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Der Lustmolch

Der Lustmolch

Titel: Der Lustmolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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je mehr Unglück über ihn kommt. Aber es gibt ja mehr als eine Möglichkeit, sich den Blues einzufangen. Nicht nur dadurch, daß einem was Schlimmes passiert, manchmal reicht's auch, wenn einem was Gutes nicht passiert - also durch Enttäuschung, du weißt, was ich meine?
    Mir kommt also zu Ohren, daß sich da unten in der Gegend von Biloxi, irgendwo in den Salzsümpfen am Golf, ein Catfish - ein Wels - rumtreibt, so groß wie 'n Ruderboot, und niemand schafft es, ihn zu fangen. Es soll sogar einen Weißen geben, der demjenigen fünfhundert Dollar zahlt, der den Catfish an Land zieht. Es gibt haufenweise Leute, die versuchen, das Vieh zu fangen, aber sie haben kein Glück. Ich also hin zu Smiley und erzähle ihm, daß ich 'n Geheimrezept habe und wir den Catfish fangen, das Geld kassieren, um damit nach Chicago zu zischen und 'ne Platte zu machen.
    Ich weiß natürlich, daß es keinen Catfish gibt, der so groß ist wie 'n Ruderboot, und wenn's einen gäbe, hätte ihn bestimmt schon jemand gefangen, aber was Smiley braucht, ist eine richtig saftige Enttäuschung, und schon wird der Blues ihn anspringen. Und was tu ich also? Die ganze Fahrt runter zum
    Golf mach ich ihm Hoffnungen, bis seine Augen anfangen zu glänzen. Wir fahren mit dem alten Model T, wo ich seinen Hund mit platt gemacht habe. Wir haben eine Leine von gut sechzig Meter Länge dabei, ein paar Haifisch-Haken und mein geheimes Catfish-Rezept. Was die Köder angeht, so denk ich mir, werden wir auf dem Weg schon was aufgabeln, und gleich darauf überfahre ich zwei Hühner, die 'n bißchen nah an der Straße rumspaziert sind.
    Noch bevor's dunkel wird, sind wir schon am Bayou, wo der alte Catfish sich angeblich rumtreibt. Damals war's noch so, daß in der Hälfte aller Counties in Mississippi Schilder rumstanden »Nigger, Verpiss dich aus diesem County, bevor die Sonne untergeht«, und deshalb haben wir's so eingerichtet, daß wir immer dorthin kamen, wo wir hinwollten, bevor's dunkel wurde.
    Mein Geheimrezept ist ein großes Einmachglas voller Hühnergedärm, das ich ein Jahr lang in meinem Garten vergraben habe. Ich nehme also das Glas, steche 'n paar Löcher in den Deckel und kippe es ins Wasser. Smiley erkläre ich, daß so 'n Catfish die vergammelten Hühnerinnereien meilenweit riecht, und schwuppdiwupp kommt er angezischt. Dann spießen wir noch eins von den Hühnern auf 'n Haken, werfen ihn aus und machen's uns am Ufer gemütlich. Wir trinken 'n bißchen Schnaps, und ich laber die ganze Zeit irgendwelchen Quatsch über die fünfhundert Dollar, und Smiley grinst dazu wie üblich.
    Es dauert nicht lange, bis Smiley einpennt. Ich laß ihn schlafen, weil ich mir denke, die Enttäuschung ist noch größer, wenn er aufwacht und wir den Catfish nicht gefangen haben. Um ganz sicherzugehen, fange ich an, die Leine einzuholen, und kaum, daß ich sie drei Meter eingeholt habe, beißt irgendwas an. Die Leine zischt los und verbrennt mir die Hände, als wär 'n scheuer Gaul am anderen Ende. Ich muß wohl geschrien haben, denn plötzlich wacht Smiley auf und rennt in die andere Richtung davon. »Was soll'n das?« brülle ich, und die Scheißleine rauscht mir durch die Hände wie 'ne brennende Schlange.
    Das war's dann wohl, denk ich mir und laß die Leine los. (Als Bluesman muß man auf seine Hände achtgeben.) Aber als die Leine zu Ende ist, spannt sie sich auf einmal wie 'ne E-Saite und macht »Twang«, und ich hab das ganze Gesicht voller Schlamm und Grünzeug. Ich dreh mich um und sehe, wie Smiley in dem alten Model T sitzt und Vollgas gibt. Die Leine hatte er an der Stoßstange festgemacht, und jetzt fährt er vom Ufer weg - mit was immer da im Wasser rumkraucht im Schlepptau. Das Vieh wehrt sich ganz schön, und der alte Ford schlenkert hin und her und kreischt und jault, als würd der Motor jeden Moment in die Luft fliegen, bis schließlich der größte Catfish, den ich je gesehn hab, am Ufer auftaucht - und das Vieh ist alles andere als begeistert. Es zuckt und zappelt und begräbt mich fast im Schlamm.
    Smiley zieht die Handbremse und dreht sich um, um nachzusehen, was wir da gefangen haben. Da gibt auf einmal dieser Catfish einen Ton von sich, wie ich's in meinem Leben noch nie von 'nem Fisch gehört hab. Es hört sich an, wie 'ne kreischende Frau. Aber was mir 'n noch größeren Schrecken einjagt, ist das Geräusch, das von draußen vom Bajou kommt. Das hört sich nämlich an, als war der Leibhaftige höchstpersönlich im Anmarsch.
    »Jetzt hast du's

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