Der Lilith Code - Thriller
Schwierigkeiten. Ich heiße schon lange Ed.«
Jan drehte sich abrupt um, drückte mit aller Kraft den Israeli an die Wand und zog die Waffe aus Eds Hosenbund hervor.
Er trat einen Schritt zurück und hielt die Mündung auf Ed. Der schaute ihn müde an. »Okay, ich bin Elijah Cohn. Und jetzt? Ich stamme tatsächlich aus Israel, bin aber in Utrecht geboren. Meine Mutter war Jüdin. Ihre Eltern sind von euch Deutschen vergast worden. Sie hat nach dem Krieg versucht, wieder in Holland zu leben. Sie heiratete einen Holländer. Es ging nicht gut. Die Geister kehrten zurück. So sind wir Mitte der sechziger Jahre nach Israel ausgewandert. Ich war beim Militär und arbeite jetzt für die Regierung. Wo und was kann ich dir nicht sagen. Schieß, wenn du willst.«
Jan senkte die Waffe und gab sie dem Israeli zurück. »Langsam geht mir dieses ganze Geheimdienst-Getue schwer auf den Geist. Ich bin Arzt und kein Geheimagent.«
»Ich verspreche dir, dich und Regina aus diesem Wahnsinn wieder rauszuholen. Vertrau mir.« Jan lächelte schief. Das war nun wirklich das Letzte, was er glauben konnte.
Sie fanden einen türkischen Supermarkt in der nächsten Querstraße, der Oranienburger, und kauften frische Lebensmittel wie Gemüse, Lammfleisch und verschiedene Gewürze. In einem Getränkeladen nebenan erstanden sie größere Mengen Wein und Bier. Über der Kasse war ein Fernseher installiert. Es liefen Nachrichten, und während die Kassiererin stoisch die Flaschen über das Band schob, sahen Jan, Ed und alle anderen Menschen wie gebannt auf die Bilder. Bilder schreiender und wütender Muslime. Bilder von vermummten Menschen, die Flaggen verbrannten, sich Straßenschlachten mit schlagstockbewehrten Polizisten lieferten. Und Bilder von Jan und Regina.
Jan versuchte, unbeteiligt zu wirken. Leise sagte Elijah: »Gehen wir am besten einfach weiter.«
Draußen auf der Straße atmete Jan erst einmal durch. Elijah schaute ihn ruhig an. »Das wird nur der Anfang sein. Sie haben die Büchse der Pandora geöffnet. Als ob jemandan einer leckgeschlagenen Tankstelle mit einem Feuerzeug spielen würde.«
Jan war wütend. »Es sind immer die gleichen Bilder von hysterischen Muslimen, die die Menschen hier sehen. Kein Wunder, dass sie alle Angst vor dem Islam haben. Ich habe in Syrien sehr gebildete, sehr warmherzige Menschen kennengelernt.«
»Wir sehen, was wir sehen WOLLEN.«
»Nein, Elijah, wir sehen, was wir sehen SOLLEN.«
Sie hatten den klimatisierten Getränkemarkt kaum verlassen, als eine Detonation den Boden erzittern ließ. Es konnte nicht weit von hier passiert sein. Sie rannten mit ihren Tüten die große Straße hinunter. Rund dreihundert Meter westlich stieg eine große Rauchsäule auf.
»Verdammt. Das können sie nicht machen.« Jan fluchte.
Elijah blickte ihn an. »Was ist da?«
Jan antwortete nicht. Blauweiße Polizeiwagen fuhren in hohem Tempo an ihnen vorbei. Ein Löschzug der Berliner Feuerwehr rauschte hinterher. Sie standen mit anderen Passanten auf einer Verkehrsinsel.
Jan starrte unvermindert Richtung Westen. »Da liegt die Synagoge.«
Tel Aviv, 20. 06., 21.15 Uhr
Das menschliche Leben ist ein Kampf von Anfang bis Ende. Wir alle werden unter Umständen voll Kummer und Schmerzen in dieses elende Leben geboren.
Aus: August Strindberg »Der Sohn der Magd«
Der Premierminister hatte das Kabinett zu sich gebeten. Er führte das Land nach den letzten Wahlen mit einer knappen Mehrheit, dank der Ultraorthodoxen. Waren sie in den ersten Monaten nur bei dem Siedlerthema im Westjordanlandhartleibig, so hatten sie in jüngster Zeit immer weitreichendere Forderungen im Kabinett gestellt. Sein Vater hatte ihn stets davor gewarnt, mit den Religiösen ein Bündnis einzugehen. »Du kannst nicht über Gott diskutieren. Sie werden dir immer Unglauben vorwerfen.« Aber anders wäre eine Regierung mit ihm als Premier nicht zustande gekommen. Tief in seinem Herzen konnte er sie nicht ausstehen. Als alter Militär wusste er, dass es nie nur eine selig machende Meinung gibt. Er hatte oft genug erlebt, dass Optionen und Alternativen lebensrettend sein konnten. Aber diese Fundamentalisten waren die Totengräber des Landes, das er so liebte und für das er immer bereit war, sein Leben zu geben.
»Avni, du wirst diesen verdammten Muslimen standhalten. Wir müssen Stärke zeigen. Unsere Freunde in den USA sind aufgewacht. Alle sehen unsere Bedrohung.« Eli Steinitz trug auch hier seinen Pelzhut, den Streimel.
Avni hatte ihn nie
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