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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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Schule gelegentlich gemacht hat. Sie stehen im Dunkel, sie sind, wie Blake oder irgend so ein Klugscheißer gesagt hat, geboren zu endloser Nacht. Mitleid kostet nichts, Mike, und es ist eine ganze Ecke erbaulicher als all das Geschrei nach Auspeitschen und Hängen und Kastrieren und all so was.«
    »Ich schreie nicht, Sir. Ich glaube nur schlicht und einfach an die Kultivierung der Selbstdisziplin. Und mein Mitleid gilt der Mutter und diesem bedauernswerten Kind.«
    »Gut, aber die Beschaffenheit von Mitleid hat nichts Undurchlässiges. Das Schlimme an Ihnen ist, daß Sie so ein verstopftes Sieb sind und Ihr Mitleid durch ein paar armselige kleine Löcher kleckert. Abgesehen davon, keiner dieser erbärmlichen Außenseiter war gestern in der Nähe von Mill Lane, und ich kann mir keinen von ihnen in einem roten Jaguar vorstellen.«
     
    Wenn man zehn Monate kein einziges Mal abends aus gewesen ist, kann einem die Aussicht auf einen Kinobesuch in Begleitung seines Schwagers und zweier Kinder wie ein Ausflug ins süße Leben vorkommen. Grace Woodville ging um drei zum Friseur, und als sie herauskam, fühlte sie sich fröhlicher als an dem Tag, als Pat sie zum erstenmal von sich aus geküßt hatte. Im Schaufenster von Morans lag ein hübscher goldbrauner Pullover, und Grace, die sich seit Monaten nichts zum Anziehen gekauft hatte, beschloß spontan, ihn zu erstehen.
    Mike sollte ein besonderes Essen bekommen heute, Curryhähnchen. Jean hatte es nie gekocht, weil sie es nicht mochte, aber Mike und die Kinder mochten es. Sie kaufte ein Hähnchen, und als John und Pat nach Hause kamen, war das Haus erfüllt vom würzigen Duft nach Curry und süß-saurer Ananas.
    Um sechs hatte sie den Tisch gedeckt und den neuen Pullover angezogen. Kurz vor sieben saßen sie alle im Wohnzimmer, aufgeputzt und ziemlich unsicher, eher wie Leute, die darauf warten, zu einer Party abgeholt zu werden, als wie eine Familie kurz vor einem Gang ins örtliche Kino.
     
    Die Telefonanrufe hatten eingesetzt. Sie erreichten das Polizeirevier von Kingsmarkham nicht nur aus der näheren Umgebung, nicht nur aus Sussex, sondern aus Birmingham und Newcastle und dem Norden Schottlands. Alle Anrufer behaupteten, John Lawrence allein oder mit einem Mann oder mit zwei Männern oder zwei Frauen gesehen zu haben. Eine Frau aus Carlisle hatte ihn, wie sie angab, zusammen mit Stella Rivers gesehen; ein Ladenbesitzer aus Cardiff hatte ihm ein Eis verkauft. Ein Lastwagenfahrer hatte ihn und seinen Begleiter, einen älteren Mann, nach Grantham mitgenommen. All diese Aussagen mußten überprüft werden, obwohl sie alle wenig fundiert schienen.
    Die Leute strömten ins Revier mit Geschichten von verdächtigen Personen und Autos, die sie angeblich in Mill Lane beobachtet haben wollten. Inzwischen waren nicht nur rote Jaguars verdächtig, sondern schwarze und grüne ebenso wie schwarze und dreirädrige Lieferwagen. Und in der Zwischenzeit ging die mühselige Suche weiter. Ohne Pause im Einsatz setzte Wexfords Mannschaft ihre systematische Von-Haus-zu-Haus-Ermittlungsarbeit fort, wobei insbesondere jede männliche Person über sechzehn befragt wurde.
    Fünf Minuten vor sieben stand Burden vor dem Olive and Dove Hotel in Kingsmarkham High Street, gegenüber dem Kino, und die Verabredung mit Grace und den Kindern fiel ihm ein. Gleichzeitig erinnerte er sich daran, daß er sich erkundigen mußte, wie es Gemma Lawrence ging, bevor er Feierabend machte.
    Die Telefonzelle vor dem Hotel war besetzt, und eine kleine Schlange von Leuten stand noch davor. Bis die alle fertig waren, überlegte Burden, wären gut zehn Minuten vergangen. Er schaute noch einmal zum Kino hinüber und sah, daß zwar die Vorstellung um halb acht anfing, der Hauptfilm aber erst eine Stunde später. Also nicht nötig, Grace anzurufen, wo er doch ganz leicht eben nach Stowerton rüberfahren und sich erkundigen konnte, wie die Dinge bei Mrs. Lawrence standen, und dann Viertel vor acht zu Hause sein konnte. Grace würde nicht erwarten, daß er pünktlich war. Sie kannte das schon. Und bestimmt wollten nicht mal seine beiden sich einen Vorfilm über »Touring in East Anglia«, die Wochenschau und all die anderen Anhängsel ansehen.
    Diesmal stand die Eingangstür nicht offen. Die Straße war leer, beinah jedes Haus hell erleuchtet. In jeder Hinsicht erschien es, als sei gestern nichts geschehen, was den Frieden dieser ruhigen, ländlichen Straße stören könnte. Das Leben ging weiter, Männer und Frauen lachten

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