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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Navin
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sie doch den Kummer in seinen Augen sehen. Er hatte sich von ihr zurückgezogen, sie missachtet und beleidigt, nicht weil er grausam oder weil er ihrer müde war, sondern weil er von seiner Entdeckung gequält wurde.
    Die Hoffnung, die aufgrund dieser Beobachtung kurz in ihr aufkeimte, wurde in Sekundenschnelle im Keim erstickt. Wie sehr er sie auch gemocht hatte, wie sein verändertes Verhalten auch auf verwundeten Stolz und nicht verändertes Interesse zurückgeführt werden konnte - sie hatte ihn getäuscht. Sie hatte ihn bestohlen, sie hatte ihn darüber hinaus angelogen - und ein Mann wie Magnus würde ihr das nie vergeben. Dessen war sie sich sicher.
    „Ja, ich möchte es dir erklären", sagte sie leise. „Und ich werde am Anfang beginnen. Was ich dir sage, kannst du leicht nachprüfen lassen. Mein Geständnis ist die reine Wahrheit."
    „Wenn du bitte entschuldigst, aber ich werde mich darauf nicht verlassen." „Natürlich", sagte sie und war doch verletzt. Dann begann sie: „Ich habe mich bei dir als Heiratskandidatin beworben, weil ich dringend Geld brauchte. Doch das weißt du schon,
    so wie du weißt, dass ich arm war. Aber für dich ist Armut nur ein Wort, Magnus, ein Wort, das etwas Unangenehmes bedeutet, aber dessen Bedeutung für dich nicht real ist. Gelebte Armut ist das reinste Grauen. Grauen, weil du selten genug zu essen hast, Grauen, weil du in einem Stadtteil leben musst, in dem schreckliche Verbrechen begangen werden, und Grauen, weil du weißt, dass dein kleiner Bruder sterben wird, weil kein Geld da ist, um Arzneien zu kaufen."
    Der letzte Teil dessen, was sie gesagt hatte, schien seine Fassade aus kalter Verachtung zu durchbrechen. Er neigte den Kopf und kniff die Augen skeptisch zusammen.
    Sie fuhr fort: „Du hast James, meinen kleinen, kranken Bruder, nie kennengelernt. Er hat Tuberkulose. Als wir noch in London wohnten, besaß er kaum genug Kraft, um aus dem Bett zu klettern. Im Barrister's Ordinary ging es ihm bald besser, und sein Arzt sagte, das komme von der Landluft und der neuen Medizin, die wir ihm kaufen konnten. Dafür habe ich meinen Lohn ausgegeben, Magnus, für Arzthonorare und Arzneien. Und als der Doktor sah, wie gut mein Bruder auf die neue Behandlung ansprach, meinte er, dass James sich in einem Sanatorium vielleicht sogar ganz erholen könnte. Die Preise für den Aufenthalt in einer Lungenheilanstalt sind exorbitant. Wir brauchten also noch mehr Geld, und deswegen verkaufte ich zunächst das Halsband. Sobald James in der Schweiz im Sanatorium war, stiegen die Ausgaben permanent. Um meine Entlohnung aufzustocken, um zu versuchen, die
    Behandlungskosten so lange wie möglich zahlen zu können, habe ich ... habe ich gestohlen. Ich habe die Meissener Dame und die Kristallleuchter entwendet und verkauft. Gott möge mir verzeihen!"
    Ein verzweifeltes Stöhnen entrang sich ihrer Brust, und sie barg das Gesicht in den Händen.
    Magnus rührte sich nicht. „Wir wollen den Diebstahl jetzt einmal beiseite lassen", sagte er nach einiger Zeit. „Fürs Erste. In diesem Moment interessiert mich eigentlich nur, warum du mir nicht einfach die Lage deines Bruders geschildert und mich um Geld für seine Behandlung gebeten hast. Warum, Caroline?"
    Sie schluckte schwer. „Am Anfang hielt ich James und seine Krankheit vor dir geheim, aus Angst, du würdest mich
    nicht heiraten, wenn du von ihm wüsstest. Ich dachte, du würdest denken, ich könnte mich nicht voll auf dich einlassen, und mich deshalb nicht auswählen. Und ich befürchtete, du könntest seine Krankheit als familiären Makel ansehen."
    Für einen Moment sah er sehr zornig aus, so als hätte sie ihn schwer beleidigt. „So dachtest du von mir?"
    „Am Anfang, Magnus, habe ich gar nicht gewusst, was ich von dir halten sollte. Ich kannte nur deinen Ruf, der nicht sehr schmeichelhaft war." Zögernd fügte sie hinzu: „Du hast meine Familie doch überprüfen lassen. Kennst du die Geschichten von meinem Vater nicht? Mein Vater hat mir sehr viel über Männer beigebracht. Und von seinem Ruf her schienst du auch nicht anders oder besser zu sein als er. Hättest du an meiner Stelle das Leben deines Bruders vom guten Willen eines solchen Mannes abhängig gemacht?"
    „Aber später, als du mich besser kanntest - da bist du auch nicht zu mir gekommen!" Wie sehr sie sich schämte, dass sie jetzt in Tränen ausbrach. Ihre Wangen röteten sich an den Stellen, wo die bitteren Tränen sie benetzten. „O Magnus, ich habe tausend Mal daran

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