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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
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Sam wie ein Fausthieb. Der Schock saß tief: der letzte Vertreter der Familie Faulkner . . .
    »Ah! Ich sehe dir an, dass du nicht ganz auf dem Laufenden bist«, freute sich der Tätowierte. »Wie solltest du es auch erfahren haben? Erlaube mir also, dir etwas verspätet mein Beileid auszusprechen: Es gab ein furchtbares Unglück bei deinen Großeltern . . . Alles ist abgebrannt.«
    »Was?«
    »Ein paar Tage nach deiner Abreise! Das Haus ist über Nacht in Flammen aufgegangen. Sie sind alle tot.«
    Samuel machte Anstalten, sich auf ihn zu stürzen, doch Rudolf hielt ihn mit dem Lauf seiner Waffe zurück.
    »Mach das nicht, mein Junge! Dich hier umbringen zu lassen, wird sie nicht zurückbringen, weißt du.« »Und . . . und mein Vater?«, fragte Sam mit ersterbender Stimme.
    »Der arme Allan«, seufzte Rudolf. »Er ist nie aus dem Koma erwacht. Nach sechs Monaten sahen sich die Arzte gezwungen, die Geräte abzuschalten.«
    Samuel traf es wie ein zweiter Schlag ins Gesicht. Sein Vater .. . Sein Vater hatte nicht überlebt. Er hatte versagt. . . Er hatte auf ganzer Linie versagt!
    »Ach, das Leben ist ungerecht, nicht wahr?«, plapperte Rudolf weiter. »Das habe ich mir schon so oft gesagt. Vor allem, seitdem ich herausgefunden habe, dass man die Fahrkarte für die Zeitreisen teuer bezahlen muss: Wer durch die Zeit reist, altert früher und stirbt vor seiner Zeit . . . Paradox, nicht? Dieser Stein, der uns erlaubt, die Grenzen der Zeit zu verschieben, macht uns nur noch stärker zu Gefangenen der engen Grenzen unserer Existenz. Vor allem mich, weil ich so viele Jahre das Zeichen Hathors benutzt habe! Du kennst die Vor- und Nachteile dieses Zeichens, nehme ich an? Es erlaubt einem, sich zwischen zwei Orten hin- und herzubewegen, an denen es zu finden ist. Nur dass es heutzutage an jeder Ecke Hathors Zeichen gibt und ich manchmal erst nach fünfzehn oder zwanzig Anläufen den gewünschten Ort erreicht habe . . . Und mit jedem Zeitsprung verkürzte sich meine Lebenserwartung. Ist das nicht himmelschreiend?«
    Himmelschreiend fand Samuel vor allem die grenzenlose Verachtung, die der Tätowierte dem Leben anderer entgegenbrachte, insbesondere dem der Faulkners.
    »Nach und nach sind mir im Zuge meiner Experimentiererei ein paar Verbesserungen gelungen«, fuhr Rudolf fort. »Zum Beispiel habe ich herausgefunden, dass man die Anzahl der Versuche um die Hälfte oder ein Drittel verringern kann, wenn man immer eine ganze Menge Münzen dabeihat, die von einem Ort mit Hathors Zeichen stammten. Als gelänge es einem, den Fluss der Zeit ein kleines bisschen zu steuern ... Was mich natürlich darauf gebracht hat, die Scheiben des Thot selbst herzustellen. Aus einem indischen Schriftstück habe ich gelernt, dass die Münzen einer Epoche unter Beachtung gewisser Regeln immer in dieser Epoche selbst hergestellt werden müssen. Zum Beispiel muss das Metall bei vollem Sonnenschein in Form gebracht werden, oder in der Nähe des Goldreifs, um die Kraft der Tagesgestirne einzufangen . . . Ich habe diese Rezepte angewandt, um meine eigenen Münzen zu produzieren, und mir so einige unnötige Umwege erspart. Einige, aber leider bei Weitem nicht alle. Also bin ich weiterhin viel zu schnell gealtert. Deshalb musste ich mir auch unbedingt den Goldreif beschaffen . . .«
    Der Tätowierte zog eine der Ablageplatten aus dem Tresor. Darauf lag ein leicht glitzernder goldener Armreif, der, aus der Entfernung betrachtet, genauso aussah wie der, den Sam in der Tasche bei sich trug.
    »Sie . . . Sie haben ihn?«, murmelte Sam.
    »Ich habe ihn, ja. Aber das war nicht leicht . . . Vor allem wegen deiner Eltern.«
    »Meine Eltern!«, brauste Sam auf. »Wie können Sie es wagen, meine Eltern in diese Sache hineinzuziehen! Sie sind tot! Haben Sie denn vor gar nichts Respekt!«
    »Woher willst du denn wissen, dass sie nicht längst m der Sache mit drinstecken«, gab Rudolf zurück. »Du hast von der ganzen Geschichte überhaupt keine Ahnung . . . Willst du jetzt sofort sterben, indem du dich auf mich stürzt, oder soll ich sie dir erzählen?«
    Samuel vergrub seine Fingernägel im Handballen, um sich zu beherrschen. Er durfte Rudolf keinen Grund geben abzudrücken . . . Er durfte Alicia diesem Monster nicht allein gegenübertreten lassen, nicht die letzte Chance verpassen zu retten, was noch zu retten war. Er musste sich gedulden, gedulden, bis Rudolf einen Fehler machte. Und dann . . .
    »Ich . . . ich höre Ihnen zu«, brachte er heraus und schluckte seinen

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