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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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kommt als späte Überraschung.«
    »Ja, ja, er ist ausgezeichnet … ähm …«
    »Sie haben eine Frage?«
    Das war wirklich schwierig.
    »Donald?«
    »Ja?«
    »Wegen letzter Nacht …«
    »Oje, Sie wollen mir doch nicht etwa eine unangenehme Frage stellen, oder?«
    »Äh, nein«, sagte Adrian, »nicht, wenn sie Ihnen unangenehm ist.«
    »Ich meinte
Sie
«, sagte Trefusis. »Sie werden sich doch nicht in eine unangenehme Lage bringen wollen, oder?«
    Adrian machte eine hilflose Bewegung.
    »Es scheint mir so … so …«
    »So schmutzig?«
    »Nein!« sagte Adrian. »Das meine ich nicht, ich meine, es wirkt so …«
    »So
anders
als ich?«
    »Na ja …«
    Trefusis klopfte ihm auf die Schulter.
    »Gehen wir ins Shoulder«, sagte er. »Ich bin sicher, Bob wird ein ruhiges Eckchen für uns finden.«
    Das Shoulder of Lamb war überfüllt. Chorgelehrte aus St. John’s, schwer des Pimm’s von einer frühen Garten-Maifeier, sangen in einer Ecke
Message in a Bottle
a capella
, in einer anderen schlugen zwei neureiche Computerdesigner einander erhitzt auf die Brust. Adrian erinnerte sich, wie ihn vor zwei Jahren einer von ihnen im Eagle um Zigaretten angeschnorrt hatte. Heute war seine Gesellschaft sechzig Millionen Pfund wert.
    Der Wirt trat ihnen munter entgegen und winkte.
    »Professor Trefusis, Sir, und der junge Mr. Healey!« sagte er und legte den Kopf in den Nacken wie ein Hauptfeldwebel mit Sonnenstich. »Ziemlich was los heute abend, Sir.«
    »Das sehe ich, Bob«, sagte Donald. »Gibt es irgendwo …?«
    »Ich bringe Sie nach oben, Sir.«
    Bob führte sie durch die vordere Bar. Ein oder zwei Leute unterbrachen ihre Unterhaltung, als sie Trefusis erblickten. Adrian staunte über die vergnügte Gelassenheit, mit der er sie begrüßte.
    »’n Abend, Michael! Ich habe Ihren Sergeanten Musgrave wirklich genossen. Ganz wie er sein sollte. Bis zu den Stiefeln.«
    »Simon! Ich hab Ihre Ergebnisse angeschlagen gesehen. Eine Drei! Sie müssen ja begeistert sein.«
    Bob führte sie die Treppe hoch.
    »Wir warn total stolz, als wir inna Zeitung von den Heldentaten von Ihnen gelesen ham, Sir.«
    »Also wirklich, danke, Bob.«
    »Hat mich echt an meinen alten Adjutanten erinnert, als wir bei den Gardetruppen im Palast waren. Wir ham ihn natürlich immer Fuckingham Palace genannt.«
    »Versteht sich.«
    »Ojemine, damals war St. James’ Park echt ’n Sumpf, Sir. Kein einziger Strauch, hinter dem nich’ mindestens ’nGardist und ’n Kunde standen. Na klar, Sie erinnern sich ja noch an Oberst Bramall, was, Sir?«
    »Danke, Bob, dieses Zimmer ist ganz ausgezeichnet. Vielleicht könnte Nigel dazu bewegt werden, uns einen Gruaud Larose heraufzubringen?«
    »Natürlich, Sir. Wie wär’s mit ’nem leckeren Kalbfleisch-Pie mit Schinken? Und ’nem Klecks Chutney?«
    »Absurd ideal.«
    »Er wird sofort bei Ihnen sein, Sir.«
    Nachdem sie den Kalbfleisch-Pie verzehrt hatten, das Chutney allerdings nicht, das Trefusis’ Warnung zufolge eine ruinöse Wirkung auf den Gaumen hatte, schenkte er zwei Gläser Wein ein.
    Adrian schluckte seinen gierig und entschied, Betrunkenheit wäre der einzige Zustand, in dem er sein Unbehagen ertragen konnte. Falls der Zauberer von Oz sich als trauriger und verwirrter alter Mann erweisen sollte, wollte Adrian nicht nüchtern sein, wenn es dazu kam.
    Um ehrlich zu sein, Donald sah ungefähr so traurig und verwirrt aus wie der lachende Kavalier, als er seinen Bordeaux probierte und anerkennend nickte.
    »Ein Purist würde ein weiteres Jahr zur Reifung empfehlen, damit die Gerbsäure sich die Ecken abschleifen kann«, sagte er. »Ich denke jedoch, er ist bereits vom Feinsten.«
    »Er ist gut«, sagte Adrian und goß sich ein weiteres Glas ein.
    Trefusis betrachtete ihn zufrieden.
    »Ein guter Wein gleicht einer Frau«, sagte er. »Nur daß er natürlich keine Brüste hat. Oder Arme und Kopf. Und er kann nicht sprechen und Kinder empfangen. Wenn ich’s mir also recht überlege, gleicht ein guter Wein einer Fraunicht im geringsten. Ein guter Wein gleicht einem guten Wein.«
    »Auch ich gleiche einem guten Wein«, sagte Adrian.
    »Sie reifen beim Altern?«
    »Nein«, sagte Adrian, »immer wenn man mich hervorholt, bin ich voll.«
    »Außer daß Sie nach dem Trinken in die Kiste hüpfen, nicht vorher aus ihr gezogen werden.«
    Adrian wurde rot.
    »Ach je«, sagte Trefusis, »das war keine obszöne Bemerkung. Nichts als eine frivole Paronomasie aufs Thema alkoholisch induzierter Bewußtlosigkeit. Besonders

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