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Der Liebessalat

Der Liebessalat

Titel: Der Liebessalat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph von Westphalen
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mit Ira zuviel wurde und wie er fast wahnsinnig wurde, weil Ella zu regelmäßigen Zeiten essen wollte. Ella war schlank, aber das Essen spielte eine riesige Rolle. Was sollte gekocht werden, und wo ging man essen? Je mehr sich Viktor für andere Frauen interessierte, desto wichtiger wurde Ella das Essen. Oder interessierte sich Viktor immer mehr für andere Frauen, weil für Ella das Essen so wichtig war? Erzählend erinnerte sich Viktor an längst vergangene Szenen: wie Ella ihm »Unsinnlichkeit« vorwarf, weil ihm das Essen egal war. Er war einmal von einer kleinen Lesereise zurückgekehrt, auf der er vielleicht Ira oder die lila Sabine oder eine andere Flamme getroffen hatte, es war möglicherweise kompliziert, aber sicher nicht unsinnlich gewesen. Dankbar für sein Schicksal und versöhnt war er zu Ella zurückgekehrt, bereit, drei Wochen ein anständiger Ehemann zu sein, und Ella hatte ihn entweder mit einer neuen peruanischen Fischsuppenkreation empfangen oder zu einem neuen Italiener oder Inder geschleppt, er hatte nicht protestiert, aber auch kein Interesse gezeigt, und Ella hatte ihm angesehen, daß er lieber einen Apfel gegessen und sich dabei in die angehäuften Zeitungen vertieft hätte, und dann hatte sie ihn als unsinnliches und verklemmtes und den irdischen Genüssen abholdes Gehirntier beschimpft, und sie hatte geweint, und schon war das Unglück da, und er schwieg, und sie sagte: »Sag doch was«, aber er konnte doch schlecht etwas von seinen wenig kulinarischen Ausschweifungen mit Ira oder der lila Sabine oder einer anderen Flamme erzählen, die er den mit Koriander oder Zimt gewürzten Saucen vorzog. Am wenigsten konnte er Ella sagen, was er sich am meisten wünschte: »Lach dir doch einen Inder oder Peruaner, der dir gerne im Garten helfen wird, als Liebhaber an, anstatt exotisch zu kochen!« Dies hätte Viktor tatsächlich für die beste aller Lösungen gehalten, aber nach seiner Prognose dürfte es noch zweihundert Jahre dauern, bis die zivilisierte Gesellschaft zu einer solchen vernünftigen Regelung in der Lage sein würde. Nicht einmal im Roman konnte man solche Modelle anbieten, ohne als Utopist verlacht zu werden. Dabei ließen sich die schönsten Komplikationen erfinden, die das Teilen der Liebe mit sich brächte.
    »Oui«, sagte die Tscherkessin und nickte, als habe Viktor eine Prüfungsfrage in ihrem Spezialfach richtig beantwortet. Selten hatte er für eine Polygamie-Hymne so schnell so viel Beifall erhalten. Sie zog jetzt auch das zweite Bein hoch zu sich auf den Stuhl, und derart kauernd wie ein Zigeunermädchen sagte sie, daß ihr eine raffinierte Küche auch vollkommen egal sei. Sie bedauerte Viktor für sein Jahre zurückliegendes Eheleid und ergriff Partei gegen Ella, was Viktor nicht angenehm war. Er wollte Ella nicht die Schuld an der Misere geben. Er erzählte von seinem Leben mit Ira und dem Versuch, ihr treu zu sein. Ira hatte auch vier Kinder von einem anderen Mann, Ira ließ den Garten verwahrlosen, Ira kümmerte sich nicht um das Essen. Ira traktierte Viktor nicht wie Ella mit Kinderwünschen, weil sie genug Kinder hatte, die sie als Viktors Geliebte wunderbar achtlos nebenher hatte laufen lassen. Als Ehefrau aber war sie mit einem Mal für nichts als die Kinder da, und Viktor schrieb Ella so manchen Liebesbrief, in dem er sich als unwürdigen Dummkopf beschimpfte, der ihre Gartenkunst und Kochkunst nicht zu schätzen gewußt hätte.
    Gegen ein Uhr war Viktor bei seiner Ehe mit Ellen angelangt, bei der das Thema außereheliche Liebschaften keine größeren Probleme mit sich brächte.
    »Hat sie denn auch wen?« fragte die Tscherkessin.
    »Hoffentlich«, sagte Viktor, und es wurde ihm klar, wie wenig ihn diese Frage beschäftigte. Er hatte plötzlich den Eindruck, als einer zu erscheinen, der unentwegt zwanghaft herumvögeln und sich etwas beweisen muß. Wenn er seine Geschichten erzählte, glaubten das manche. Aber so war es nicht. Das Glimmen und Glühen und Brennen war ihm wichtig. Daher nahm er sich vor, keine weiteren Frauengeschichten preiszugeben, sondern die Tscherkessin noch etwas auszuhorchen, aber sie ließ sich nicht abspeisen und fragte ihn, ob an der Geschichte von der Frau mit der lila Lederhose etwas dran sei.
    Viktor nickte.
    »Das ist gut«, sagte die Tscherkessin, »das gefällt mir.« Dann wollte sie wissen, was Viktor mit der Buchhändlerin habe. Er sagte, daß er einmal etwas mit ihr gehabt habe. Mehr wollte er nicht herauslassen. Dann aber kam er

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