Der Magier von Fairhaven
»Jedenfalls möchte ich nicht derjenige sein, der sie eines Besseren belehrt.«
»Axalt war eine Stadt voller Parasiten. Sie haben den Handel verteuert und Münzen abgezweigt, die nach Fairhaven hätten gelangen müssen. Die Hochwiesen von Gallos waren außer für die Hirten für niemandem von besonderem Wert. Spidlar dagegen besitzt fruchtbares Ackerland, Holz und sogar Erze. Dies ist es, was das Land so wertvoll macht. Soll ich das zu Asche verbrennen?« Jeslek lachte unfreundlich. »Ich würde jederzeit eine weitere Stadt niederwerfen, wie ich es mit Elparta getan habe, aber nur, wenn wir dadurch auf einen Schlag ganz Spidlar in die Hände bekämen.«
»Du lässt Lanzenreiter umkommen.«
»Lanzenreiter sterben, das bringt ihr Beruf so mit sich.« Nach kurzer Pause fügte Jeslek hinzu: »Außerdem hat der Präfekt fünf Züge kyphrische Lanzenreiter und noch einmal zehn Züge schwere Infanteristen gestellt. Er hat uns Truppen aus Kyphros geschickt, weil sie nicht so zuverlässig sind wie die aus dem Norden von Gallos.« Der Erzmagier drehte sich um und winkte. »Cerryl, kommt heraus. Ich fühle Euer Chaos da oben lodern.«
Leyladin ließ seine Hand los und Cerryl trat aus dem Scharten des Baumes heraus und ging zu Jeslek.
»Wie ich sehe, konntet auch Ihr nicht lange schlafen.« Jesleks Worte waren freundlich, viel freundlicher als die Antwort, die Anya bekommen hatte.
Unsichtbares Chaos wallte um Anya, beinahe so stark wie die Energie, die den Erzmagier umgab, aber die rothaarige Frau schwieg.
»Nun … was meint Ihr, wie wir die letzten Fallen vor der Stadt ausschalten können?«, fragte Jeslek. »Ich darf doch annehmen, dass Ihr darüber nachgedacht habt?«
Der junge Magier verkniff sich ein Seufzen. »Ser … ich habe es überprüft. Er kann nur eine begrenzte Menge Schwarzes Eisen unter einer geordneten Oberfläche wie den Pflastersteinen verbergen. Der Boden ist jetzt trocken, wir könnten also neben den Mauern marschieren …«
Jeslek nickte und hörte mit kalten Augen an, was Cerryl ihm erklärte. Doch verglichen mit Anyas hellen Augen war der Blick des Erzmagiers warm und freundlich.
LII
I n den Schatten, die von der Vormittagssonne geworfen wurden, stand Cerryl hinter den Verschanzungen auf der Erhebung südlich des etwas höheren Hügels, wo die spidlarischen Streitkräfte sich in halbkreisförmig angelegten Gräben eingerichtet hatten. Die westliche Uferstraße von Elparta nach Kleth lief schräg von Südwesten nach Nordosten den Hang hinauf. Östlich des Hügels, auf dem Fairhavens Truppen standen, erhoben sich die Klippen direkt über dem Fluss, im Westen fiel das Gelände zu den Sümpfen von Devow hin ab, die sich mindestens vier Meilen weit nach Westen erstreckten. Jenseits der Sümpfe lagen die Hügel von Kylen, eine schroffe Gegend voller Löcher und brüchiger Sandsteinklippen.
Am Himmel über ihnen hatte sich eine dünne Wolkenschicht gebildet, die dem Morgen einen fahlgrauen Farbton gab. Der leichte Südwind vermochte kaum die Fahnen der Weißen Streitkräfte zu bewegen, wehte jedoch den Geruch der verbrannten Felder herbei.
Cerryl hatte die Sinne schweifen lassen und versucht, den Schmied zu finden. Das Spähglas hatte ihm verraten, dass Dorrin sich in einer Schanzanlage ausruhte. Cerryl war der Ansicht, dass der Schwarze Magier irgendwo auf der gegenüberliegenden Hügelseite war, aber den genauen Ort konnte er nicht ausmachen, was er einigermaßen beunruhigend fand. Die letzte Begegnung mit dem Schwarzen Schmied war alles andere als angenehm gewesen.
Alles andere als angenehm? Cerryl lächelte unwillkürlich über sich selbst. Faltar hätte weitaus deutlichere Worte gefunden … Und Faltar hätte ihm vergeben. Wirst du dir jemals selbst vergeben können?
Irgendwo weiter unten war ein schwankendes Trompetensignal zu hören, der erste Hinweis auf den bevorstehenden Angriff.
Cerryl blickte zur Seite, wo Jeslek, Anya und Fydel warteten. Sie schauten über den Erdwall nach Norden. Keiner der drei bewegte sich, als das Signal wiederholt wurde und von den Wällen fünfzig Ellen unterhalb von Cerryls Standort Chaos-Feuer gegen die Feinde geschleudert wurde.
Zischend zerbarsten die Feuerkugeln auf der Hügelflanke und nahe den spidlarischen Stellungen.
Cerryl konnte keine große Veränderung spüren und keine Schreie hören, denn die gegnerischen Erdwälle waren eine gute Abschirmung gegen das Chaos-Feuer. Allerdings stiegen ein paar dünne Fäden schmierigen schwarzen Rauchs
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