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Der Lilienpakt

Der Lilienpakt

Titel: Der Lilienpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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Soldaten, die eben noch fröhlich auf dem Übungsplatz miteinander gesprochen oder gerungen hatten, blieben stehen und bekreuzigten sich.
    »Der König ist tot!«, tönte es uns plötzlich entgegen. Ein Junge mit feuerrotem Gesicht rannte an uns vorbei. »Der König ist tot!«
    Seine Stimme wurde vom Glockenklang verschluckt, als er sich entfernte.
    Nun bekreuzigten auch wir uns. Seltsamerweise fühlte ich mich nicht traurig. Erschrocken, ja, aber der König war ein Fremder gewesen, ein Bildnis, das man hin und wieder betrachtet hatte.
    In Frankreich sterben die Könige nicht, soll ein Kanzler einst zu Maria di Medici gesagt haben, als diese lautstark über ihren ermordeten Gatten klagte. Dann soll er auf den Dauphin gewiesen haben, der nun der neue König war.
    Ich weiß nicht warum, aber plötzlich überkam mich Unruhe. Diese wollte mich auch dann nicht verlassen, als wir uns durch schmale Gassen und über einige Umwege nach Hause begaben, um der Menge der trauernden Menschen zu entgehen. Der König war gestorben. Nur wenige Tage nach meiner Familie. Und eine Zeit der Ungewissheit lag vor uns.

11
    Paris versank in Trauer. Überall wurden Banner gesenkt und Gebäude mit schwarzen Tüchern geschmückt. Überall betete man für den verstorbenen König.
    Im Haus des Waffenschmiedes hatte die Nachricht Bestürzung ausgelöst, aber überrascht war niemand.
    »Wir haben damit gerechnet, dass Louis XIII. schon bald zu Gott gerufen wird«, erklärte Monsieur Garos. »Schon als Richelieu starb, stand es mit seiner Gesundheit nicht mehr zum Besten. Es heißt, dass die beiden ihr letztes längeres Gespräch von nebeneinanderstehenden Betten aus führen mussten, weil keiner von ihnen mehr aufrecht sitzen konnte.«
    So wurde das Vaterunser für die Seele des alten Königs gesprochen, und am Abend fanden wir uns in Saint-Sulpice zum Gebet ein. Die meisten Menschen wirkten ebenfalls nicht sonderlich traurig. Es war vielmehr, als sei eine Last von ihnen abgefallen. Jeder junge König ist ein aufgehender Stern, hatte Papa immer gesagt. Ihm folgen die Menschen lieber als einem verlöschenden.
    Am nächsten Morgen war alles wieder beim Alten.
    Monsieur Ismael, der zum Frühstück ins Haus geholt worden war, wusste zu berichten, dass die Königin das Testament ihres Gatten tatsächlich für nichtig erklären wollte. »Sie soll dies mit den Worten begründet haben: ›Wer der Königsmutter misstraut, beleidigt den König.‹ Sie hat bereits einen Boten zum Parlament geschickt und hofft, die Zustimmung von dessen Vertretern zu erlangen.«
    Der Waffenschmied spitzte aufmerksam die Ohren, was mich verwunderte. Seit wann interessierte er sich für Politik? Aber wahrscheinlich hörte er so genau zu, weil er abschätzen wollte, wie es mit seinen Aufträgen aussehen würde.
    Was das anging, konnte er sich allerdings nicht beklagen. Noch am gleichen Tag kam eine Bestellung der Garde über neue Degen und Rapiere. Man benötigte neue Waffen für den Feldzug in der Champagne. Sämtliche Waffenschmiede in der Umgebung wurden angehalten, die Schmiedefeuer zu schüren und an die Arbeit zu gehen.
    »Endlich werden auch wir wieder bedacht!«, jubelte Garos, und als ich fragte, ob das sonst nicht der Fall sei, antwortete er: »Mittlerweile gibt es ganze WaffenschmiedeDörfer, wo jedermann von der Produktion von Waffen und allem, was dazugehört, lebt. Der Bedarf an Waffenröcken, Musketen, Rapieren und Rüstzeug ist enorm. Kleinere Schmieden wie die meine schaffen zwar gute und manchmal auch edle Waffen, doch für einen Feldzug braucht es viele Waffen. Und ich kann nur eine begrenzte Menge liefern.«
    Um den Auftrag zu erfüllen, brauchte der Waffenschmied seine Gesellen, die er immer dann einstellte, wenn er selbst mit der Arbeit nicht mehr nachkam. Außerdem benachrichtigte er Gehilfen aus der Stadt, die mit niederen Aufgaben betraut wurden, wie zum Beispiel Roheisen aus der königlichen Eisenschmelze zu holen oder Draht zu ziehen.
    Um die Gesellen herbeizurufen, gab er zwei Briefe bei Monsieur Ismael in Auftrag.
    »Die Briefe hätte doch ich aufsetzen können«, beschwerte ich mich bei Jules, als er aus der Hütte des Alten zurückkehrte. »Ich habe Schreiben gelernt.«
    »Monsieur Ismael möchte keine Zuwendungen von uns, also gibt ihm Papa hin und wieder Aufträge. Diese bezahlt er ihm dann immer besser als die anderen. Es wäre für den alten Schreiber gegen seine Ehre, etwas umsonst anzunehmen. Also machen wir es so.«
    Das verstand ich. Dennoch

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