Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mackenzie Coup

Der Mackenzie Coup

Titel: Der Mackenzie Coup Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
Verhältnisse; viereinhalb Stunden immerhin. Mrs. Thatcher, meinte er sich zu erinnern, war mit genauso wenig ausgekommen, wenn nicht noch weniger. Ohne Sandra zu wecken, stand er auf, schlich auf nackten Sohlen aus dem Schlafzimmer und stieg im Dunkeln hinunter ins Parterre. Im Wohnzimmer knipste er die Stehlampe neben dem Sofa an und griff nach der Fernbedienung. Er wusste, dass er mit den Kurzmeldungen auf Teletext und Ceefax zehn bis fünfzehn Minuten beschäftigt sein würde. Danach gab es entweder Sky News oder BBC24 auf Freeview. Er spähte durch den schmalen Spalt zwischen den Vorhängen. Die Straße lag still da. Vor Jahren hatte es ihm Spaß gemacht, wenn er früh aufwachte, in die Stadt zu fahren, bei Bäckern und durchgehend geöffneten Cafés zu halten und Taxifahrern zu lauschen, wenn sie von ihrer Nachtschicht erzählten. Dann hatte Sandra aber angefangen sich zu beschweren, er würde sie und die Nachbarn wecken, wenn er aus der Zufahrt fuhr und dabei den Motor so aufheulen ließ. Nur wenige seiner Kollegen kannten Sandra persönlich. Sie hatte für dienstliche Empfänge oder Partys oder auch ein gemütliches Stündchen im Pub nichts übrig. Sie arbeitete beim Nationalen Gesundheitssystem in der Verwaltung und besaß ihren eigenen Freundeskreis – Frauen, die sich Vorträge in Buchhandlungen und Museen anhörten oder gemeinsame Exkursionen zu Programmkinos und Tearooms veranstalteten. Ransomes Theorie lautete, dass sie das Gefühl hatte, sie hätte sich auf der Schule mehr Mühe geben und mehr erreichen sollen als eine schlichte Sekretärinnenausbildung – vielleicht ein richtiges Studium. Sie war von einer Aura latenter Unzufriedenheit umgeben, und er verspürte nicht den geringsten Wunsch, diesen Zustand durch frühmorgendlichen Motorlärm zu verstärken – auch wenn sich von den Nachbarn eigentlich noch niemand darüber beschwert hatte.
    Der Wasserkessel hätte sie auch wecken können, also begnügte er sich mit einem Glas Milch und ein paar Verdauungstabletten. Das leise Piepen, das jetzt vom Flur her ertönte, schob er auf irgendeinen kleinen Vogel draußen, aber als es nicht aufhörte, wusste er, dass er sich irrte. Sein Jackett hing neben der Haustür. Die Garderobe war Sandras Idee gewesen, und wehe, wenn er es gewagt hätte, Klamotten an den Geländerknauf oder über irgendwelche Stuhllehnen zu hängen. Sein Handy steckte in der Innentasche. Das Geräusch bedeutete nicht, dass es aufgeladen werden musste. Es war die Meldung einer SMS vom Abend zuvor. Donny war ein Typ, den Ransome kannte und der beim Strafregister arbeitete. Die Nachricht war denkbar knapp: ANRUFEN. Also tat Ransome, nachdem er ins Wohnzimmer zurückgegangen war und die Tür fest geschlossen hatte, genau das.
    »Donny, ich bin’s.«
    »Herrgott, Mann, wie spät ist es?«
    »Ich hab grad Ihre SMS bekommen.«
    »Das kann bis morgen früh warten.« Donny hustete und keuchte.
    »Spucken Sie’s aus«, befahl Ransome.
    »Immer mit der Ruhe, ja?«
    Ransome hörte, wie Donny sich vom Bett erhob. Eine Tür ging auf und schloss sich wieder. Weiteres Husten und lautes Geschniefe. Er war jetzt in einem anderen Zimmer angelangt: Rascheln von Papieren.
    »Müsste hier irgendwo sein …«
    Ransome stand am Fenster und starrte wieder hinaus. Ein Fuchs schnürte mitten auf der Fahrbahn, so als gehörte die Straße ihm. Zu dieser Uhrzeit war das vielleicht auch tatsächlich so. Ransome wohnte an einer ruhigen, von Bäumen gesäumten Straße. Die Häuser stammten aus den Dreißigerjahren, weswegen die Preise, gemessen an den georgianischen und viktorianischen Gebäuden, die keinen Kilometer von dort entfernt standen, recht günstig waren. Als Ransome und Sandra einzogen, hieß das Viertel Saughtonhall, aber heutzutage sagten Immobilienmakler dazu eher Corstorphine oder sogar Murrayfield in der Hoffnung, ein paar Tausender mehr verlangen zu können. Sandra und Ransome hatten sogar eine Zeit lang darüber gewitzelt, ob ihre Straße als »South Murrayfield« oder wenigstens »South South Murrayfield« durchgehen könnte.
    Noch ein bisschen weiter südlich, und wir hätten das Saughton-Gefängnis vor der Haustür …
    »Lassen Sie sich nur Zeit, Donny«, murmelte Ransome ins Telefon.
    »Los geht’s.« Ein letztes, eindrucksvolles Papiergeraschel. »Richtig übler Zeitgenosse.«
    »Wer?«
    »Der Wikinger mit den Tattoos – ich sollte ihn für Sie ausfindig machen, wissen Sie nicht mehr?«
    »Doch, natürlich. Tut mir leid, Donny.«
    »Sein

Weitere Kostenlose Bücher