Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mackenzie Coup

Der Mackenzie Coup

Titel: Der Mackenzie Coup Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
aufzugeben?
    »Neunzig Sekunden …«
    Er verließ sich auf Allan, der im Kopf mitzählte. Er wollte auf keinen Fall, dass noch irgendwelche Besucher nach ihnen kamen …
    »Sechzig …«
    Jetzt gab es kein Zurück mehr. Er warf einen Blick in Westies Richtung. Der starrte ihn mit grimmiger Miene an – aber vielleicht war er auch nur zugedröhnt. Seine Verkleidung: Sonnenbrille und eine Pudelmütze. Die Sonnenbrille setzte er sich erst jetzt auf.
    »Dreißig …«
    »Okay, Leute, jetz’ nix verbocken«, erklärte einer von Chibs Jungs den anderen. Allgemeines Nicken und weitere Grunzlaute. Baseballkappen und Schals kurz zurechtgerückt und -gezupft … Sogar Gissing nickte, die Hände an das Lenkrad geschweißt.
    »Luft rein?«, fragte Mike und hoffte, dass seine Stimme soweit okay klang.
    »Alles klar«, bestätigte Allan.
    Mike atmete tief durch, schaffte es aber nicht, den Befehl auszusprechen. Als er sich halb nach hinten umdrehte, schien Gissing seine Hemmungen zu spüren, und nahm ihm die Aufgabe ab.
    »Los!«
    Die Türen des Transporters öffneten sich quietschend, und sieben Leute machten sich mit raschem Schritt auf den Weg, bogen um die Ecke, kamen in das Sichtfeld des Wachmanns im Torhäuschen. Hätten besser schubweise kommen sollen, dachte Mike – wir sehen wie eine Gang aus. Einer von Chibs Jungs ging vorneweg, und es fehlte nicht mehr viel, dass er losgetrabt wäre. Mike hatte sich ihren Auftritt eher wie den Anfang von Reservoir Dogs vorgestellt – ruhig, gelassen, auf dem Weg zur Arbeit. Aber es war schon viel, wenn seine Knie nicht einknickten. Der Wachmann wirkte allerdings nicht sonderlich beunruhigt. Er war von seinem bequemen Sessel aufgestanden, hatte sein Fenster aufgeschoben und griff gerade nach seinem Klemmbrett. Es lag noch eine Schirmmütze herum, die er normalerweise trug.
    »Sie sind spät dran«, sagte er vorwurfsvoll. »Wenn ich nur eben Ihre Namen haben könnte …«
    Drehte sich nach dem Geräusch seiner aufgehenden Tür um; erstarrte beim Anblick der abgesägten Flinte, die unter einer Jacke erschien; wurde von Chibs Junge wieder auf seinen Sessel verfrachtet. Die anderen gingen, ohne ihren Schritt zu verlangsamen, weiter auf den Eingang des Lagerhauses zu. Er befand sich neben der Hauptladerampe. Einer der museumseigenen Transporter parkte davor, doch daneben war noch genügend Platz für ein weiteres Fahrzeug. Mike hörte hinter sich ein Klack, gefolgt von einem Summen, und wusste, dass es die Schranke sein musste, die jetzt aufging.
    »Wir sind so weit«, sagte er und umklammerte die Türklinke.
    »Dann packen wir’s an«, lautete die Antwort.
    Er drückte die Tür auf und trat ein. Es war genau das, was er erwartet hatte: ein Lagerhaus. Jede Menge Regale; unzählige in Sackleinen und Luftpolsterfolie eingeschlagene Objekte. Zur Rechten der Wachraum. Die fünf pünktlichen Besucher wurden gerade von einem Museumsangestellten begrüßt – vielleicht war der Lieferwagen draußen seiner. Er trug Anzug und Krawatte und hatte ein Namensschildchen am Revers. Einer von Chibs Leuten ging schon auf den Wachraum zu. Erst als er drin war, zog er seine Waffe. Drinnen saßen zwei Wachen vor einer Reihe von Monitoren. Durch das Fenster sah Mike, wie ihre Hände in die Höhe gingen, ihre Augen wie gebannt auf die Schusswaffe starrten.
    Als er seinerseits die Waffe zog, wurde Mike bewusst, dass er jetzt sprechen musste. Seitdem er die Tür geöffnet hatte, waren wahrscheinlich nicht mehr als fünfzehn, zwanzig Sekunden vergangen, aber es kam ihm wie ebenso viele Minuten vor. Er hatte die Worte einstudiert, die Stimme eingeübt, die er benutzen würde – barscher als seine richtige, ein gepresstes Knurren. Die Stimme seiner Jugend.
    »Alle an die Wand!«
    Die Besucher zögerten, vermuteten vielleicht einen geschmacklosen Scherz. Der Museumsangestellte wollte protestieren, aber einer von Chibs zwei verbliebenen Jungs hielt ihm die Mündung seines Revolvers ans Ohr.
    »Soll ich deinen Bregen über den Scheißfußboden versprühen?«
    Der Kurator sah dafür keine Notwendigkeit. Er hob gehorsam die Hände und trat, von dem Rest der Gesellschaft gefolgt, rückwärts an die Wand.
    Mike ging siedendheiß auf, dass Allan und Westie schon losgegangen, schon im eigentlichen Lager waren. Mike betrat den Wachraum, ohne der Geiselsituation die geringste Beachtung zu schenken, und nahm aus einem schon offenen an die Wand montierten Kasten die Schlüssel, die er benötigen würde. Er hatte sich mit

Weitere Kostenlose Bücher