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Der magische Wald

Titel: Der magische Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kaerney
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er aus verbrannten Scheiten und Efeu zusammengebunden hatte. Merkwürdig, wie sehr es ihn erzürnte, daß ein Priester auf diese Weise sterben mußte. Es hatte ihm kaum etwas ausgemacht zu sehen, wie dieser andere Priester in dem Dorf mit einem Pfeil im Hals gestorben war. Vielleicht lag es an der Einsamkeit dieses Sterbens, der Gewißheit, daß der Mann allein gestorben war — denn die Knochen, die weiter vorne lagen, waren viel älter. Vielleicht lag es aber auch an der barbarischen Art seines Todes. Immer noch der Junge von der Farm, dachte er mit einem bitteren Lächeln. Immer noch konnte ihm etwas einen Schock versetzen. Die Gewalttätigkeit lag ebenso greifbar in der Luft wie der Verwesungsgeruch. Ihm war übel, und er war außer sich vor Zorn. Wer war der Mann gewesen? Ein Eremit, der Erleuchtung suchte, oder ein Missionar, der Seelen retten wollte? Sie verließen das Dickicht und atmeten befreit die frische, kalte Luft des Tals. Der Tag neigte sich, und sie beeilten sich, zurück zum Lager zu kommen. Einmal blieb Cat stehen, um mit geneigtem Kopf zu lauschen. Aber es war nur der Wind, der durch die Bäume strich. Und das Klopfen auf den Blättern stammte nur von den ersten schweren Tropfen eines Regenschauers, der bis nach Einbruch der Dunkelheit anhielt.

    Wasser fiel durch die kahlen Bäume und bildete Pfützen. Die Frauen befestigtenFelle als Regenschutz an den Ästen und nährten schweigend die Feuer, während sie auf die Männer warteten. Die Krieger, die als Wache zurückgeblieben waren, stützten sich auf ihre Speere, während der Regen von ihren Nasen tropfte und ihre Gesichtsbemalung verlaufen ließ. Ein Säugling schrie, bis ihm die Mutter die Brust gab. Michael und Cat saßen wortlos vor ihrem Feuer, während langsam die blaue Nacht anbrach und dunkle Wolken sich über dem Tal sammelten. Sie hatten dem alten Irae, der auch im Lager zurückgeblieben war, gesagt, daß vielleicht Grymyrchs in der Nähe waren, deshalb umkreiste er wachsam das Lager. Der Wald wirkte an diesem Abend unheilverkündend, voller bedrohlicher Schatten. Michael fühlte, daß sich der Stamm in einer Gegend aufhielt, der Menschen besser fernblieben. Er hoffte, daß die Jäger in Sicherheit waren. Grymyrchs. Sie waren Wyrims, erklärte ihm Cat, aber doch auch wieder nicht. Sie gehörten zu einem Zweig des Waldvolkes, der sich schon lange von ihren Artgenossen abgespaltet hatte, und einen anderen, dunkleren Weg eingeschlagen hatte. Mirkadys Leute waren auch zu einem Gemetzel in der Lage, aber sie konnten genauso gut einen Außenseiter, einen Menschen tolerieren oder sogar willkommen heißen, je nach dem, wie er ihnen gefiel, oder ihren Verstand herausforderte. Sie waren ein kapriziöses, verspieltes Volk, launenhaft wie das Wetter, während die Grymyrchs durch und durch böse waren, kaum mehr als Tiere. Die Wyrims und die Grymyrchs waren Feinde geworden, die sich haßten, ein Haß, der noch davon angestachelt wurde, daß sie einige ihrer Wesenszüge bei dem jeweils anderen Volk wiedererkannten. Für die Fuchsleute waren Kobolde mythische Wesen, eine Legende, wie alle die anderen, die sie im Kopf hatten. Das Waldvolk kannten sie; es war ein vertrauter Bestandteil des Wildwaldes. Aber als Michael von diesen neuen, unsichtbaren Monstern erzählt hatte und Cat sie nachher beschrieben hatte, hatte Irae grau und besorgt ausgesehen. Insgesamt zog er die Gefahren, die von den Rittern ausgingen, den Risiken diese Gegend, dieser unbekannten Waldregion vor, sagte er Michael. Die Stämme waren seit der Großen Wanderung nicht mehr so weit im Süden gewesen. Damals waren sie in großer Zahl nach und nach aus den Bergen im Süden hinauf in den Norden gezogen, wo der Wald freundlicher war. Das war gewesen, bevor die Dorfbewohner sich absonderten, um Siedlungen zu errichten, bevor die Ritter oder die Brüder aufgetaucht waren, bevor die vier großen Straßen gebaut worden waren. Für einen Augenblick erinnerte er Michael in seiner Art zu erzählen unwillkürlich an Mullan, und er hätte genauso gut sehnsüchtig von den Pferdekolonnen erzählen können, die sich 1915 auf Ypern zubewegten. Die Ähnlichkeit war verblüffend, doch dieser Eindruck ging schnell vorüber, und Irae war wieder ein grauhaariger Wilder mit fleckiger Haut, einem wettergegerbten Gesicht und fauligen Zähnen. Am späten Abend kehrten die Jäger zurück. Sie grinsten zufrieden, als sie von den Frauen begrüßt wurden, freuten sich über die Beute, die sie an Stangen gebunden

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