau, die immer noch so heftig weinte, dass sie zitterte, war in eine Decke gehüllt worden. Patrik beschloss, mit dem Mann zu reden, der, obwohl er ebenfalls weinte, gefasster wirkte.
»Werden wir da oben gebraucht?« Einer der Sanitäter deutete mit dem Kinn auf das mehrstöckige Haus.
Patrik schüttelte den Kopf.
»Das dauert noch eine ganze Weile. Die Techniker sind unterwegs.«
Eine Zeitlang war es still. Nur das herzzerreißende Weinen der Frau war zu hören. Patrik ging zu ihrem Mann.
»Dürfte ich ein paar Worte mit Ihnen wechseln?«
»Wir wollen, so gut es geht, mithelfen, aber wir können einfach nicht verstehen, wer …« Die Stimme des Mannes überschlug sich. Trotzdem folgte der Mann Patrik zum Polizeiauto, nachdem er einen Blick auf seine Frau geworfen hatte. Sie schien überhaupt nicht wahrzunehmen, was um sie herum passierte.
Sie setzten sich auf die Rückbank.
»Auf der Tür stand Mats Sverin. Ist das Ihr Sohn?«
»Ja. Allerdings haben wir ihn Matte genannt.«
»Und Sie heißen?« Patrik machte sich, während er sprach, Notizen.
»Gunnar Sverin. Meine Frau heißt Signe. Aber warum …?«
Patrik legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm.
»Wir geben unser Bestes, um denjenigen zu finden, der das getan hat. Glauben Sie, dass Sie in der Lage sind, mir ein paar Fragen zu beantworten?«
Gunnar nickte.
»Wann haben Sie Ihren Sohn zuletzt gesehen?«
»Donnerstagabend. Er war bei uns zum Abendessen. Seit er wieder in Fjällbacka wohnt, kommt er oft zum Essen.«
»Um welche Uhrzeit ist er denn am Donnerstag wieder gegangen?«
»Er ist kurz nach neun mit dem Auto nach Hause gefahren, glaube ich.«
»Haben Sie seitdem von ihm gehört? Vielleicht telefonisch oder so?«
»Nein, nichts. Signe war sehr besorgt und
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