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Der Mahlstrom: Roman (German Edition)

Der Mahlstrom: Roman (German Edition)

Titel: Der Mahlstrom: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frode Granhus
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Schlankheitsbeilagen der Wochenzeitung glauben sollte. Bis jetzt war der einzige Effekt eine wachsende Lust auf Süßigkeiten.
    Die Methode stand kurz vorm Scheitern, als Selma, das treue Mädchen für alles, den Kopf durch die Türöffnung steckte.
    »Hier ist die Hölle losgebrochen.«
    Für ihn war sie schon seit einer Weile losgebrochen.
    »Ich hab gerade einen Anruf von einem der Hafenarbeiter unten am Amundsen-Kai bekommen. Da hat jemand versucht, einen Menschen bei lebendigem Leibe zu verbrennen.«
    Er zog die Hand von den Süßigkeiten zurück.
    »Der Notarzt war schon da.«
    »Bei lebendigem Leibe verbrennen?« Er schlüpfte bereits in seine Jacke.
    »So hat er sich ausgedrückt.«
    Rino war schon aufgestanden, als ihn seine Reflexe einholten und er nach dem Kokosbällchen griff. »Haben Sie den Namen des Hafenarbeiters?«
    »Nachname Welle.«
    »Okay.«
    »Vorname Hagbard mit d.«
    Er hob den Kokos-Schokokuss zum Abschiedsgruß und biss hinein.
    »Dann geh ich jetzt mal.«
    »Hast du diesen Klebkram denn nie satt?«
    »Eigentlich nicht.«
    Selma verdrehte die Augen, machte einen Schritt zur Seite und hielt ihm die Tür auf. »Du versuchst es am besten zuerst im Krankenhaus. Wenn es wirklich so schlimm ist, wie der Hafenarbeiter meinte, dann werden sie hier nicht viel für ihn tun können und fliegen ihn geradewegs nach Haukeland.«
    »Selma, du bist ein Genie. Hab ich dir schon mal gesagt …«
    »Schon viel zu oft.«
    »Du meinst, wenn ich zehn Jahre jünger wäre …«
    »Kommt das nicht aufs Gleiche raus?«
    »Jetzt hau schon ab. Bezirz lieber eine von den Krankenschwestern.«
    »Selma, have faith.« Seine Stimme klang nicht besser als das, was aus den Lautsprechern seines Volvo 214 kam.
    Er machte sich direkt auf den Weg zur Notaufnahme, an deren Empfang eine pensionierungsreife Matrone saß. Ihr Gesichtsausdruck war grimmig, und die enge Uniform, die jeden Fettwulst offenbarte, rief Assoziationen zu blassen Bratwüsten hervor. Hier konnte man mit Charme nichts ausrichten, also bat er sie einfach freundlich darum, mit dem Arzt sprechen zu dürfen, der für das Verbrennungsopfer zuständig war.
    »Sie befinden sich in der Notaufnahme. Das bedeutet, dass der Patient hier gerade behandelt wird … in diesem Augenblick.« Ihre Stimme kam nasal und hohl aus den Nebenhöhlen.
    Er versuchte es mit einem Lächeln, doch die Frau hatte den Blick schon wieder gesenkt.
    »Sie können sich setzen. Ich werde sehen, was ich tun kann.«
    Nachdem er ungeduldig eine Viertelstunde gewartet hatte, tauchte eine Ärztin auf und stellte sich mit einem schlaffen Händedruck vor.
    »Der Patient hat sehr starke Schmerzen und bekommt intravenös Schmerzmittel. Wir machen ihn gerade fertig für die Überführung ins Krankenhaus von Haukeland.«
    »Wäre es möglich, ganz kurz mit ihm zu sprechen?«
    Die Ärztin, die er auf Anfang dreißig schätzte, setzte eine strenge Miene auf. »Ich muss das noch mal präzisieren: Er hat sehr starke Schmerzen, außerdem ist er benommen von den Medikamenten. Es wäre vom medizinischen Standpunkt her unverantwortlich …«
    »Es ist das A und O jeder Ermittlung, möglichst früh anfangen zu können. Wenn er verlegt wird, bevor wir mit ihm sprechen können, verlieren wir mindestens einen Tag. Und am Ende muss ein Ermittler der Polizei Bergen das Verhör führen …«, er imitierte kurz den kehligen Bergener Dialekt, »… was gelinde gesagt ungünstig ist. Zehn Minuten könnten in diesem Fall den Unterschied zwischen Erfolg und Fiasko ausmachen.«
    Er sah, wie sich der Zweifel auf dem bleichen Gesicht breitmachte. Sie vergrub die Hände tief in den Kitteltaschen und fingerte nervös an etwas herum, wahrscheinlich ein Schlüsselbund. »Ich werde ihn fragen. Sie können kurz hier warten.«
    Ein paar Minuten später war sie zurück. »Er wird in einer knappen halben Stunde abtransportiert. Sie haben ein paar Minuten.«
    Als man ihn ins Zimmer ließ, schlug ihm ein ekelhaft süßlicher Geruch entgegen. Das Opfer lag auf einem Tisch mit einem Paravent in Schulterhöhe. Seine Arme ruhten auf einem kleinen Tischchen. Eine Krankenschwester saß neben ihm und legte einen Verband an. Man konnte ein Stück von den Fingern hervorschauen sehen, die zum Teil aber auch von einer plastikartigen Folie bedeckt waren.
    Die Schwester sah ihn vorwurfsvoll an, dann beendete sie ihre Arbeit und verließ das Zimmer zusammen mit der Ärztin.
    Er setzte sich auf einen Hocker mit Rollen und manövrierte sich in die Nähe

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