Der magische Stein
glaubten ihr sogar, und zum ersten Mal sprach ich einen Begriff aus, der bisher noch nicht gefallen war.
»Denkst du vielleicht an magische Steine? An welche, die mit einer fremden Kraft gefüllt sind ?«
Sie überlegte. Wir sahen sie schlucken. Schließlich sagte sie mit leiser Stimme: »Ja, ich denke, dass es so ist. Diese Steine sind nicht normal. Damit ist etwas passiert. Vielleicht werden sie auch benutzt, von wem auch immer.«
»Als was?«, fragte ich.
Sie hob die Schultern. »Ich kann es euch nicht sagen. Ich habe euch nur mein Gefühl mitgeteilt.«
Suko hatte eine Idee. »Ich werde sie mir genauer anschauen.«
»Wir kommen mit.«
Die gigantischen Steine standen zwar nur wenige Meter entfernt, doch der Weg dorthin war nicht einfach. Der Untergrund war der ideale Nährboden für diese fettig wirkenden Gewächse, die als biegsame Sträucher, lange Farne oder sperriges Gras aus dem Boden wuchsen. Äste oder Zweige lagen nicht auf dem Boden, und letztendlich kamen wir ohne auszurutschen oder zu stolpern ans Ziel.
Nahe den Steinen war der Untergrund nicht mehr so eben, sondern aufgewühlt, als hätten tief im Boden sitzende Kräfte von unten her die Erde hochgetürmt.
Jetzt sahen wir auch, dass der Stein mit einer grünen Schicht bedeckt war, die sich im Laufe der langen Zeit hatte bilden können. Der Stein war auch nicht so glatt, wie er aus der Distanz ausgesehen hatte. Es gab Risse, Spalten und auch Wülste, sodass er mir vorkam wie eine aufgerissene Haut.
Ich legte den Kopf zurück, um an der Seite in die Höhe zu schauen, doch meine Blicke konnten den Nebel über uns nicht durchdringen.
Suko hielt sein Versprechen ein. Während Mandy und ich noch in einer gewissen Entfernung stehen blieben, näherte sich mein Freund dem Stein bis auf eine Armlänge Entfernung.
Mandy und ich schauten ihm zu. Wir sahen das erste Streicheln auf der Oberfläche, und Suko hätte seine Hand eigentlich zurückziehen können, was er nicht tat. Er wirkte wie ein Mensch, der etwas entdeckt hatte, und fühlte auch an anderen Stellen nach.
Das stachelte meine Neugierde an, und ich fragte ihn: »Hast du etwas gefunden?«
»Gefunden weniger.«
»Aber?«
»Der Stein strahlt Wärme ab. Das mag unglaubwürdig klingen, doch es stimmt.«
Ich war zwar nicht wie vor den Kopf geschlagen, aber schon um eine Antwort verlegen. Gleichzeitig musste ich mich daran erinnern, dass wir uns in Aibon befanden, und in einer Sphäre wie dieser tickten die Uhren nun mal anders. Da konnte auch das Unnormale normal sein.
Suko überzeugte sich noch mal von der Richtigkeit seiner Entdeckung und gab mir den Rat, es ebenfalls zu versuchen.
Ich ging zu ihm und sah jetzt das Material dicht vor mir, den Bewuchs, diese leicht grünliche Haut, über die ich hinwegstrich. »Ich spüre es auch, Suko.«
»Und weiter?«
»Keine Ahnung...«
»Du gibst keinen Kommentar ab?«
Ich wusste, dass er darauf wartete, und tastete noch mal nach. Diesmal hielt ich meine Hand länger an dem Material, und ich konzentrierte mich auf die Haltung. Ich schloss sogar die Augen, was sehr gut war, denn jetzt spürte ich nicht nur die Wärme an meiner Hand, sondern auch eine innere Unruhe.
Die bezog sich allerdings nicht auf mich, sondern auf den Stein. Ich hatte den Eindruck, als würde er das, was in ihm steckte, durch meine Hand und danach den Arm zu mir leiten, damit ich in der Lage war, alles genau wahrzunehmen.
Auch in den folgenden Sekunden behielt ich meine Haltung bei. Innerhalb des mächtigen Menhirs musste etwas in Bewegung sein. Es erreichte mich im Kopf und war wie ein leises Summen.
Mein Blick fiel auf Suko, und ich sah, dass er mich sehr genau beobachtete. Natürlich wollte er eine Antwort haben.
»Du hast es also auch gehört?«, fragte mein Freund.
»Ja, das habe ich. Es ist, als würde der Stein leben.«
»Bingo!«
»Dann glaubst du auch daran?«, vergewisserte ich mich.
»Klar, der Stein steckt voller Leben.«
»Kannst du diese Vermutung näher erläutern?«
»Nein, das kann ich nicht«, wehrte er ab. »Nur reagiert kein Stein so auf unserer Welt. Zumindest nicht einer, den ich kenne.«
»Wir sind hier in Aibon.«
»Und in einem Land mit einer besonderen Magie«, fügte Suko hinzu. Er verengte dabei die Augen und fixierte den Menhir genau.
Ich kannte Suko lange genug und wusste auch, welche Gedanken durch seinen Kopf huschten. Er spielte sicherlich mit dem Gedanken, etwas zu erforschen. Da kannte ich ihn lange genug.
»Was hast du vor?«,
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