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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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engstmöglicher Beschattung hat. Pearce spielt diesmal mit äußerst hohem Einsatz.«
    »Als ob ich das nicht wüßte!« sagte der Eau-de-Nil-Anzug. »Gestern ist mir mitten bei Waitrose’s die Tasche geplatzt.«
    Die anderen kicherten wie Schulkinder.
    »Ach du meine Güte«, sagte der Tweed. »Wie haben Sie das bloß erklärt?«
    »Gar nicht. Ich bin geflohen und habe meine Einkäufe liegengelassen. Ich weiß nicht, ob ich mich dort je wieder blicken lassen kann.«
    In kameradschaftlichem Schweigen tranken sie Tee.
    »Wer dann?« fragte der Webkord plötzlich. »Wenn nicht Garth?«
    Der Tweed machte einen Vorschlag.
    »Donald, nie!« protestierte der Eau-de-Nil-Anzug.
    Der Tweed zog entschuldigend die Schultern hoch.
    »Das ist doch Affenscheiße.«
    »Also sein Einsatz im Spiel könnte sich als durchaus nützliche Entwicklung herausstellen.«
    »Inwiefern?«
    »Er ist Knete.«
    »Vermögend, meinen Sie?«
    »Er hat keine Knete, Humphrey. Er ist Knete, reinstes Plastilin. Wir hatten alle erwogen, ihn in Zukunft als Spieler einzubeziehen, oder nicht? Wir wissen, was für eine unbeständige kleine Seele er ist. Viel besser, ihn zum Feind als zum Freund zu haben. Alles stellt sich als viel spaßiger und komplexer heraus, als ich erwartet hatte. Die Geschichte dickt ein wie Schlagsahne.«
    »Falls Pearce zu fiesen Tricks greift, Donald, sollten wir das nicht auch tun?«
    »Humphrey hat recht, wissen Sie«, sagte der Chanel-Anzug. »Warum frage ich nicht Nancy und Simon, ob sie uns ihre Hilfe leihen.«
    »Kampf der Loyalitäten?« sann der Tweed. »Ich meine, Simon arbeitet schließlich für Pearce.«
    »Ich will doch sehr hoffen«, sagte der Eau-de-Nil-Chanel-Anzug, »daß Simons wahre Loyalität tiefer wurzelt als das.«
    »Also gut. Rekrutiert sie, und macht sie mit den Grundregeln bekannt. Stefan müßte bald nach England kommen. Er wird Neues von und über Béla wissen. Sehen Sie, das alles ist höchst befriedigend.«
    »Es wird doch nicht außer Kontrolle geraten?« fragte der Webkord. »Ich bin mir nicht sicher, ob mir die Einführung des Tötens gefällt. Pearce kann nämlich nicht verlieren, wissen Sie.«
    »Ich auch nicht«, sagte der Tweed. »Und ich werd auch nicht.«

FÜNF
     
     
    »Sie waren sein bester Freund«, sagte Mrs. Trotter. »Er hat viel von Ihnen erzählt, wie intelligent und witzig Sie wären. Er hatte Sie sehr gern.«
    »Nun, Mrs. Trotter«, sagte Adrian, »ich hatte ihn sehr gern. Hatten wir alle.«
    »Ich hoffe, Sie und … und der andere Junge … Cartwright … können zur Beerdigung kommen.«
    Sie sah genau wie Schweinchen aus, wenn sie weinte.
    An jenem Abend befand sich das ganze Haus schon in einem leicht hysterischen Zustand, als Tickford beim abendlichen Hausgebet die Neuigkeit offiziell bekanntgab.
    »Einige von Ihnen, ich weiß nicht … wissen es vielleicht schon«, sagte er, »haben vielleicht, ich weiß nicht, schon gehört, daß es unter uns eine Tragödie gegeben hat. Paul Trotter hat sich heute nachmittag das Leben genommen. Wir haben keine Ahnung, warum. Wir wissen es nicht. Wir wissen es einfach nicht. Wir können es nicht wissen.«
    Fünfzig Augenpaare richteten sich verwundert auf Adrian. Warum war zuerst nach ihm geschickt worden? Warum hatten Tickford und Schweinchens Eltern sich so lange mit ihm in Klausur begeben?
    Mit Cartwright war noch nicht gesprochen worden. Er wußte von nichts, und auch seine Augen wandten sich Adrian zu, groß und voller Gram.
    »Ich fürchte, er muß sehr unglücklich gewesen sein«, fuhr Tickford, anscheinend zur Decke gewandt, fort. »Sehrunglücklich, ich weiß nicht, warum. Aber wir werden ein Gebet für ihn sprechen und seinen Geist in Gottes Hände befehlen. Allmächtiger Vater …«
    Als er sich zum Gebet hinkniete, merkte Adrian, wie sich ein Schenkel an seinen preßte. Es war Rundell.
    »Was ist?«
    »Ich hab ihn gesehen«, flüsterte Rundell. »Gestern nachmittag auf dem Friedhof ist der hochgegangen und hat neben dir gesessen!«
    »Na und?«
    »Erquicke ihn mit deiner Gnade, läutere ihn mit deiner Liebe …«
    »Und dann seid ihr zusammen zurückgekommen, und er weinte.«
    »Das hat nichts damit zu tun.«
    »Im Namen des Sohnes, der sein Leben gab, auf daß wir das ewige Leben empfangen sollen …«
    »Ach nein?«
    »Amen.«
     
    Tom stellte keine Fragen, und Adrian konnte sich nicht aufrappeln, ihm etwas zu erzählen.
    Am nächsten Morgen hatte Biffo eine Notiz geschickt. »Welch entsetzlich bestürzende Nachrichten,

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