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Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson DeMille
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was, wie er wusste, nicht erfreulich sein würde.
    »Bevor ich vergesse, Sie zu fragen – wie geht es der bezaubernden Dame, mit der Sie zusammen waren?«, sagte Boris zu mir.
    In diesem Gewerbe gibt man, wie schon gesagt, niemals persönliche Informationen preis, deshalb erwiderte ich: »Ich sehe sie immer noch im Dienst, und es geht ihr gut.«
    »Gut. Ich habe ihre Gesellschaft genossen. Kate. Richtig? Bestellen Sie ihr bitte Grüße von mir.«
    »Wird gemacht.«
    Er lächelte. »Ich hatte den Eindruck, dass Sie beide mehr als nur Kollegen waren.«
    »Aha? Hey, glauben Sie, ich habe mir da was entgehen lassen?«

    Er zuckte die Achseln und gab mir einen heißen Tipp. »Frauen sind schwer zu verstehen.«
    »Wirklich?« Spaßeshalber sagte ich: »Ich glaube, sie ist mit einem CIA-Mann verheiratet.«
    »Eine schlechte Wahl.«
    »Ganz meine Meinung.«
    »So schlecht wie ein KGB-Mann.«
    Ich lächelte und fragte ihn: »Sind Sie verheiratet?«
    »Ja«, erwiderte er ohne jede Begeisterung.
    »Eine russische Möwe?«
    »Wie bitte?«
    »Ein russisches Mädchen?«
    »Ja.«
    »Kinder?«
    »Nein.«
    »Und wie habt ihr zwei euch kennengelernt?«
    »Hier.«
    »Richtig. Ich wette, das ist ein guter Ort, um Frauen kennenzulernen. «
    Er lachte, ging aber nicht näher darauf ein. »Und Sie?«, fragte er mich.
    »Nie geheiratet.«
    »Und warum nicht, wenn ich fragen darf?«
    »Niemand hat mich darum gebeten.«
    Er lächelte und erklärte mir: »Ich glaube, Sie sollten sie darum bitten.«
    »Nun ja, dazu wird’s nicht kommen.«
    Boris sagte zu mir: »Ich kann mich noch daran erinnern, dass Sie Sinn für Humor haben.« Er zögerte, dann sagte er: »Wenn Sie möchten, kann ich eine Frau mit nach Hause geben.«
    »Wirklich? Wie Essen zum Mitnehmen?«
    Er genoss meinen Humor, lachte und sagte: »Ja, ich werde sie mit den Sachen, die Sie übriglassen, in einen Behälter packen.«
    Dieses großzügige Angebot – manchmal auch Sexfalle genannt  – war ernst gemeint und verdiente eine Antwort, deshalb sagte ich: »Danke für Ihr Angebot, aber ich möchte Ihre Gastfreundschaft nicht ausnützen.«
    »Keine Ursache.« Und er fügte hinzu: »Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie Ihre Meinung ändern.«
    Mir kam der Gedanke, dass Boris einen weiteren guten Grund für seine Sicherheitsvorkehrungen hatte, neben dem persönlichen Wohlergehen und den Kunstwerken: unangekündigte Besuche von Mrs Korsakov.
    Boris kam schließlich auf meine Aufmachung zu sprechen und sagte zu mir: »Sie wirken sehr wohlhabend.«
    »Ich habe mich bloß dem Anlass entsprechend gekleidet.«
    »Ja? Diese Uhr ist … zehntausend Dollar wert, glaube ich«, merkte er an.
    »Sie hat mich nichts gekostet. Ich habe sie einem Toten abgenommen. «
    Er zündete sich eine weitere Zigarette an, dann sagte er sehr kühl: »Ja, ich habe ebenfalls ein paar Souvenirs.«
    Meiner Meinung nach wurde es Zeit, dass ich einen Steilpass spielte, deshalb fragte ich ihn: »Hat Ihnen die Regierung einen Kredit für das Geschäft hier gegeben?«
    »Warum fragen Sie mich das? Und warum wissen Sie das nicht?«
    Ich beantwortete keine von beiden Fragen, sondern stellte ihm eine weitere: »Haben Sie in letzter Zeit von Ihren Freunden in Langley gehört?«
    »Sind Sie dienstlich hier?«, fragte er mich.
    »So ist es.«
    »Dann sollte ich Sie bitten zu gehen und meinen Anwalt anrufen. «
    »Das können Sie jederzeit tun. Wir sind hier nicht in der Sowjetunion«, versicherte ich ihm.

    Ohne darauf einzugehen, sagte er: »Erklären Sie mir, weshalb ich mit Ihnen sprechen sollte.«
    »Weil es Ihre Bürgerpflicht ist, bei den Ermittlungen wegen eines Verbrechens mitzuhelfen.«
    »Was für ein Verbrechen?«
    »Mord.«
    »Was für ein Mord?«, erkundigte er sich.
    »Nun ja, vielleicht an Ihnen.«
    Das verlangte nach einem weiteren Drink, und er goss sich einen ein.
    Ich sagte unnötigerweise zu ihm: »Asad Khalil ist zurück.«
    Er nickte.
    »Sind Sie überrascht?«
    »Ganz und gar nicht.«
    »Ich auch nicht.«
    Eine Harmoniefolge ertönte – Tschaikowsky? –, und Boris stand auf, ging zur Tür und schaute durch das Guckloch. Ich fragte mich, wo sich der Monitor für die Überwachungskamera befand.
    Boris öffnete die Tür, und der Kellner schob einen Wagen herein, während Viktor die Nachhut bildete. Viktor schloss die Tür und verriegelte sie, worauf der Kellner drei übereinandergestapelte Tabletts auf einen schwarz lackierten Tisch stellte. Boris schien meine schlechte Nachricht vergessen zu haben und

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