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Der Leuchtturmwärter: Roman (German Edition)

Der Leuchtturmwärter: Roman (German Edition)

Titel: Der Leuchtturmwärter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanette Winterson
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keine Waise gewesen wäre, hätte ich niemals Pew kennen gelernt.«
    »Was hätte das schon für einen Unterschied gemacht?«
    »Den Unterschied, den die Liebe macht.«
    Miss Pinch schwieg. Sie erhob sich aus dem einzigen bequemen Sessel, in dem sie immer saß, wenn sie uns besuchte, und fegte die Wendeltreppe hinunter wie ein Hagelsturm. Pewblickte auf, als er sie gehen hörte – Absätze mit Metallkappen, klimpernder Schlüsselbund, den Regenschirmstock in jede steinerne Stufe gebohrt, bis sie türenknallend und mit klapperndem Fahrrad über die Mole verschwand.
    »Du hast sie beleidigt«, sagte Pew.
    »Ich habe sie beleidigt, indem ich auf der Welt bin.«
    »Das kann man dir nun wirklich nicht vorwerfen. Kein Kind kann etwas dafür, auf die Welt zu kommen.«
    »Ist das ein Unglück?«
    »Du musst dein Leben nicht bereuen, Kind. Es wird schneller vorbei sein, als du denkst.«
     
    Pew stand auf, um fürs Feuer zu sorgen. Wenn die Männer mit den Computern kämen, um das Feuer zu automatisieren, würde es, wie gehabt, alle vier Sekunden aufblitzen, aber niemand würde da sein, der dafür sorgte, und niemand würde Geschichten erzählen. Auf den vorbeifahrenden Schiffen würde niemand mehr sagen: »Da wohnt der alte Pew und lügt das Blaue vom Himmel runter mit seinen Geschichten.«
    Nimmt man das Leben weg, bleibt nur noch die Muschel übrig.
    Ich ging nach unten und legte mich in mein achtbeiniges Bett. Immer wenn ich ein Stück gewachsen war, klebten wir einfach eine Verlängerung an das vorhandene Bett, und so waren aus vier Beinen sechs geworden und kürzlich aus sechs Beinen acht. Mein Hund hatte immer noch seine vier Beine.
    Ausgestreckt lag ich da und betrachtete den einzigen Stern, der durch das winzige Zimmerfenster zu sehen war.
Die Punkte verbinden
. Wie soll das gehen, wenn die Verbindungen unterbrochen sind?
    »Das ist deine Aufgabe«, hatte Pew gesagt. »Leuchtfeuer wie dieses verbinden die ganze Welt.«

Erzähl mir eine Geschichte, Pew.
    Welche Geschichte, Kind?
    Eine, die wieder von vorne anfängt.
    Das ist die Geschichte des Lebens.
    Aber ist es auch die Geschichte meines Lebens?
    Nur dann, wenn du sie erzählst.

EIN ORT VOR DER SINTFLUT

Dark ging mit seinem Hund den Steilpfad entlang,
    als der Hund in einem Wirbel aus Fell und lautem Gebell davonstürzte. Er brüllte dem Hund etwas zu, doch der Hund hatte eine Möwe im Visier. Der Mann war wütend. Er wollte sich auf das Problem in seinem Kopf konzentrieren: auf die Sonntagspredigt für Pfingsten.
    Plötzlich war der Hund verschwunden, und er hörte ihn in der Ferne jaulen. Er spürte, dass irgendetwas nicht in Ordnung war, und rannte die Landzunge entlang, stapfte in seinen Stiefeln über den steinernen Grund.
    Der Hund war über die Klippe gestürzt und etwa sechs Meter tief gefallen, bis ein Vorsprung ihn aufgefangen hatte. Er winselte jämmerlich und reckte die Pfote. Der Mann sah hin; es schien kein Weg hinunterzuführen als durch einen Fall. Er konnte nicht hinunterklettern, und er konnte den Hund nicht hochziehen.
    Er befahl dem Hund Bleib! – der Hund hatte auch kaum eine andere Wahl, doch der Befehl stiftete in dem Chaos eine Art Ordnung. Er machte dem Hund klar, dass sein Herr noch immer Herr der Lage war. Er half dem Mann zu glauben, er sei noch immer Herr der Lage.
    »Bleib!«, brüllte er. »Platz!« Leise winselnd mit seiner verletzten Pfote gehorchte der Hund, und der Mann machte sich raschen Schrittes zum Pfarrhaus auf, um ein Seil zu besorgen.
    Zu Hause war niemand zu sehen. Seine Frau war nicht da. Sein Sohn war in der Schule. Die Köchin schlief noch, bis der Bischof zum Essen eintraf. Er war froh, dass er keine Erklärungen liefern, sich nicht aufzuregen brauchte. Geteiltes Problem war doppeltes Problem, dachte er. Die Leute wollten behilflich sein, mischten sich aber immer nur ein. Ärger hielt man besser unter Verschluss wie einen tollwütigen Hund. Dann fiel ihm sein Hund wieder ein, und er verdrängte die anderen, verzwickteren Gedanken. Es waren seine Gedanken. Niemals würde er sie jemanden anvertrauen. Er würde sein Geheimnis für sich behalten.
    Er fand das Seil im Wagenschuppen. Er schlang es sich über die Schulter. Er warf einen schweren Metallstift und einen Holzhammer in seinen Sack und nahm ein Ponyhalfter, um den Hund daran hochzuziehen. Dann lief er zurück, ganz auf die bevorstehende Aufgabe konzentriert, um die ausfasernden Gedanken zu bändigen, die ihn inzwischen fast immer beherrschten. Er hatte oft

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