Der Lord ihres Herzens
gehofft, die Heirat so erzwingen zu können. Sie waren von niederem Adel, aber sehr ehrgeizig. Das Mädchen hatte keinen Penny, aber natürlich war es sehr schön.“
Oh, natürlich, dachte Jane bitter. Wenn Constantine ein Mädchen ruiniert, war es natürlich schön.
„Constantine hat das Duell unbeschadet überstanden, der Bruder aber leider nicht“, fuhr Lady Arden fort. „Constantines Kugel traf den Bruder in der Schulter. Beinahe wäre er am Wundfieber gestorben, der arme Kerl. Eine Zeit lang hat es so ausgesehen, als müsste Constantine das Land verlassen, aber zum Glück hat sich der Bruder wieder erholt. Dennoch wollte Constantine das Mädchen immer noch nicht heiraten! Ihr ist gar nichts anderes übrig geblieben, als einen Niemand zu heiraten und dem Himmel zu danken, dass ihr kein schlimmeres Schicksal beschieden war.“
Jane schüttelte den Kopf. Sie konnte diese Geschichte nicht glauben. Sie passte nicht zu dem, was sie über Constantine wusste oder zu wissen glaubte. Eines jedoch lernte sie daraus: Sie sollte nicht allzu sehr auf seine offenkundige Zuneigung vertrauen. Wie konnte er nur so herzlos sein, eine Dame im Stich zu lassen, die seine Hilfe so sehr gebraucht hätte? Eine Dame vor allem, die er kompromittiert hatte.
Vorsichtig meinte Jane: „Constantine und Frederick haben sich zerstritten, aber ich hatte den Eindruck, dass es nichts mit Miss
Flockton zu tun hatte.“ Sie zögerte. „Ich habe gehört, dass Constantine ein Vermögen am Kartentisch verloren hat.“
„Unsinn! Broadmere ist ein blühendes Landgut, die Familie ist wohlhabend. Wer erzählt denn so etwas?“
Jane runzelte die Stirn. „Ich bin mir nicht sicher. Frederick, nehme ich an.“
Warum sollte Frederick ihr derartige Dinge erzählen, wenn sie nicht stimmten? Vielleicht hatte er sie geglaubt. Vielleicht war er auch so gegen seinen Cousin eingenommen, dass er ihm alles Schlechte nachsagte.
Lady Arden setzte ihre Teetasse ab und zuckte mit den Achseln. „Ich glaube schon, dass Constantine hin und wieder spielt wie wir alle, aber er hat nie große Summen am Spieltisch verloren, davon hätte ich gehört.“
Jane runzelte die Stirn: „Vielleicht haben ich oder Frederick auch etwas falsch verstanden. Ich bin jedenfalls froh zu hören, dass es nicht stimmt. Ich fände es schrecklich, wenn dieses Landgut durch Glücksspiel zerstört werden würde.“
„Da kannst du ganz beruhigt sein.“ Lady Arden beugte sich vor und fixierte Jane mit ihrem klaren Blick. „Wirst du ihm helfen?“ Mit Blick auf die Abmachung, die sie mit Constantine getroffen hatte, konnte sie dergleichen nicht versprechen. Wenn sie die Verlobung lösen musste, würde sie Constantines Ruf nur noch mehr schaden.
„Ich versuche es“, erwiderte sie.
Der Nachmittag war ungewöhnlich schwül für die Jahreszeit gewesen. Die Luft war so unruhig und angespannt, als hielte sie den Atem an. Mit der Dämmerung kam der Regen und dazu ein starker Wind, sodass die Regentopfen laut gegen die Fensterscheiben prasselten.
Jane zitterte nur zum Teil vor Kälte. Der Regen mochte etwas Erlösendes haben, doch ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Constantine war nicht zum Dinner heruntergekommen, sondern hatte sich ein Tablett in die Schreibkammer bringen lassen, wo er immer noch saß und arbeitete.
Sie hatte mit aller Macht versucht, sich zu entspannen, doch es war ihr nicht geglückt. Die warme Milch hatte sie nicht angerührt, der Roman konnte sie nicht fesseln, die Stickarbeit lag unbeachtet in ihrem Schoß, die Nadel war auf halbem Weg gezückt.
Als im Haus alles still geworden war, erhob sie sich und ging zu der Verbindungstür zwischen ihrem und Constantines Zimmer. Sie presste das Ohr an die Tür, konnte aber nichts hören.
Um Mitternacht hatte er gesagt.
Langsam schlossen sich ihre Finger um den verzierten Schlüssel, der sie vor seinem Eindringen schützte. Vorsichtig drehte sie den Schlüssel im Schloss. Ein leises Klicken verriet ihr, dass der Riegel nun zurückgeschoben war.
Ihr Herz begann, laut zu pochen. Sie sah sich im Zimmer um. Es war zu hell. Sie schnappte sich das Löschhütchen vom Kaminsims und löschte alle Kerzen bis auf eine. Dann setzte sie sich an ihre Frisierkommode und stellte die Kerze darauf.
Ein langer Blick in den Spiegel verriet ihr, dass sie blass war. Ihre Augen blitzten vor Anspannung aus tiefen Höhlen hervor und ihr üppiges kastanienbraunes Haar musste gebändigt werden. Mit zitternden Händen bedeckte sie ihr
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