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Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)

Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)

Titel: Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Quinn
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waren dunkel wie eine aufgewühlte See und blitzten vor Wut, aber auch Verwirrung, Furcht und Qual lagen hinter dem Schock über das Geschehene.
    »Es tut mir so leid, Sean. Ich wusste nicht, dass ich dich in eine Vision mitnehmen konnte - das war noch nie passiert. Und ich hatte auch keine Ahnung, dass es das war, was wir sehen würden. Deine Eltern ... das tut mir furchtbar leid, Sean. Ich hätte dich das nicht mit anschauen lassen sollen ...«
    Mit einem tief empfundenen Seufzen wandte er sich ab. Für einen Moment schien es, als wollte er etwas sagen, doch dann überlegte er es sich anders und nahm nur schweigend saubere Kleidung aus dem Schrank. Das Klicken der zufallenden Badezimmertür hallte durch den stillen Raum, als Sean hinter der Tür verschwand. Wie benommen lauschte Danni dem Gurgeln der alten Rohre, als er die Dusche aufdrehte. Im Geist sah sie ihn vor sich, ganz Kraft und harte Muskeln, als er seine Kleider ablegte und sich von dem Grauen zu reinigen versuchte, das er - wieder einmal - überlebt hatte.
    Aber Danni wusste, dass es an ihm haften bleiben würde wie ein dauerhafter Anstrich, der sich mit Seife und heißem Wasser nicht entfernen ließ.
    Und obwohl sein Verhalten sie kränkte und ihr wehtat, konnte sie ihn verstehen - was er gerade erlebt hatte, war so entsetzlich, dass nicht einmal sie es über sich brachte, daran zu denken. Diese Menschen, die so verbittert miteinander gekämpft und einander Blut vergossen hatten, waren seine Eltern. Es war seine Mutter, die tot auf dem Küchenboden lag, während er, ein kleiner Junge nur, seinen Bruder vor der furchtbaren Realität des Ganzen zu beschützen versuchte. Natürlich wollte Sean vergessen.
    Wieder blickte sie sich zu der geschlossenen Badezimmertür um und sagte sich, dass diese Barriere zwischen ihnen nichts mit ihr - oder ihnen beiden - zu tun hatte.
    Um sich abzulenken, ging Danni in die Kochnische, wo sie Eier und ein Stück geräucherten Speck fand. Sie schlug die Eier auf, um Rührei zuzubereiten, und schnitt den Speck in dünne Scheiben. Während er in der Pfanne brutzelte, suchte sie nach weiteren Zutaten für ein Frühstück, wie es hier in Irland üblich war. In einem Hängekorb fand sie Kartoffeln. Sie gehörten zu einer vollständigen Mahlzeit, hatte sie gestern die Frauen in der MacGrath'schen Küche sagen hören, und so schälte und schnitt sie einige Kartoffeln in Scheiben und gab sie in die Pfanne, nachdem sie nach kurzem Überlegen noch ein weiteres Stück Speck dazugegeben hatte.
    Die gesundheitsbewusste Danni erschauderte beim Gedanken an all das Fett und die vielen Kohlenhydrate in dem Essen. Aber spielte das noch eine Rolle, da sowieso bald alles vorbei sein würde? Sie würde sich entweder in einem Grab oder in ihrer eigenen Zeit wiederfinden, und das allein wie immer. Beide Möglichkeiten erschienen ihr in gleichem Maße unerträglich, da Sean nicht bei ihr sein würde.
    Danni lehnte sich für einen Moment an den Schrank, weil der Gedanke sie ins Taumeln brachte. Sie wusste instinktiv, dass es so kommen würde. Was auch immer geschehen mochte, sie und Sean würden jedenfalls nicht gemeinsam von hier fortgehen.
    Bis er aus dem Bad kam, war das Frühstück fertig. Seine Augen waren gerötet, was Danni zeigte, dass sein Kummer noch dicht unter der Oberfläche lauerte. Er vermied es, sie anzusehen, als er am Tisch stehen blieb und wartete, bis sie Platz genommen hatte, bevor auch er sich setzte. Hätte sie ihn jetzt berührt oder ihn gebeten, mit ihr zu reden, wäre er zusammengebrochen. Das erkannte sie an seiner steifen Haltung und dem beschwörenden Blick, mit dem er sie ersuchte, ihn nicht zu bedrängen. Nicht jetzt. Nicht, bevor er Gelegenheit gehabt hatte, die Fassung wiederzugewinnen.
    Und Danni zwang sich, seine stumme Bitte zu respektieren. Er musste allein mit seinen Emotionen zurechtkommen, bevor er darüber reden konnte. Das gefiel ihr zwar nicht, aber sie verstand es.
    Schweigend begannen sie zu essen, und obwohl beide hungrig genug waren, um ihre Teller zu leeren, schien doch keiner zu bemerken, was er da zu sich nahm.
    Als Seans Teller leer war, trug er ihn zum Ausguss und begann ihn abzuspülen.
    »Lass ihn stehen«, bat Danni sanft.
    Daraufhin ließ er ihn klirrend in das Becken fallen, hob den Kopf und stützte sich mit beiden Händen auf den Rand der Spüle, während er aus dem Fenster schaute. Er bot ein Bild nervöser Anspannung mit seinen verkrampften Arm- und Schultermuskeln und den

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