Der Liebespakt
nachstarrte, während sie mit fliegenden Röcken die Treppe hinaufeilte. Am liebsten hätte sie ihn angeschrien, aber sie hatte Angst, dass sie dabei in Tränen ausbrechen würde. Ihre Augen brannten, und ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Sie warf die Schlafzimmertür hinter sich zu und ging zum Fenster.
Verzweifelt sah sie ihr Spiegelbild an, das ihr aus dem Fensterglas entgegenstarrte. Ihre Augen schienen unnatürlich dunkel und groß vor Übernächtigung zu sein. Was ist nur passiert? fragte sie sich.
Doch das Spiegelbild wusste keine Antwort auf ihre Frage. Unruhig machte sie einen Schritt zurück. Als sie an ihrem Tisch vorbeikam, bemerkte sie, dass dort ein Brief für sie lag. Der Blick auf den Absender ließ sie erleichtert aufatmen. Ihre Mutter hatte ihr aus der Schweiz geschrieben. Eilig öffnete Caroline das Kuvert und las.
Liebe Caroline,
vielen Dank für Deinen letzten Brief. Du weißt gar nicht, wie erleichtert ich bin, dass Du mit dem Earl so glücklich bist. Es hört sich an, als wäre er ein angenehmer Mensch und behandelte Dich gut. Gönne Dir genug Ruhe, und sorge dafür, dass Du Dich nicht überanstrengst.
Schmerzlich zog sich Carolines Magen zusammen. Voll glühender Begeisterung hatte sie in ihrem letzten Brief von Magnus geschwärmt. Da waren sie noch glücklich miteinander gewesen. Es schien Ewigkeiten her zu sein. Sie wandte sich wieder dem
Brief zu und las weiter.
Ich schreibe Dir diesmal nur einen kurzen Brief, weil ich Dir alle Neuigkeiten bald persönlich überbringen werde. James Verfassung bessert sich so rasch, dass seine Doktoren mir die Erlaubnis gegeben haben, ihn mit auf einen kurzen Urlaub nach London zu nehmen. Natürlich hat ihnen London, unser Reiseziel, nicht gefallen, aber es wird ja nur ein kurzer Besuch werden. Sorge Dich nicht wegen des Geldes für die Fahrt. Wir haben dank Deiner Unterstützung genug für die Rückreise. Ich kann es gar nicht erwarten, Dich wiederzusehen, mein Liebling, und ich hoffe, dass es Dir gut geht und Du glücklich bist, wenn Du diese Zeilen liest. Deine Dich liebende Mutter.
Bewegt schloss Caroline die Augen und dachte, wie wundervoll es wäre, wenn sie ihre Mutter bei sich hätte und sich von ihr beraten und trösten lassen könnte. Nun, da Magnus ihrer wie seiner anderen Liebeleien überdrüssig war, brauchte sie jemanden, der ihr beistand, jemanden, der ihr half, darüber nachzudenken, was sie tun sollte.
Sie faltete den Brief zusammen und legte ihn auf den Tisch zurück.
Da erst erinnerte sie sich daran, dass Magnus gesagt hatte, er habe ein Geschenk für sie auf ihr Kissen gelegt.
Das hatte er in einem Ton so grausamen Triumphs gesagt, dass nun Furcht sie überkam.
Sie ging zum Bett mit langsamen, fast widerwilligen Schritten und auf das Schlimmste gefasst. Doch nichts hätte sie darauf vorbereiten können, was sie vor sich auf dem weißen Leintuch ausgebreitet sah.
Das Brillantenhalsband. Das unselige Schmuckstück glitzerte im Sonnenstrahl, der durch das Fenster hereinfiel.
Entsetzt schrie Caroline auf, fiel neben ihrem Bett auf die Knie und nahm das Halsband in die Hand. Sie drehte und wendete es und sah, dass es der bewusste Schmuck war. Es konnte kein Gegenstück zu dieser Halskette geben. Von der Tür her drang ein Geräusch an ihr Ohr. „Willst du dich nicht bei mir dafür bedanken, dass ich es dir zurückgebracht habe?", hörte sie Magnus sarkastisch fragen.
Carolines Antwort war so leise, dass sie kaum zu hören war.
„Magnus, ich ... "
„Was?" Breitbeinig stand er da, beide Arme vor der breiten Brust verschränkt, und sah sie finster an.
„Es tut mir leid", flüsterte sie.
„Das tut es den meisten Dieben - wenn sie erwischt werden."
Sie neigte den Kopf, weil sie wusste, dass sie Tadel verdiente. Wenigstens wusste sie jetzt, warum er seit dem Vortag so gereizt war. Doch ihr Wissen gab ihr keinen Grund zur Hoffnung.
„Willst du dich mir nicht erklären? Ich muss zugeben, dass ich das eigentlich erwartet hatte. Und ich habe mich verstandesmäßig auf die verschiedensten
Argumentationen vorbereitet." Er kam auf sie zu, mit einem grausamen Lächeln um die Mundwinkel. Noch versuchte er höflich zu sein, aber sein ganzes Verhalten signalisierte ihr Gefahr.
Ihr Betrug schmerzte ihn. Das wusste sie, und das wühlte sie auf, mehr als sie gedacht hatte. Denn sein Schmerz bedeutete, dass sie ihm nicht gleichgültig war, dass er sie mochte -gemocht hatte. Obwohl er nach außen hin streng zu wirken versuchte, konnte
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