Der Lord ihres Herzens
Vormund sein soll? Das kann doch nicht stimmen!“
„Leider doch.“ Beckenham seufzte. „Luke Black ist ein Knabe von sechs Jahren. Er ist irgendein entfernter Verwandter von Frederick und damit auch von Ihnen, Lord Roxdale. Seine Eltern sind früh verstorben, er kam schon als Baby hierher und seither lebt er auf Lazenby.“
Jane erinnerte sich noch gut daran, wie sie Luke das erste Mal gesehen hatte. Mit seinen dicken Beinchen, seinen hinreißenden braunen Augen und seinem zahnlosen Lächeln hatte er ihr Herz im Sturm erobert. Glücklicherweise hatte Fredericks Vater darauf bestanden, dass er bei ihnen blieb. Frederick hätte den Jungen am liebsten sofort wieder weggeschickt.
Verzweifelte blickte sie Constantine an. „Sie können ihn nicht bekommen. Ich nehme ihn mit nach Harcourt.“ Es war einfach unvorstellbar, dass sie von Luke getrennt sein sollte. Nie hätte sie sich träumen lassen, dass Frederick ihnen beiden so etwas antun könnte.
Er runzelte die Stirn. „Oh, das glaube ich nicht“, sagte er kühl. „Schließlich kenne ich Sie kaum. Woher soll ich wissen, ob Sie geeignet sind, sich um ihn zu kümmern? Ich würde meine Pflichten vernachlässigen, wenn ich ihn einfach ziehen ließe.“ Zu Beckenham gewandt, sagte er: „Ich nehme an, mein Cousin hat nicht festgelegt, dass Lady Roxdale den Knaben in ihrer Obhut behält?“
Schweigend schüttelte der Earl den Kopf.
Constantine neigte den Kopf und betrachtete Jane. „Ich frage mich, warum er das wohl getan hat.“
Zorn und Schmerz durchzuckten sie. Sie sprang auf und ging auf ihn zu. „Frederick muss verrückt gewesen sein, als er das Testament aufsetzte. Das ist der Grund. Sogar Sie müssen doch zugeben, dass er offenbar nicht klar denken konnte. Das zeigt doch schon die Art und Weise, wie er seinen Besitz hinterlassen hat. Es gibt keine andere Lösung, Sie müssen das Amt niederlegen und mich an Ihrer Stelle einsetzen.“
Er blickte ihr kalt in die Augen. „Nein.“
Sie starrte ihn an. Die unerbittliche Entschlossenheit in seinem Blick war nicht zu verkennen. Janes Brust zog sich ängstlich zusammen. Ihr Herz pochte schwer. Würde er Luke behalten, nur um sie zu ärgern? So herzlos konnte nicht einmal Constantine Black sein.
Der Earl of Beckenham räusperte sich. „Lord Roxdale zu bitten, die Vormundschaft abzulehnen, war auch mein erster Gedanke, Jane. Aber es ist leider unmöglich.“
Sie sah scharf auf. „Warum?“
„Frederick hat für den Fall einen Ersatz bestellt.“
„Wen?“ Jane war bereit, gegen jede Menge Blacks zu kämpfen, wenn sie Luke dafür bekam.
„Lord Endicott.“
Constantine lachte sarkastisch. „Diesen Schwächling? Meine liebe Lady Roxdale, meine Tante würde ihrem verweichlichten Sohn niemals erlauben, dass er Ihnen den Knaben überlässt.“
Er hatte recht. Panische Angst ergriff sie und schnürte ihr die Kehle zu. Endicott war bekannt dafür, fest am Schürzenzipfel seiner Mutter zu hängen. Lady Endicotts einzige Lebensaufgabe bestand darin, sich in die Leben anderer Leute einzumischen und sie ihnen möglichst schwer zu machen. Außerdem besaß sie einen übergroßen Familienstolz. Sie würde eher sterben, als ihrem Sohn zu gestatteten, einen Black einer Westruther zu überlassen, vor allem, wenn es sich dabei um Jane Westruther handelte.
Der Mann, der gerade so erbost und dennoch mit selbstgerechtem Blick vor ihr stand, war offenbar das kleinere der beiden Übel.
Wie aber konnte sie ihn dazu bringen, ihr Luke zu überlassen? Und selbst wenn es ihr gelang, welche Garantie hatte sie, dass er nicht irgendwann später seine Rechte als Vormund geltend machte und ihr Luke doch noch wegnahm?
Jane krächzte schrill. „Für diese Entscheidung könnte ich Frederick umbringen!“
„Eine noch überflüssigere Bemerkung kann ich mir kaum vorstellen“, sagte Constantine kalt.
Jane warf ihm einen wütenden Blick zu. Sie hatte den äußerst un-ziemlichen Wunsch, ihn zu ohrfeigen.
Seine Mundwinkel hoben sich. „Na los“, sagte er sanft.
Jane wandte den Blick von seinen spöttischen grünen Augen zu seinen wunderschön geformten Lippen. Ihre Handflächen juckten. Nur zu gerne würde sie ihm dieses schiefe Lächeln aus dem Gesicht wischen.
Die Zeit schien einen Moment lang stillzustehen. Es knisterte zwischen ihnen vor Herausforderung. Einige Minuten verstrichen, bis sich der Earl betont räusperte.
Jane schüttelte sich und wandte sich Constantine zu, wobei sie ihre Worte sorgfältig abwog: „Ich möchte
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