Der Lilienpakt
waren an Blutflecken regelmäßig verzweifelt. Nicht einmal Gallseife hatte etwas ausrichten können. Warum nur musste ich ein Mädchen sein?
Beim Abendessen hatte ich das Gefühl, dass Jacques mich ständig anstarrte. Ich versuchte, seinen Blicken auszuweichen und mir einzureden, dass sie nichts zu bedeuten hatten. Doch immer wieder rann mir derselbe Schauder über den Rücken wie damals beim Besuch von Monsieur Blanchet.
Auch Madame Garos bemerkte das.
»Ist etwas zwischen Euch und Jacques vorgefallen?«, fragte sie, als wir allein waren. Noch immer hatte sie sich nicht angewöhnt, mich auch dann zu duzen, wenn wir allein waren.
»Er hat den Blutfleck in meiner Hose bemerkt. Jules hat erklärt, dass er mich verletzt hätte, aber ich fürchte, er denkt sich etwas anders.«
Madame Garos sog scharf die Luft ein. »Wollen wir hoffen, dass dem nicht so ist.«
»Was würde er denn tun, wenn er es wüsste?«
»Oh, da gibt es viele Möglichkeiten. Zum Richter laufen und dich wegen Betrugs anzeigen wäre die schlimmste. Die Schwarze Lilie würde so umgehend von Euch erfahren und sich dann an uns wenden.«
Das wollte ich auf keinen Fall! Auf einmal fühlte ich mich furchtbar elend. Und das kam nicht allein vom monatlichen Übel.
»Habt Ihr einen Ratschlag für mich?«, fragte ich.
Madame Garos sah mich an. »Nur den, dass Ihr vorsichtig sein müsst, um uns nicht in Gefahr zu bringen.«
Schließlich kehrte ich wieder in meine Kammer zurück. Das Gespräch mit der Schmiedefrau hatte mir keine Erleichterung verschafft. Instinktiv wusste ich, dass ich hier nicht bleiben konnte. Womöglich würde ich mich sonst noch gänzlich verraten. Das durfte nicht passieren!
Um mich abzulenken, dachte ich wieder an den Zettel im Degengriff. Die Lilie des vierten März … Dieser Tag war mein Geburtstag, die Lilie war die Blume des Königshauses. Und der Pakt? Meinte mein Vater damit die Schwarze Lilie?
Als ich schließlich von Bauchkrämpfen geplagt auf mein Lager sank, stand mein Entschluss fest. Ich würde mit Monsieur d’Athos gehen! Sobald er seinen Degen holte.
2
Im Gegensatz zu der Massenanfertigung für das Heer ließ sich Monsieur Garos für den Degen des Musketiers Zeit. Er arbeitete jeden Abend daran, wenn er die Gesellen bereits in ihr Quartier geschickt hatte. Sooft ich konnte, suchte ich einen Grund, um ihm über die Schulter zu blicken.
Ich bekam mit, wie die Klinge geschmiedet wurde, sah ihn mit der Glocke beginnen, die später kunstvoll verziert werden sollte. An dieser Waffe überließ er nichts jemand anderem. Auch die Wicklung fertigte er selbst.
Einen Monat drückte ich mich nun schon davor, Jules und seinen Vater in mein Vorhaben einzuweihen.
François und Jacques waren immer noch da. Während François den Vorfall mit dem Blutfleck vergessen zu haben schien, traf mich immer wieder Jacques’ neugieriger Blick. Ich vermied es, mit ihm allein zu bleiben – jedenfalls so gut es ging. Und ich zog Jules ins Vertrauen. »Keine Sorge, er hat keinen Beweis. Und er wird auch seine Anstellung hier nicht aufs Spiel setzen wollen. Papa zahlt ihm gutes Geld.«
Unglücklicherweise verließen am nächsten Tag Monsieur Garos, sein Sohn und François die Werkstatt, um etwas aus der Stadt zu holen. Ich wusste zunächst nicht, dass nur noch Jacques da war, und betrat ganz sorglos die Schmiede.
Der Geselle hielt sofort inne. Er lächelte mich an und legte den Hammer beiseite. »Sieh an, wer kommt denn da?«
Ich erstarrte augenblicklich. »Ich wollte nur neues Leder holen«, antwortete ich rasch und wollte an ihm vorbei, doch Jacques versperrte mir den Weg.
»Und ich wollte gerade eine kleine Pause machen. Vielleicht setzt du dich kurz zu mir und erzählst mir etwas von dir. Außer dass du fechten kannst, weiß ich gar nichts über dich.« Damit ließ er sich auf einen Schemel sinken und zog einen zweiten heran.
Widerwillig setzte ich mich zu ihm. Ich hatte keine Lust, mir irgendeine Familiengeschichte auszudenken. Jacques wollte allerdings ganz andere Dinge wissen.
»Hast du noch eine Schwester?« Er lehnte sich ein Stück zur Seite und kam mir näher, als es unter Männern üblich war.
Ich schielte nach den halb fertigen Waffen. Wenn du mich anfasst, schwor ich Jacques stumm, wirst du es bereuen.
»Ich habe nur Brüder«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
Wieder lächelte Jacques. Ich fragte mich, warum ich nicht einfach aufsprang. Was wollte er dagegen tun? Mich festhalten?
»Du bist sicher der Jüngste,
Weitere Kostenlose Bücher