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Der Lilienpakt

Der Lilienpakt

Titel: Der Lilienpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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Vorfall muss sich sogar schon viel früher ereignet haben. Vielleicht sogar noch, bevor Schnee gefallen ist.«
    »Eine Woche?«, fuhr ich Aramitz an. »Ihr wisst es schon so lange und habt mir nichts gesagt?«
    Zorn wallte in mir auf. Was fiel diesen Mördern ein, die Gräber meiner Familie zu schänden?
    »Bitte verzeiht. Es war zunächst nur ein Gerücht. Ich wollte Euch die Aufregung ersparen.«
    »Die Aufregung ersparen?« Ich schnaubte wütend. »Glaubt Ihr wirklich, ich habe nach allem, was ich erlebt habe, so schwache Nerven?«
    »Trotzdem wollte ich Euch nichts sagen, bevor ich es nicht genau wusste.«
    »Was ist mit Maître Nancy, hat er es nicht mitbekommen?«
    »Die neuen Herren sind über Nacht eingetroffen. Vor zwei Tagen, sagt man. Einen Tag nachdem wir Nancy geholt haben.«
    Ich hätte wissen müssen, dass die Königin ein Lehen wie unseres nicht ohne Herrn lassen würde. Dennoch war ich entsetzt. »Wer ist dort eingezogen?«
    »Die Dienerschaft von Bischof Cherulli, einem Vertrauten von Kardinal Mazarin.«
    Ich schnappte erschrocken nach Luft. »Ein Geistlicher?«
    »Es ist eine bloße Formsache. Der Bischof wird die Verwaltung des Lehens einem Vogt überlassen. Er selbst wird lediglich die Einnahmen überprüfen.«
    »Und wie vertraut ist dieser Bischof mit Mazarin?«
    »Er war ein Protegé Kardinal Richelieus und gilt als Freund des neuen Kardinals.«
    Ich war erschüttert. Und sogleich stiegen die wildesten Gedanken in mir auf. Hatte der Kardinal persönlich unseren Tod angeordnet? Die Königin und er standen sich doch angeblich so nahe! Wie konnte sie da zulassen, dass die Menschen, die ihr Geheimnis all die Jahre wahrten, ermordet wurden?
    Der nächste Gedanke nahm mir den Atem.
    »Dann will die Königin also meinen Tod.« Ich flüsterte diese Worte nur.
    Der Musketier starrte mich entsetzt an. »Ich glaube nicht, dass …«
    »Ihr glaubt es vielleicht nicht, aber so ist es!«, versetzte ich und sprang auf.
    Aramitz zuckte zusammen. »Eure Mutter wird ganz sicher nicht angeordnet haben, Euch zu töten.«
    »Nennt sie nicht meine Mutter! Meine Mutter liegt in unserer Grabkapelle, die von Handlangern der Schwarzen Lilie geschändet wurde!«
    Aramitz schwieg. Ob er mich verstand? Sicher nicht. Niemand konnte verstehen, was in mir vorging.
    Ich begann im Salon auf und ab zu gehen. Dabei sprach ich meine Gedanken laut aus.
    »Wahrscheinlich will sie ihren Gegnern nichts in die Hand spielen, das ihr und dem Dauphin schaden könnte. Wenn bekannt würde, das sie ein Kind mit dem Ersten Minister Englands hat, würde sich das Volk gegen sie erheben.«
    Je länger ich darüber nachdachte, desto plausibler erschien mir meine eigene Erklärung. Tränen liefen mir über die Wangen. Vielleicht wäre es besser gewesen, ich wäre nie geboren worden.
    »Es gäbe aber auch noch eine andere Erklärung«, eröffnete mir Aramitz nun. »Es wäre doch auch möglich, dass Mitglieder des Kronrates zur Schwarzen Lilie gehören.«
    »Woher sollten die von meiner Existenz wissen?«
    »Habt Ihr euch denn noch nicht gefragt, woher die Schwarze Lilie überhaupt von Eurer Existenz weiß?«
    Das hatte ich in der Tat noch nicht.
    »Ihr kennt die Erklärung sicher.«
    Aramitz nickte. »Jedenfalls kenne ich die Vermutung, welche die alten Mitglieder des Lilienpaktes haben.«
    »Und die wäre?«
    »Richelieu hatte seinerzeit etliche Kammerfrauen und Hofdamen als Spioninnen in seinen Diensten. Eine dieser Frauen muss die Königin bei ihrem Stelldichein in Amiens beobachtet haben. Sie hat dem Kardinal bestimmt davon erzählt.«
    »Wenn der Kardinal davon wusste, warum ist er nicht eingeschritten? Warum hat er nicht behauptet, dass das Kind, das die Königin erwartete, nicht vom König ist?«
    »Hatte er einen Beweis dafür?« Aramitz schüttelte den Kopf. »Nein, er konnte der Königin keine Untreue unterstellen. Er konnte ihr lediglich durch eine Spionin nachweisen, dass Anna Buckingham ein paar wertvolle Steine gegeben hatte. Mehr nicht. Dem König reichte dies, um seiner Gemahlin zu misstrauen, doch er zweifelte nicht an, dass das Kind von ihm ist. Und er zweifelte auch die Totgeburt nicht an.«
    »Aber Richelieu zweifelte.«
    »Ganz gewiss. Doch er selbst konnte nichts tun. Also scharte er ein paar Getreue um sich und gründete die Schwarze Lilie.«
    »Und diese sollte ihm das Kind bringen, den Beweis der Untreue der Königin.«
    Aramitz nickte. »Es ist nicht klar, warum er das Kind – also Euch – wollte. Als Druckmittel gegen

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