Der Liebespakt
hatte.
Gepeinigt von plötzlichem Verlangen rutschte er auf seiner Sitzbank hin und her und beobachtete jede ihrer Bewegungen. Sie sah unverwandt aus dem Fenster und seufzte wieder. „Oh, das wird noch ewig dauern", klagte sie.
„Möchtest du lieber zu Fuß gehen? Soll ich Donald sagen, er möge anhalten?", fragte er zynisch.
„Das wäre wohl nicht angebracht, oder?" Sie kicherte und überhörte den leicht tadelnden Ton in seiner Stimme.
Endlich kamen sie an der breiten Eingangstreppe an. Magnus stieg aus dem Wagen und half Caroline beim Aussteigen. Doch spürte er in diesem Moment nichts von der Befriedigung, die er sich ausgemalt hatte, wenn er daran gedacht hatte, welchen Aufruhr der Anblick seiner Frau in der Londoner Gesellschaft verursachen würde. Nun brachte er kaum ein Nicken zu Stande für die Leute, die ihren Hut vor ihnen zogen.
Caroline war so perfekt in ihrer Rolle, wie er angenommen hatte, war würdevoll, aber nicht abweisend, extrover-tiert und dennoch zurückhaltend. Geblendet von ihrer Anmut und Schönheit blieben die Leute mit offenen Mündern stehen, während sie nach oben gingen, um ihre Sitzplätze im ersten Rang einzunehmen. Bald hob sich der Vorhang.
Stocksteif in ihrem Sessel sitzend, ließ sich Caroline vom Drama, das sich auf der Bühne entfaltete, gefangen nehmen. Als Magnus beobachtete, mit welcher Hingabe sie das Geschehen auf der Bühne verfolgte und dass sie während der traurigen Arien der Heldin erzitterte, wuchsen Schmerz und Verlangen in ihm. In der Pause entschuldigte er sich und ging allein in das Vestibül.
Er musste durchatmen. Und er brauchte etwas zu trinken.
Wäre er weniger mit sich selbst beschäftigt gewesen, hätte er den vierschrötigen Mann bemerkt, der in der Nähe des Vestibüls an einer Säule lehnte.
„Rutherford? Du bist nicht tot?"
Die Stimme klang vage vertraut, und Magnus musste nicht aufblicken, um zu wissen, wer der Fragesteller war. „Noch nicht!"
„Unkraut verdirbt nicht, eh? Wie ärgerlich."
Mit verächtlichen Blicken musterte der Earl Mr Cannon. Der war ein arroganter, dummer Taugenichts, der beim Kartenspiel gern betrog und zusätzlich ein schlechter Verlierer war. Vor einigen Jahren hatte er Frederick Cannon um einen eleganten Schoner gebracht - bei einem Pokerspiel in einem der anrüchigsten Spielhöllen Londons. In derselben Nacht war er auch mit einer Frau zusammen gewesen, die Cannon gern gehabt hätte. Seitdem machte Cannon kein Geheimnis aus seiner Abneigung gegen ihn und griff ihn an, wo er nur konnte. Magnus wunderte sich, dass der Mann nicht davon abließ, denn er schien sich dadurch nur tiefer ins Elend zu stürzen. Nach mehreren Versuchen, sein Schiff am Kartentisch von Magnus zurückzugewinnen, hatte Cannon sein Schiff hoch verschuldet aufgeben müssen.
„Nun", erwiderte Magnus, „du kannst halb London zu einem Leichenschmaus einladen, wenn es so weit ist. Aber wenn du nicht selbst etwas dazu tun möchtest, wirst du wohl noch warten müssen."
Frederick Cannon starrte ihn wütend an. Er hatte auffallend herausragende Wangenknochen, knochige Schultern und eine spitze, lange Nase. „Oh, ich kann warten."
„Das ist mir aber eine Erleichterung", knurrte Magnus absichtlich gelangweilt. „Ich möchte nämlich gern noch den zweiten Akt sehen."
Er ließ seinen Feind stehen, besorgte sich ein Glas Schaumwein und ging durch die hohen, überwölbten Flure nach draußen auf die Straße. Es war eine kalte Nacht, und wieder waberte Nebel in der Luft.
Doch die Kälte half ihm nicht, einen klaren Kopf zu bekommen, ebenso wenig der Alkohol.
Als die Pause fast vorüber war, ging Magnus langsam nach oben zu seinem Logenplatz.
Doch als er den Vorhang zur Loge zurückzog, saß ein fremder Mann in seinem Sessel.
19. KAPITEL
Überrascht sah Caroline auf und erhob sich. Magnus' Augen funkelten wütend. Der Fremde stand ebenfalls auf und machte einen Schritt auf ihn zu.
„Magnus, ich habe zufällig einen alten Freund getroffen. Darf ich dir Lord William Linny vorstellen?", stellte Caroline den Fremden vor.
Lord Linny verneigte sich höflich. „Euer Lordschaft?"
Der Earl erwiderte die Begrüßung nicht und ignorierte den jungen Mann. Zornig fragte er seine Frau: „Wie kannst du zufällig einen alten Freund treffen, wenn du in deiner Loge sitzt?"
„Ich bin mir sicher, dass die Countess das eher bildlich meinte", warf Lord Linny ein. „Aber ich kenne Caroline - ich meine die Countess, Ihre Gemahlin ... " Er begann, sich unter
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