Der Lilith Code - Thriller
Fürst«
Jan und Elijah waren, auf jedes Geräusch achtend, die Treppen zur Wohnung hinaufgestiegen, als Elijah abrupt stoppte. Ein dunkelhaariger Mann mit einem fein geschnittenenSchnurrbart kam ihnen entgegen. Elijah musterte ihn, als er fast auf gleicher Höhe mit ihnen war. Kaum hatte er unten die Tür in Schloss fallen gehört, flüsterte er Jan zu: »Der war nicht koscher.«
Sie schlossen die Tür auf und waren verblüfft. Der Flur wirkte wie neu, als ob kein Einbruch stattgefunden hätte. Jan rief nach Regina. »Wo steckst du?«
Die Antwort kam aus dem Wohnzimmer. Sie stellten ihre Tüten in der Küche ab und wandten sich zum Wohnzimmer. Jan blickte zu Regina, die auf dem Sofa saß. Er lächelte, aber stoppte, als er ihr versteinertes Gesicht sah. Elijah drängte an ihm vorbei. Zu ihrer Linken stand ein alter Bekannter aus Aleppo. Elijah zog seine Waffe.
Jableh bei Lattakia, 20.06., 19.13 Uhr
Denn der HERR ist zornig über alle Heidenvölker und ergrimmt über ihr ganzes Heer. Er hat über ihnen den Bann verhängt und sie zur Schlachtung dahingegeben …
In ihren Palästen werden Dornen wachsen, Nesseln und Disteln in ihren befestigten Städten; sie werden den Schakalen zur Wohnung dienen, zum Gehege den Straußen. Wüstentiere und Schakale werden einander begegnen und ein Ziegenbock dem anderen zurufen; ja, dort wird die Lilith sich niederlassen und eine Ruhestätte für sich finden. Dort wird die Pfeilschlange nisten und Eier legen, sie ausbrüten und [ihre Jungen] sammeln unter ihrem Schatten, dort werden auch die Geier zusammenkommen, jeder zu seinem Gesellen.
Altes Testament, Buch des Propheten Jesaja, Kap. 34
Es hatte Jahre gebraucht, um diese Köstlichkeiten nach Syrien zu schaffen. Günther hatte sowohl hier in der Küstenstadt Lattakia als auch in Damaskus insgeheim Geschäfte mit diesen einfachen, aber umso wertvolleren Dingen aufbauenlassen. Natürlich konnten nicht einfach Lebensmittelgeschäfte mit deutschen Waren eröffnet werden. Es hätte die Dementis des Staatschefs, Syrien sei frei von Altnazis, gefährden können. So importierten vertrauenswürdige Araber über Umwege die Waren und verkauften sie den Freunden und eben auch ihm unter der Ladentheke.
Das Mittelmeer lag wie ein schwarzer Teppich da, als er vom Esstisch aus dem Panoramafenster blickte. Die Positionslichter einiger Fischerboote, die aus Arwad stammten, der einzigen syrischen Insel im Mittelmeer, wogten leicht in der Dünung. Er schaute nach vorn, Günther, sein Sohn, saß wie immer links von ihm. Seine Frau war vor vielen Jahren schon gestorben. Ihre letzten Jahre waren ausgesprochen leidvoll gewesen. Sie hatte sich nie dem Kult ganz verschreiben können. Zu sehr hatte sie ihre katholische Herkunft aus dem Münsterland in Deutschland geprägt. Aber ihre unbedingte Treue ließ sie bis zu ihrem Ende an seiner Seite bleiben. Jetzt saß auf ihrem Platz die hagere Haushälterin Gudrun. 1944 hatte er das kleine Mädchen aus dem anfahrenden Güterwaggon nach Auschwitz herausgeholt und dank seiner Verbindung zu Dr. Gregor Ebner, dem ärztlichen Leiter der Lebensborn e. V., sicher unterbringen können. Ebner hatte sie untersucht, als »Bereicherung des deutschen Volkstums« erkannt und »unter rassischen und biologischen Gesichtspunkten als geeignet« eingestuft. Nicht jedoch das zwölfjährige Mädchen aus Ungarn, das Fischer für einen Kameraden mitgebracht hatte. Sie wurde auf Anweisung Ebners »sofort sterilisiert«, da sie aufgrund ihrer Gesichtszüge und ihrer »schon jetzt hurenhaften Art« ihre »jüdische Hinwendung zur Promiskuität nicht verleugnen« könne. Sie starb zwei Tage später, als man ihr im Rahmen der medizinischen Experimente in Dachau Luft in die Venen spritzte. Aber Gudrun, so hatte er sie getauft, überlebte in einem Lebensborn-Heim in Ebersberg bei München. Wenige Jahre nach dem Krieg hatte er sie nach Syrien geholt. Sie war eine glühende Gläubige geworden.Gern hätte er sie mit Günther vermählt, aber ihre Legende wie auch Günthers sexuelles Unvermögen ließen das nicht zu. Im Winter 1958 war er selbst dank der Hilfe des Vatikans nach Damaskus gekommen. Noch heute musste er über diese Ironie schmunzeln. Denn einem Nazi hatten die Katholiken bedenkenlos helfen können, einen Häretiker und Gläubigen der schwarzen Sonne hätten sie lieber verbrannt, hätten sie es gewusst. Seinen schnellen Reichtum verdankte er einerseits den Goldreserven in der Schweiz aus den Raubzügen in jüdischen
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