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Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Titel: Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Atomkraft, andererseits traute ich menschlichen Erfindungen nicht restlos. Mike Virtue hatte einmal bei einer Unterhaltung am Kaffeetisch gesagt, die Atomkraft sei eine brillante Erfindung, sofern die Kraftwerke und das Uran in den richtigen Händen blieben. Er schien zu wissen, wessen Hände die richtigen waren. Das hätte ich auch gern gewusst.
    Drei Waldrene ergriffen die Flucht, als ich auf den Pfad zurückkehrte, den sie in den Schnee getreten hatten. Auf einem Felsen rutschte ich aus und fiel so unglücklich, dass ich anfangs befürchtete, der Knöchel sei gebrochen. Schließlich humpelte ich ins Gasthaus und gönnte mir Kakao und ein belegtes Brötchen. Über der Theke hing immer noch das Bild des Seeadlers, und im Radio sang Jari Sillanpää. Ich kam mir vor wie ein Alkoholiker, der sich zwingt, in seine frühere Stammkneipe zu gehen und dort Saft zu trinken. Das Gasthaus verknüpfte mich mit David, und gerade deshalb musste ich hingehen, mir die Erinnerung aus dem Kopf brennen, den Mann gleichgültig machen. Ein einziger Besuch reichte dafür allerdings nicht.
    Als ich den Lieferwagen startete, merkte ich, dass ich in Schweiß gebadet war. Im Radio lief das Stück von Bach, das der blonde Bratschist auf der Buchmesse in Turku gespielt hatte. Ich musste auf einen Rastplatz fahren, weil ich vor lauter Tränen nichts mehr sah, aber die Musik floss in meine Seele wie Medizin, und diesmal waren die Tränen reinigend. Verflixter Bach. Wenn ich seine Musik hörte, kam mir der Verdacht, dass es doch einen Gott gab.
    Das Sans Nom erhielt die Nachricht, dass Veikkos Herzoperation gelungen war. Jouni und Monika besuchten ihn, während ich es nicht schaffte, meine Krankenhausphobie zu überwinden, obwohl in meinem Kopf Mike Virtues Stimme schimpfte, als Vertreterin meines Berufsstandes müsse ich mich an jeden Ort wagen. Ich hielt dagegen, ich sei keine Leibwächterin mehr, sondern nur noch Küchenhilfe und Schälmaschinenfüllerin. So jemand durfte Schwächen haben.
     
    Die Polizei kehrte Anfang Dezember zurück. Diesmal waren es keine einfachen Streifenpolizisten, sondern Kriminalbeamte, die sagten, sie untersuchten den Tod des Obdachlosen Risto Antero Haapala. Sie kamen am Donnerstag eine Stunde vor der Öffnungszeit und wollten mit allen Mitarbeitern gleichzeitig sprechen.
    «Gegen Sie besteht kein Verdacht. Wir wollen nur klären, wie Haapala an den mit methanolhaltigem Windschutzscheibenreiniger versetzten Alkohol gekommen ist. Haben Sie eine Ahnung, wo er sich üblicherweise seine Getränke holte?»
    «Woher sollen wir das wissen? Redet doch mit seinem Freund, Veikko Vuorinen. Die beiden haben sich ihren Schnaps gemeinsam besorgt.»
    «Vuorinen behauptet, von der fraglichen Flasche nichts gewusst zu haben. Als Haapala und er sich schlafen legten, hätten sie keinen Tropfen Alkohol gehabt. Die sechs Flaschen Bier, die sie sich an dem Abend zu Gemüt geführt hätten, wären schon um neun Uhr leer gewesen», berichtete der Ältere der beiden, ein bärtiger Mann, der aussah, als sei er des Todes überdrüssig.
    Monika hatte inzwischen das Schichtbuch geholt. «Er ist in der Nacht vom zweiten auf den dritten November gestorben. An dem Abend hat unsere Küche um halb elf geschlossen, und um eins war hier alles leer. Erinnert sich jemand von euch an irgendwelche besonderen Vorkommnisse?»
    Natürlich erinnerte sich niemand. Außer mir, die ein Hosenbein und einen Schuh auf dem Band der Überwachungskamera gesehen hatte. Die Streifenbeamten hatten nicht einmal nach den Kameras gefragt. Die Kriminalisten waren ein wenig aufgeweckter, und der jüngere, Kriminalmeister Sutinen, erkundigte sich, wo sich die Überwachungskameras des Sans Nom befanden. Die anderen sahen mich an, als wollten sie mir das Wort erteilen.
    «Ich bin für die Überwachung zuständig. Allerdings gibt es da nicht viel zu tun.» Ich erklärte, wo sich die Kameras befanden, und fügte bedauernd hinzu, dass ich die Aufnahmen jeweils nach einer Woche löschte. Natürlich könnten sie das gern überprüfen. Der USB -Stick, auf dem ich die Aufnahmen aus der Nacht von Ripas Tod gespeichert hatte, befand sich in der Yrjönkatu in dem verschlossenen Schrank, in dem auch meine Waffe und die Sachen aus Davids Kommode lagen.
    «Erinnern Sie sich, ob auf den Aufnahmen aus der fraglichen Nacht etwas Besonderes zu sehen war?», fragte Sutinen mich, woraus Jouni schloss, dass er gehen durfte. Er verschwand schimpfend in der Küche und winkte die anderen mit sich,

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