Der Lord ihres Herzens
Blicke und ihrer altjüngferlich steifen Haltung eine schöne und begehrenswerte Frau.
„Jane!“
Überrascht fuhr Constantine Black herum. Er hatte sich so sehr auf ihren Anblick konzentriert, dass er gar nicht bemerkt hatte, wie sich der große, dunkelhaarige Mann der Bibliothek genähert hatte. Der Mann betrat den Raum und blieb bei Constantines Anblick abrupt stehen.
Lady Roxdale wurde lebendig, als hätte man sie bei irgendeinem Vergehen erwischt. Vor Aufregung sprach sie ganz schnell.
„Beckenham. Darf ich dir Lord Roxdale vorstellen? Mylord, der Earl of Beckenham, ein entfernter Verwandter von mir.“
Während Constantine die Verneigung des Earls erwiderte, spürte er dessen abschätzenden Blick. Der andere Mann wirkte nicht direkt feindselig, eher misstrauisch.
Der Earl of Beckenham stellte sich also nicht in den Kreis jener Gentlemen, die ihn offen mieden. Er verbot sich, Erleichterung zu empfinden, denn es war ihm eigentlich vollkommen gleichgültig, was Beckenham oder sonst wer über ihn dachte.
Natürlich war der Earl durchaus berechtigt, eine Erklärung dafür zu verlangen, was Constantine allein bei Lady Roxdale zu suchen hatte. Merkwürdigerweise forderte er keine.
Stattdessen fixierte er Constantine mit einem dunklen und besorgten Blick. „Sie waren bei der Testamentseröffnung nicht dabei.“ „Nein.“ Er war ihr ferngeblieben, um sich nicht in aller Öffentlichkeit zu präsentieren und dem Klatsch noch mehr Nahrung zu geben. Es wurde schon genug geredet.
Beckenham hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Während er auf und ab ging, schlug er mit einem Handrücken gegen die Innenfläche der anderen Hand. „Dann wissen Sie es noch nicht.“ Constantine verspürte leise Unruhe. „Was denn?“
Beckenhams Gesicht verriet, dass in ihm ein innerer Kampf tobte. „Eine wirklich unglückliche ...“ Er unterbrach sich und räusperte sich kurz. „Aber es geht nicht an, dass ich Ihnen Ratschläge erteile.“ Dann handelt es sich also um schlechte Neuigkeiten, dachte Constantine. Natürlich. Er hätte mit so etwas rechnen müssen, nach all dem, was zwischen ihm und Frederick vorgefallen war.
Constantine biss die Zähne aufeinander. „Ihre Erklärungen würden mir im Augenblick schon genügen.“ Ihm gefiel die Vorstellung besser, die Wahrheit unbeschönigt zu hören, als dem langatmigen juristischen Quatsch zuhören zu müssen, mit dem Fredericks Anwalt ihn wohl überschütten würde.
Constantine Black verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück. Innerlich schüttelte er den Kopf über sich und seinen dämlichen Optimismus. Das Leben hatte es noch immer verstanden, ihn kopfüber ins Verderben zu schubsen, sobald er sich auch nur die geringste Hoffnung machte, endlich ehrbar zu werden.
Jane beobachtete Constantine Black genau, konnte aber nicht das geringste Anzeichen von Bestürzung angesichts von Beckenhams düsteren Worten erkennen. Eine derartige Kälte musste einfach Fassade sein. So gleichgültig konnte niemand sein.
Aber warum betrachtete Beckenham auch sie so ernst? Ihr Wittum war ihr doch sicher. Der Duke of Montford hatte alles im Ehevertrag geregelt. Er hatte es ihr haargenau erklärt. Eines musste man dem Duke lassen: Er gehörte nicht zu denen, die die weibliche Intelligenz unterschätzten.
Beckenham sah sich um und deutete dann auf die Sitzgruppe am Kamin. „Wollen wir uns setzen?“
Jane biss sich auf die Lippen und ließ sich auf einem Sofa nieder. Constantine setzte sich in den Sessel gegenüber und kreuzte ein Bein über das andere. Er fühlte sich offensichtlich wie zu Hause. Der Earl blieb stehen. Er fasste die Lehne des Sessels vor sich und drückte die Arme durch, was seiner Anspannung noch mehr Ausdruck verlieh.
„Zuerst einmal möchte ich Ihnen sagen, dass das nicht richtig war von Frederick. Wenn er mich gefragt hätte, hätte ich ihm davon abgeraten.“
„Wovon?“, fragte Jane. „Beckenham, du sprichst in Rätseln. Wir wissen doch alle, wie er seinen Besitz hinterlassen hat. Es gibt das Fideikommiss mit der Übergabe des ganzen Besitzes an den neuen Lord, dann gibt es mein Wittum und verschiedene kleinere Hinterlassenschaften.“
Er schüttelte den Kopf. „Keineswegs. Das Fideikommiss endet mit Frederick. Bevor der alte Lord Roxdale starb, hat er gemeinsam mit Frederick das Fideikommiss aufgelöst. Dadurch konnte Frederick über den gesamten Besitz nach Belieben verfügen.“
Beckenham fixierte sie mit einem Blick.
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