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Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Titel: Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbot
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und las das Vernehmungsprotokoll einer jungen Frau: »Ich bin mit meinem Freund gestern Abend im Wald bei Osterath gewesen. Dort sind wir von zwei Männern überfallen worden. Der eine Kerl hat meinem Freund mit der Taschenlampe ins Gesicht geleuchtet und gesagt: ›Brieftasche raus, und keine Zicken!‹ Ich bin vor lauter Angst sofort weggelaufen. Dann habe ich noch gehört, wie der Mann mit der Taschenlampe gesagt hat: ›Los, hinterher, mach die Schlampe kalt.‹ Ich hatte Todesangst und bin um mein Leben gerannt. Der Mann hat mich kurze Zeit später eingeholt, weil ich in der Dunkelheit über einen Baumstumpf gestürzt bin. Das war kurz vor einem Bach. Ich habe laut geschrien. Als der Mann über mir war, hat er gesagt: ›Sei still, ich tu dir ja nichts.‹ Ich habe gedacht, der will nur, daß ich aufhöre zu schreien. Dann habe ich die Pistole in seiner Hand gesehen. Plötzlich war von der Straße her ein Mofa zu hören. Es kam näher. Der Mann ist dann einfach weggelaufen.«
    Bei dem Opfer dieses »versuchten Raubüberfalls« handelte es sich um die 22-jährige Bettina Flachskamp aus dem linksrheinischen Örtchen Strümp. Tatzeit: 4. Mai 1956, 22.35 Uhr. Auch ihr Freund hatte eine Aussage gemacht: » (…) Das ging alles sehr schnell. Der eine Mann hat mir ständig mit einer Taschenlampe ins Gesicht geleuchtet. Ich konnte kaum etwas erkennen, weil ich geblendet wurde. Er wollte meine Brieftasche haben. Ich hatte aber keine dabei, auch kein Geld. Der Mann stand die ganze Zeit vor mir, während der andere hinter meiner Freundin hergelaufen ist. Der Kerl hat mit mir kein Wort gesprochen, er stand einfach nur da und hielt seine Pistole in Richtung meines Kopfes. Es hat nicht lange gedauert, vielleicht zwei oder drei Minuten, da kam der andere Mann angerannt und rief: ›Weg hier, da kommt einer!‹ Und dann sind die beiden Männer verschwunden.«
    Pöllinger erkannte mehrere Parallelen zu den Doppelmorden: Überfallen worden war im Schutz der Dunkelheit ein Liebespärchen an abgelegener Stelle, und die Tat hatte sich nur dreieinhalb Kilometer von jener Strohmiete entfernt ereignet, unter der die Leichen von Helga Kortmann und Peter Seiffert gefunden worden waren. Allerdings hatten die maskierten Täter die Opfer mit Schusswaffen lediglich bedroht, und als Motiv vermutete der Kriminalist »eindeutig Raub, ohne Sexualaspekt«. Weil überdies ein Auto keine Rolle gespielt hatte, verwarf Pöllinger die Hypothese, der Raubüberfall könne mit den Morden in Zusammenhang stehen.
    Mittlerweile trat die Kommission auf der Stelle. Die »örtlichen Sittentäter« waren allesamt erfolglos überprüft worden, aus der Bevölkerung kamen nur noch sporadisch ernst zu nehmende Hinweise, sämtliche »Hauptspuren« hatten ins Nichts geführt. Pöllinger musste nach neuen Wegen suchen, um dem Täter auf die Schliche zu kommen. Er vermutete, dass der Gesuchte bereits überprüft und aktenkundig gemacht worden war – entweder im Zuge der aktuellen Ermittlungen oder früher. In irgendeiner Akte, in irgendeiner Kartei stand der Name des Mörders. Nur war es den Fahndern bisher nicht gelungen, sein Profil so zu verfeinern, um ihn aus der grauen Masse der »üblichen Verdächtigen« herauszupicken.
    Pöllinger bildete deshalb eine Arbeitsgruppe, die den Tatverlauf beider Doppelmorde nochmals rekonstruieren sollte. Das Ziel: Neben den Merkmalen, die das Fahndungsraster »Sittentäter« bereits vorsah, sollten weitere Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale gefunden werden. Nach einwöchiger Analyse des Aktenmaterials lag ein Ergebnis vor:
    »Täterprognose
zwischen 20 und 30 Jahre alt (dem Alter der Opfer entsprechend)
lebt allein (Tatzeiten zur Nachtzeit; würde sich sonst innerhalb einer Familie oder einer Beziehung verdächtig machen)
berufstätig (Täter agiert nachts; arbeitet wahrscheinlich tagsüber)
routinierter Autofahrer mit Ortskenntnissen (Nachtfahrten in unwegsamem Gelände)
geringes oder mittleres Einkommen (Berufstätigkeit; Haß auf gut situierte Liebespaare – Auto als Prestigeobjekt – ; vermutlich sozial unterprivilegiert)
intelligent (planvolles Vorgehen; läßt keine Gegenstände liegen, die ihn später identifizieren könnten; kaum verwertbare Spuren; Leichenbeseitigung)
sozial unauffällig (keine Hinweise aus seinem Umfeld)
geschieden oder Beziehung kürzlich beendet (Haß auf Liebespaare könnte aus vorheriger Verbindung herrühren, die als besonders negativ empfunden wurde).«
    Diese Merkmale waren bei den

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