Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
»In einer so warmen Nacht wie heute brauche ich keine Decke.«
    Als er den Gang entlang zu seinem eigenen Schlafzimmer zurückkehrte, blieb Cavil einen Augenblick stehen, um dem Atmen seiner Frau zu lauschen. Wie so manches Mal vernahm er auch jetzt ihr leises Wimmern im Schlafzimmer. Der Schmerz mußte wirklich schlimm sein. O Herr, dachte Cavil, wie oft muß ich dir noch gehorchen, bevor du mir gnädig bist und meine Dolores heilst? Doch er ging nicht zu ihr – er hätte nichts für sie tun können außer beten, und er brauchte seinen Schlaf. Es war schon eine lange Nacht gewesen, und morgen gab es genug Arbeit zu tun.
    Dolores hatte tatsächlich eine schlimme Nacht gehabt. Zur Frühstückszeit schlief sie noch. Und so aß Cavil mit Thrower. Der Prediger verdrückte eine erstaunliche Menge an Wurst und Speck. Als er seinen Teller zum dritten Mal geleert hatte, sah er Cavil an und lächelte. »Der Dienst des Herrn kann einem Mann einen ganz schönen Appetit bescheren!« Darüber lachten sie beide herzlich.
    Nach dem Frühstück gingen sie hinaus. Zufällig kamen sie in die Nähe des Waldes, wo Salamandy beerdigt worden war. Thrower schlug vor, das Grab zu besichtigen, sonst hätte Cavil wahrscheinlich nie erfahren, was die Schwarzen in jener Nacht getan hatten. Überall auf dem Grab waren Fußabdrücke zu sehen, die sich in den Schlamm gedrückt hatten. Nun war der trocknende Schlamm von Ameisen übersät.
    »Ameisen!« sagte Thrower. »Die können doch unmöglich den Leichnam in der Erde riechen.«
    »Nein«, sagte Cavil. »Was die da finden, das ist frischer und liegt weiter oben. Schaut Euch das an – zerschnittene Eingeweide.«
    »Sie haben doch wohl nicht … ihre Leiche ausgegraben und …«
    »Nicht ihre Eingeweide, Reverend Thrower. Wahrscheinlich ein Eichhörnchen oder eine Amsel oder so etwas. Sie haben letzte Nacht eine Teufelsanbetung vollzogen.«
    Sofort begann Thrower ein Gebet zu murmeln.
    »Sie wissen, daß ich so etwas verbiete«, sagte Cavil. »Bis zum Abend wären wahrscheinlich keine Spuren mehr übriggeblieben. Sie widersetzen sich hinter meinem Rücken meinen Befehlen. Das werde ich nicht dulden.«
    »Jetzt begreife ich erst, wie groß die Last ist, die ihr Sklavenhalter auf euch genommen habt. Der Teufel hält ihre Seelen in eisernem Griff.«
    »Na, macht Euch mal keine Sorgen. Dafür werden sie noch heute bezahlen. Sie wollen, daß über dem Grab Blut verströmt wird? Schön, es soll ihr eigenes sein. Mr. Lashman! Wo seid Ihr? Mr. Lashman!«
    Der Aufseher war gerade erst zur Arbeit gekommen.
    »Die Schwarzen kriegen heute morgen einen halben Feiertag, Mr. Lashman«, sagte Cavil.
    Lashman fragte nicht nach dem Grund. »Wen wollt Ihr auspeitschen lassen?«
    »Alle. Jeder zehn Hiebe. Bis auf die schwangeren Frauen natürlich. Aber auch die – einen Hieb für jede, auf die Waden. Und alle sollen zusehen.«
    »Die werden beim Zusehen immer etwas unruhig, Sir«, sagte Lashman.
    »Reverend Thrower und ich werden auch zusehen«, erwiderte Cavil.
    Während Lashman fortging, um die Sklaven zu versammeln, meinte Thrower murmelnd, daß er eigentlich nicht mit zusehen wolle.
    »Es ist das Werk des Herrn«, sagte Cavil. »Ich habe Kraft genug, jeden Akt der Rechtschaffenheit mit anzusehen. Und nach der gestrigen Nacht hatte ich geglaubt, daß Ihr sie auch hättet.«
    Also sahen sie gemeinsam zu, wie ein Sklave nach dem anderen ausgepeitscht wurde, bis das Blut auf Salamandys Grab troff. Nach einer Weile zuckte Thrower nicht mal mehr mit der Wimper. Cavil war froh, es zu sehen – der Mann war also doch nicht schwach, nur ein bißchen verweichlicht von seiner Kindheit in Schottland und von seinem Leben im Norden.
    Als Reverend Thrower sich danach wieder auf den Weg machen wollte – er hatte versprochen, in einer Stadt zu predigen, die etwa einen halben Tagesritt entfernt im Süden lag –, stellte er Cavil zufällig eine Frage.
    »Mir ist aufgefallen, daß alle Eure Sklaven nicht … alt aussehen, Ihr versteht, aber auch nicht jung.«
    Cavil zuckte die Schultern. »Das liegt am Vertrag über Entlaufene Sklaven. Auch wenn meine Farm gedeiht, darf ich keine neuen Sklaven mehr kaufen oder verkaufen – wir gehören jetzt zu den Vereinigten Staaten. Die meisten Leute machen es durch Zucht wieder wett, aber Ihr wißt ja, daß alle meine Mischlinge bis vor kurzem nach Süden verschickt wurden. Und jetzt habe ich schon wieder eine Zuchtmutter verloren, so daß ich nur noch fünf Frauen habe. Salamandy war die

Weitere Kostenlose Bücher