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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Navin
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über Weihnachtsbräuche die Aufmerksamkeit seiner Verwandten auf sich. Schließlich legte
    der Earl seine Zeitung beiseite, und die beiden Männer begannen damit, Geschäftsangelegenheiten zu erörtern. So konnte Caroline sich fast unbemerkt in den Salon von Magnus' Mutter davonstehlen, nachdem sie ihr aus Räucherheringen und Rührei bestehendes Morgenmahl beendet hatte.
    Sie nahm allen Mut zusammen, schloss die Tür zum Salon und sah sich darin um. Die Schäferin aus Meissener Porzellan stand an ihrem Platz, ebenso die chinesische Figurine. Die Waterford-Schüssel jedoch war nirgends zu sehen.
    Verwundert runzelte sie die Stirn und erinnerte sich, dass Magnus gesagt hatte, er hasse diese Schüssel - vielleicht hatte er sie entfernen lassen. Aber das war nicht wichtig, da sie sowieso zu groß und unhandlich für ihre Zwecke gewesen wäre. Stattdessen nahm sie die Meissener Porzellanschäfexin.
    In ihrem Zimmer versteckte sie die Figurine in der Kommode und schrieb eine kurze Note an den Händler, dem sie auch ihre Halskette verkauft hatte. Dann versiegelte sie ihr Schreiben und klingelte nach einem Boten, der es auf den Weg bringen sollte. Unglücklich saß Caroline an ihrem Schreibtisch und fragte sich, was Magnus wohl tun würde, wenn er jemals herausbekam, dass sie ihn bestahl.
    Der Weihnachtsabend auf Hawking Park begann mit einer Versammlung der Hausangestellten.
    Magnus gab jedem von ihnen einen Umschlag mit Geld und ließ sich beim Überreichen Zeit, allen Dank für die geleisteten Dienste zu sagen. Vor seiner Erkrankung hatte er nie groß darüber nachgedacht, wie loyal und effizient seine Dienerschaft war. Wieder einmal traf ihn der Gedanke wie ein Keulenschlag, was für ein gedankenloser Narr er doch all die vergangenen Jahre über gewesen war. Während Arthur stoisch seinen Umschlag und die Dankesworte entgegennahm, die Magnus mit rauer Stimme äußerte, schniefte Mrs Bronson laut und vergoss bei seinem von Herzen kommenden Lob für ihre Kochkünste ein paar Tränen. Der Earl war gerührt. Wahrscheinlich würde er kein anderes Weihnachtsfest mehr erleben, und es war gut, dass er zumindest angedeutet hatte, was ihm diese Menschen, mit denen er schon so lange Jahre zusammenlebte, bedeuteten.
    Dann zog sich die Dienerschaft zum Festmahl in ihren Speiseraum zurück, und Caroline, Magnus und David machten es sich in dem festlich geschmückten Saal gemütlich, wo Hunderte von Kerzen von den Kristalllüstern und Kerzenhaltern einen goldenen Schimmer verbreiteten und die Kristallanhänger im Weihnachtsbaum zum Glitzern brachten. Die kalte Pracht des Raumes wirkte an diesem Abend weniger abweisend als sonst, und mit ungewohnter Zufriedenheit setzte sich Magnus neben Caroline, um David zuzuhören, der am Pianoforte weihnachtliche Weisen anstimmte. Auch um die Lippen seiner Frau spielte beim Klang von „Adeste fide-les" ein befriedigtes Lächeln. Sie blickte verträumt zu ihm hinüber, als er sie ansah, und lächelte ihm zärtlich zu. Ein Schauer der Glückseligkeit lief über seinen Rücken. Wer hätte gedacht, dass ein Schurke wie er so viel Gefallen an einem Lächeln finden könnte?
    Er war sich sehr wohl bewusst, dass er seine Frau trotz aller Versuche, eine gewisse Distanz zu ihr zu halten, von Tag zu Tag mehr liebte und sich mit seinen Gefühlen mittlerweile auf ihm unbekanntem Grund bewegte. Dennoch kümmerte ihn das nicht - ja, er, der sein Herz seit der Nacht vor langen Jahren, als eine verderbte Gräfin seine zarte Unschuld zerstört hatte, so eifersüchtig bewacht hatte, fand das Eheleben entschieden unterhaltsam.
    Während David spielte, ließ Magnus seine Blicke durch den Raum schweifen. Es wirkte, als wäre die Heiterkeit, die unter seiner Mutter in diesem Saal spürbar gewesen war, wieder in Hawking Park eingekehrt. Dabei war der einzige Unterschied zwischen dem Weihnachtsfest in diesem und im letzten Jahr, dass Caroline an seiner Seite saß und eine große Föhre neben dem Kamin wie mit Kristallen besetzt funkelte.
    Dieser Anblick erinnerte ihn an etwas. Stirnrunzelnd beugte er sich zu Caroline und flüsterte: „Du hast das Halsband, das ich dir geschenkt habe, noch nie getragen. Wäre heute nicht der richtige Anlass dafür gewesen?"
    Ihre Lider senkten sich und beschirmten ihre veilchenblauen Augen. Leise antwortete sie: „Ich habe dein Geschenk nicht vergessen. Ich bin nur nicht daran gewöhnt, Schmuck zu tragen - schon gar nicht so großartigen."
    Von draußen drang fröhliches Stimmengewirr

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