Der Liebespakt
ihre Mutter den Jungen mit ihrer sanften, klaren Stimme in den Schlaf sang.
Während sie allein war und sich das Haar bürstete, dachte Caroline über David nach, den sie sehr aufdringlich fand. Der erste Eindruck, den er auf sie gemacht hatte, war nicht positiv. Dennoch hoffte sie, sie würde ihn noch schätzen lernen, da Magnus offenbar sehr viel von ihm hielt. Die Dienerschaft, der man sie in Hawking Park vorgestellt hatte, war hingegen wohlerzogen und höflich zu ihr gewesen. Alle hatten ein respektvolles Lächeln für sie übrig gehabt. Ja, sie war sehr zufrieden mit dem, was sie von Hawking Park gesehen hatte. Das Haus selbst war prachtvoll, und besonders ihr Zimmer hatte ihr ausnehmend gut gefallen.
Die meisten ihrer Gedanken galten jedoch dem Mann, den sie Magnus nennen sollte. Sie sah ihn immer noch vor sich, wie er seinen Suppenteller und das Wasserglas herübergebracht hatte, um bei ihr zu sitzen. Wie er sie stolz durch das Heim seiner Vorfahren geführt hatte. Oder als Silhouette gegen den Himmel, als er den Garten betrachtete, der ihm so viel bedeutete und den er nie mehr in seiner
ganzen Pracht sehen würde.
Trauer stieg in ihr auf. Als ihre Mutter ins Zimmer kam, fragte sie diese: „Meinst du, ich tue etwas Schreckliches?"
Mrs Wembly schien überrascht. „Warum, mein Kind?"
„Weil ich aus der Tragödie des Earl Gewinn schlage? Es erscheint mir falsch."
Audrae kam langsam an ihr Bett. Seufzend setzte sie sich. „Der Earl of Rutherford wird sterben. Sein Schicksal ist tragisch, ob mit dir oder ohne dich." Als Caroline sich aufsetzte, nahm sie ihre Hand. „Du weißt, dass ich auch meine Zweifel habe, was diese Verbindung angeht, aber meine Zweifel sind andere, nämlich, ob diese Heirat wirklich das Richtige für dich ist. Was den Earl betrifft, wirst du für ihn ein Segen sein, denn du ermöglichst ihm, dass er nicht ohne Erben stirbt."
„Ich weiß", wisperte Caroline.
Audrae nickte und tätschelte ihre Hand. „Du bist ein gutes Mädchen, Caroline. Und klug. Viel klüger, als ich es in deinem Alter war. Ich habe deinen Vater geheiratet, weil ich Begehren mit Liebe verwechselte und dachte, ich würde ohnehin schon alles kennen, was die Welt mir zu bieten hatte. Oh ja, ich habe ihn geliebt. Er war so gut aussehend, so galant, als ich ihn kennenlernte. Was für eine unglaubliche Närrin ich doch war. Das Herz sieht die Fehler eines geliebten Menschen nicht. Doch die Liebe verblasst irgendwann, und die Fehler bleiben.
Vergib mir, wenn ich so schlecht über deinen toten Vater spreche, aber ich habe es schon nach dem ersten halben Jahr unserer Ehe bereut, ihn geheiratet zu haben." „Ach, Mama. Es tut mir so leid." Caroline wusste sehr wohl, dass ihre Mutter mit Louis Wembly nicht glücklich gewesen war, aber nie zuvor hatte sie das so offen ausgesprochen.
„Ich sage dir das nicht, damit du mich bemitleidest, sondern damit dir bewusst wird, dass du es viel schlimmer hättest treffen können, als aus praktischen Erwägungen heraus diesen todkranken Earl zu heiraten und einem heiß ersehnten Kind das Leben zu schenken. Die Vernunft ist oftmals ein besserer Ratgeber als das Herz, insbesondere wenn es um die Ehe geht. Der Herr vergebe mir, aber ich bin dankbar, dass er Louis so früh zu sich geholt hat. Er wurde mit jedem Tag unerträglicher. Und er hatte andere Frauen. Ich habe es dir bis jetzt verschwiegen, doch er hatte neben seiner rechtmäßigen Ehefrau eine ganze Reihe von Geliebten."
Caroline erbleichte. „Wie konnte er es nur wagen, einen Penny auf andere Frauen zu verwenden, während seine eigene Familie Not litt?" Nur zu gut erinnerte sie sich daran, wie schwierig es für ihre Mutter zu Lebzeiten ihres Vaters gewesen war, genug Geld von ihm für James' Medizin und die Bezahlung der Dienstboten zu erhalten.
Ihre Mutter zuckte traurig die Schultern. „Was soll ich sagen? Ihm lag sein eigenes Wohl stets mehr am Herzen als das anderer. Keine Schandtat würde mich bei diesem Mann überrascht haben."
Die letzte Bemerkung traf Caroline tief. Besorgt sah sie ihre Mutter an und fragte sich, ob diese mit ihren Worten etwas Bestimmtes hatte andeuten wollen. Wusste
sie davon?
Doch Audrae fuhr fort: „Ich billige deine Entscheidung also aus ganzem Herzen, denn sicher ist, dass dein Witwendasein Wohlstand und Freiheit für dich und uns bedeuten wird. Du hättest dein eigenes Leben."
Caroline beruhigte sich wieder, als sie feststellte, dass ihre Mutter nicht auf etwas Bestimmtes angespielt
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